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2016 wurden in der EU rund 2,3 Millionen Arbeitnehmer in andere Staaten entsandt. Zwischen 2010 und 2016 wuchs die Zahl um 69 Prozent an. Die meisten Expats in der EU kommen aus Polen. 2015 wurden über 450 000 Mitarbeiter von dort in andere EU-Staaten entsandt. In Deutschland arbeiteten 2015 nach Schätzungen der EU-Kommission mehr als 400 000 entsandte Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten, mehr als in jedem anderen Mitgliedsstaat der Union.
Tariflöhne Einheimischer sollen auch für Entsandte gelten
Unterhändler des Europäischen Parlaments, der einzelnen EU-Länder und der EU-Kommission haben sich kürzlich nach monatelangen Verhandlungen informell darauf geeinigt, dass Entsandte innerhalb der Europäischen Union vom ersten Tag an die gleiche Bezahlung erhalten sollen wie einheimische Mitarbeiter. Die Kosten für Reisen, Unterkunft und Verpflegung dürfen nicht mehr vom Gehalt abgezogen werden, stattdessen muss sie der Arbeitgeber tragen. Außerdem muss die Unterbringung künftig den Standards im Gastland entsprechen.
Künftig maximal 18 Monate Entsendung möglich
Weiterhin wurde beschlossen, den Zeitraum für Entsendungen auf zwölf Monate zu begrenzen; eine Verlängerung um bis zu sechs weitere Monate soll aber möglich sein. Nach dieser Frist dürfen die Arbeitnehmer weiterhin im Gastland bleiben, allerdings gelten für sie dann alle arbeitsrechtlichen Vorschriften des Gastlandes. Die vorläufige Einigung muss noch von den ständigen Vertretern der EU-Staaten (COREPER) bestätigt und im Arbeitsausschuss des EU-Parlaments offiziell verabschiedet werden, bevor die Richtlinie das Plenum des Parlaments und den Rat passiert. Bis Mitte des Jahres soll sie beschlossen werden.
Ziel: sozialeres Europa und bessere Arbeitsbedingungen für alle
Mit der Einigung sollen für alle Unternehmen in der EU gleiche Wettbewerbschancen gewährleistet werden. Agnes Jongerius, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, sagte, die neuen Regelungen seien ein wichtiger Schritt zu einem sozialeren Europa, das Arbeitnehmer schütze. Ob und wie sich die künftigen Vorschriften konkret auf die Entsendungspolitik von Unternehmen auswirken werden, bleibt abzuwarten. Während zum Beispiel polnische Expats in Deutschland künftig besser bezahlt würden als bislang, müssten deutsche Entsandte in Ländern mit niedrigeren Löhnen Abstriche machen. Die Frage ist, ob Letzteres die Attraktivität von Auslandsentsendungen schmälern wird oder ob die Karrierechancen und interessanten Erfahrungen, die ein Auslandsaufenthalt Expats bietet, auch bei geringerer Entlohnung weiterhin attraktiv sein werden.
Weitere Informationen zu den Hintergründen für die neuen EU-Entsenderichtlinie gibt es > hier. Außerdem steht eine > interaktive Übersicht über in der EU entsandte und von den Ländern empfangenen Mitarbeiter zur Verfügung.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.