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Quo vadis, HR?

+++ Die wichtigsten Aussagen unserer Experten in der › Bilderstrecke +++

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Veränderungen bedeuten immer, die Komfortzone zu verlassen und sich Neuem zu stellen. Das kann anstrengend sein und mehr oder weniger sanften Druck erfordern. So ist es nicht verwunderlich, dass es nach den Erfahrungen der fünf Change Management-Experten am Tisch (Frank Wippermann von flow consulting, Thomas Boysen von ComTeam, Dr. Daniel Tasch von Promerit, Ursula Bohn von Capgemini Consulting und Claudia Schmidt von Mutaree) weniger die Freude am Wandel ist, die Unternehmen zum Handeln bringt. Vielmehr sind es neben der Digitalisierung und Globalisierung auch die Zwänge zur Reorganisation, zur Restrukturierung und regulatorische Anforderungen.

Grenzen verschwimmen, der Wandel wandelt sich

Selbst der Umgang mit dem Wandel hat sich gewandelt. Die Berater werden nicht nur verstärkt von anderen Unternehmensbereichen und früher als bisher gerufen. Auch die Grenzen zwischen den Projekten oder Maßnahmen verschwimmen, denn den einen Tag, an dem der Change-Prozess abgeschlossen ist, den gibt es nicht. Der Volksmund weiß: Nichts ist beständiger als der Wandel. Umso wichtiger ist es, nötigenfalls kleine Zwischenschritte einzuziehen, und sicherzustellen, dass die neu gefundenen Prozesse und Abläufe nachhaltig implementiert sind.

Auf der Suche nach einer neuen Rolle

HR sitzt dabei zwischen den Stühlen. Die Impulse zur Veränderung sind sehr viel stärker businessgetrieben als früher, am Telefon des Beraters melden sich nicht selten die CEOs oder CFOs höchstpersönlich. Zum Teil erklären sie den Change zur Chefsache und fragen HR erst, wenn längst wegweisende Entscheidungen gefallen sind. Zum Teil liegt es aber auch an den Personalern selbst, die bisher wenig über den eigenen Tellerrand geschaut und sich keinen Überblick über die Gesamtsituation des Unternehmens verschafft haben. Einfordern, konzipieren, liefern – kurz: mehr Verantwortung übernehmen, das muss mancher erst noch lernen.

Ohnehin gehört es zu den Kernaufgaben von HR, das Unternehmen aus Personalsicht so aufzustellen, dass es die Chancen des Wandels nutzt und die Risiken minimiert. Von ausgeklügelten Konzepten zur individualisierten und zeit- sowie ortsunabhängigen Weiterbildung oder gar Führungskräfteleitlinien sind viele Organisationen nach Ansicht der Experten aber noch ein Stück weit entfernt. Auch als professioneller Ansprechpartner in Bezug auf das Thema Mitarbeiter und Mensch kann HR sowohl intern als auch extern punkten. Wer allerdings dauerhaft seinen Nutzen und Mehrwert für das Unternehmen nicht unter Beweis stellen kann, muss damit rechnen, irgendwann ersetzt zu werden.

Wandel muss Chefsache sein

Kommunikation spielt dabei eine wichtige Rolle, aber beileibe nicht die einzige. Wer Change alleine über Kommunikation erzielen will, ist nach Meinung der Change Management-Berater am Tisch zum Scheitern verurteilt. Sie kann aber den Boden bereiten, um die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Wandel zu steigern. Leichter gesagt als getan, denn auch hierfür braucht es in Zeiten von Internet und sozialen Medien Profis, die verschiedene Facetten der Kommunikation beherrschen. Auch die Beschäftigten sind in dieser Hinsicht kompetenter geworden und merken schnell, wenn man ihnen etwas vom Pferd erzählen will.

So oder so – das Commitment, die Verpflichtung auf und die Identifizierung mit den Zielen, ist für alle Beteiligten unabdingbar. In der Praxis werden die Projekte aber immer noch häufig delegiert, weil die Führungskräfte vermeintlich Besseres zu tun haben. Wandel und seine Bewältigung aber gehören ganz oben auf ihre Tagesordnung, denn sie sind der Kapitän des Dampfers.

In der Praxis zeigt sich häufig ein weiteres Problem: Die mittlere Ebene wird zum Prellbock. Sie soll den Wandel aktiv umsetzen und vorantreiben, gleichzeitig aber das Tagesgeschäft mindestens so erfolgreich wie bisher stemmen. Bei gleichbleibenden Ressourcen ist das früher oder später kaum mehr zu bewältigen. Auch hier geht es nur im Schulterschluss mit der Unternehmensspitze, die weiß, wo sie hin will, welche Hebel sie dafür in Bewegung setzen muss – und die vorneweg geht.

Widerstand kanalisieren und konstruktiv nutzen

Unterstützung können sie dabei von den Change Management-Beratern erhalten. Diese haben einen unverstellten Blick von außen auf das Unternehmen und sprechen aus der Erfahrung zahlreicher Veränderungsprozesse, die sie bereits gemeinsam mit ihren Kunden gemeistert haben. Sie verhindern zudem das Schmoren im eigenen Saft und können in ihrer Rolle auch sensible Themen ansprechen, die intern ein rotes Tuch sind. Zudem können sie den Widerstand, der unweigerlich zu den meisten Change-Prozessen dazugehört, kanalisieren und konstruktivieren.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn gegen das Volk zu regieren, geht in der Regel nie lange gut. Wer von oben herab anordnet und dazu möglicherweise nicht deutlich macht, was verlangt wird, erzeugt im günstigsten Fall Verunsicherung, im schlimmsten Fall Fahnenflucht.

Autor:

David Schahinian, freier Journalist, Frankfurt am Main

+++ Die wichtigsten Aussagen der Change-Experten hier noch einmal im › Bild +++