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Pflegende Männer haben es als Mitarbeiter schwer

In Deutschland gibt es derzeit 2,6 Millionen pflegebedürftige Menschen. Knapp jeder zweite von ihnen wird von Angehörigen versorgt. Dabei sind immer mehr der Pflegenden erwerbstätig. Besonders pflegende Männer stoßen bei ihrem Arbeitgeber nicht immer auf Verständnis.

Zwar sind es nach wie vor zumeist Frauen, die Angehörige pflegen, doch immerhin mehr als ein Viertel (28 Prozent) der Hauptpflegepersonen waren im Jahr 2010 Männer. Berücksichtigt man auch die Männer, die mindestens eine Stunde am Tag Pflegedienst leisten, beträgt der Anteil sogar 35 Prozent. Wie sie es schaffen, eine (Vollzeit-)Arbeitsstelle mit der Pflege ihrer Angehörigen zu vereinbaren, hat eine aktuelle Studie der Universität Gießen sowie der Fachhochschulen Düsseldorf und Köln im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht.

Wenig Verständnis von Vorgesetzten für die Doppelbelastung

Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass es selbst in Unternehmen, die sich um Familienfreundlichkeit bemühen, häufig noch an einer pflegesensiblen Kultur mangelt, die aber notwendig ist, um Beruf und familiäre Verpflichtung bewältigen zu können. Die Untersuchung beruht auf elf Fallstudien in Unternehmen. Befragt wurden Arbeitnehmervertreter, Personalverantwortliche und 44 pflegende Männer.

Alte Klischees: Pflege von Angehörigen gilt als Frauenthema

Auch wenn die teilnehmenden Unternehmen viele Unterstützungsmaßnahmen anbieten, etwa flexible Arbeitszeiten, gibt es Hindernisse bei der Umsetzung, um die Vereinbarkeit von Job und Pflege zu ermöglichen. Oft haben die Führungskräfte nicht genug Verständnis für die Doppelbelastung ihrer Mitarbeiter. So halten sie zum Beispiel Hilfeleistungen wie Waschen, Anziehen und Unterstützung beim Essen nicht für „männliche“ Aufgaben. Am ehesten zeigen die Führungskräfte Verständnis, die selbst Erfahrungen mit dem Thema Pflege haben. Außerdem fehlt es oft an Vertrauen in die Mitarbeiter, so dass häufig die nötige Flexibilität verhindert wird und etwa die Einführung von Vertrauensarbeitszeit oder Home Office scheitern.

Leistungsdruck und fehlende Rücksicht auf private Belange

Auch Leistungsdruck, betriebliche Restrukturierungen und ständige Überstunden sind Hemmnisse, die Pflegeaufgaben vor oder nach der Arbeitszeit zu bewältigen. „Wer es doch schafft, den zeitlichen Umfang der Erwerbsarbeit unter Kontrolle zu halten, muss mit Karrierenachteilen rechnen, weil Vorgesetzte und Kollegen ihn nicht als hinreichend engagiert wahrnehmen“, so die Studie. Darüber wird es Pflegenden von Arbeitgebern schwergemacht, bei denen das Motto „Der Betrieb kommt zuerst“ gilt und in denen die private Sphäre der Mitarbeiter ignoriert wird.

Die Ergebnisse der Studie stehen › hier als Download bereit.