Russland und die Ukraine spielen zwar für viele deutsche Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch hat der Krieg immense Auswirkungen auf die Wirtschaft. So zwingen gesperrte Flugräume teilweise zu großen Umwegen. Auch die Unterbringung von Mitarbeitenden im Ausland ist noch schwieriger geworden, als sie es ohnehin schon war. Das gilt vor allem für Länder, die viele Geflüchtete aufgenommen haben. Der Beratungsbedarf ist sprunghaft angestiegen, sowohl bei den Global Mobility-Dienstleistern als auch bei den Versicherern.
Freiheit gewähren – aber in Maßen
Von den geopolitischen Unwägbarkeiten abgesehen, stellen auch die Veränderungen in der Arbeitswelt eine Herausforderung für die Unternehmen dar. Homeoffice und Remote Work sind im Inland für viele zu einer Gewohnheit geworden. Kein Wunder also, dass solche Freiheiten zunehmend auch bei Einsätzen im Ausland gefordert werden. Vergleichsweise neue Modelle wie hybride Entsendungen, bei denen sich Einsätze im Gastland mit virtuellen Tätigkeiten für dieses aus dem Heimatland abwechseln, kommen diesem Anspruch entgegen. Allerdings ist dafür viel Know-how nötig, denn die rechtliche Lage ist in diesen Fällen eine ganz andere als bei einem Einsatz in Deutschland.
Unternehmen kommen somit in ein Dilemma: Um Spitzenkräfte zu halten, müssen sie ihnen attraktive Tätigkeiten bieten – und für viele zählen da Auslandseinsätze einfach dazu. Schlecht vorbereitet, können diese aber gravierende Folgen für die Arbeitgeber haben. Sie reichen von unbeabsichtigten Betriebsstättengründungen bis hin zu steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Herausforderungen. Daher ist es zwingend angeraten, zumindest die Kernpunkte der Entsenderichtlinien oder -rahmenwerke regelmäßig auf Aktualität und Inhalt zu überprüfen. Damit nicht genug, sollten sich Unternehmen auch Konzepte für diejenigen Mitarbeitenden überlegen, die zu Hause bleiben müssen und vielleicht nicht einmal ins Homeoffice können, weil ihre Tätigkeit zwingend Präsenz voraussetzt. Andernfalls könnte das zu Konflikten in der Belegschaft führen.
Talente fördern – über einen Auslandseinsatz hinaus
Eine hart umkämpfte Zielgruppe sind Talente – und im Lebenslauf macht sich Auslandserfahrung immer gut. Ihnen müssen ebenfalls Angebote gemacht werden, die am besten auch die Zeit nach ihrer Rückkehr berücksichtigen. Als Förderer einer langfristigen Karriereplanung klappt das Erwartungsmanagement zum einen viel besser. Zum anderen wird den jungen Mitarbeitenden Wertschätzung entgegengebracht. Einige Unternehmen haben diese Option allerdings gar nicht: Sie finden auf dem deutschen Arbeitsmarkt schon lange keine Fachkräfte mehr. Die Personalsuche im Ausland kann ein Ausweg sein, aber auch die Organisation des Arbeitsverhältnisses erschweren – insbesondere, wenn ein ausländischer Mitarbeitender für ein deutsches Unternehmen im Ausland tätig ist. Manche gehen den Weg trotzdem, weil sie keine andere Möglichkeit mehr für sich sehen.
Gestiegenes Bewusstsein für die Gesundheit
Ein Trend, der sich weiter verstärkt hat, ist das gestiegene Bewusstsein für körperliche und seelische Gesundheit. Das Thema rückte durch die Pandemie in den Fokus, als sich plötzlich Millionen Beschäftigte im Homeoffice wiederfanden und sich die Frage stellte, wie die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber auch dort gewährleistet werden kann. Eine Situation, die Expatriates schon lange kennen. Telemedizin wird heute stärker nachgefragt als noch vor wenigen Jahren, sie ist salonfähig geworden. Grundsätzlich gibt es aber mancherorts noch Nachholbedarf bei der Kommunikation der vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten für Entsandte. Nicht zu vergessen: Auch den Mitarbeitenden ist in den vergangenen Monaten bewusster geworden, wie wichtig Selbstfürsorge ist.
Neue Märkte und die Alte Welt
Für die Erschließung neuer Auslandsmärkte scheint die Zeit aktuell nicht gerade gut geeignet – zu viele Konflikte lassen die Welt unsicher erscheinen. Die deutsche Wirtschaft steht damit vor einem Problem, denn sie ist stark exportorientiert. Dennoch gibt es Chancen. Einige Expertinnen und Experten sehen beispielsweise in Afrika noch viel Potenzial: Die Gesellschaften seien jung und gut ausgebildet, die Vielzahl an Staaten verringere das Risiko, von einigen wenigen Machthabern abhängig zu sein. Auch die Rückbesinnung auf Europa ist ein realistisches Szenario, das nicht zuletzt durch das neue Lieferkettengesetz getrieben werden könnte. Darüber hinaus werden nach wie vor viele Mitarbeiter in den Mittleren Osten entsendet.
Ohne Dienstleister geht es kaum mehr
Die Diskussion zeigt: Arbeitseinsätze im Ausland sind nach wie vor möglich, aber in vielen Fällen komplizierter geworden. Insbesondere kleinere Unternehmen ohne eigene Global Mobility-Abteilung können da schnell an ihre Grenzen stoßen. Dienstleister können diese Lücke schließen und ihnen die komplexen Vorgänge und Aufgaben erleichtern. Beim Round Table werden gleich mehrere Einsatzgebiete genannt. Steuer- und Versicherungsberatende beispielsweise sind empfehlenswert, um keine unkalkulierbaren Risiken bei Auslandseinsätzen einzugehen und Haftungsrisiken zu minimieren. Hinzu kommt die Übernahme von Formalitäten wie das Einholen von Arbeitsbewilligungen, die sich von Land zu Land unterscheiden können. Qualifizierte Dienstleister sind auf der Höhe der Zeit und haben auch etwaige Gesetzesänderungen permanent im Blick. Außerdem können sie hinsichtlich Tools und Technologien beraten, die bei den Prozessen einer Auslandsentsendung unterstützen.
Info
Der Round Table stammt aus unserer aktuellen Ausgabe, die Sie hier als E-Paper lesen können – den ersten Monat sogar kostenlos.
David Schahinian arbeitet als freier Journalist und schreibt regelmäßig arbeitsrechtliche Urteilsbesprechungen, Interviews und Fachbeiträge für die Personalwirtschaft.