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„Software muss zielorientiert sein“


Personalwirtschaft: Kann man sagen, dass HR-Software heute „fitter“ ist – also besser geeignet für die Erledigung von Personalaufgaben – als noch vor ein paar Jahren?
Wolfgang Jäger: Das liegt im Auge des Betrachters – beziehungsweise des Nutzers. Letztlich ermöglicht es die Technik, HR-Aufgaben stärker zu differenzieren und detaillierter umzusetzen. Betrachten Sie beispielsweise einen langjährigen Mitarbeiter in der Personalabteilung, der seit Jahren HR-spezifische Aufgaben, in der Entgeltabrechnung oder Zeiterfassung mit der ihm vertrauten Software bearbeitet. Der kennt sich aus und kommt in der Regel bestens mit der Lösung zurecht. Für ihn ist die Software sozusagen fit. Das liegt auch daran, dass die Softwareanbieter immer wieder die Anregungen ihrer Kunden zur Verbesserung von Lösungen umsetzen. Fragen Sie aber jemanden, der neu in dieses Arbeitsumfeld einsteigt, vielleicht auch noch einen jüngeren Mitarbeiter, der wird mit Lösungen, die über ältere Benutzeroberflächen verfügen, nicht so gerne arbeiten. Für den ist es wichtig, dass die Lösungen nicht mit Funktionen überfrachtet sind.

Wie reagieren die Softwareanbieter auf diese unterschiedlichen Anforderungen?
Viele Softwarehäuser bieten heute einfacher zu bedienende Lösungen als noch vor ein paar Jahren an. Das begann mit Browser-gesteuerten Oberflächen, heute sind es meist sehr einfach und intuitiv zu bedienende Apps. So ist zumindest ein Teil der HR-Software fitter, weil der Bedienkomfort zugenommen hat – und deshalb lassen sich viele Aufgaben besser erledigen als zuvor. Zumindest gilt das für die heutigen Prozesse in den Unternehmen. Für sich möglicherweise in der Zukunft verändernde Prozesse müssen die Lösungen dann angepasst werden.

Heute will „der digitalisierte Mitarbeiter“ seine Software am Arbeitsplatz so einfach bedienen können wie aus dem privaten Bereich gewohnt. Ist das überhaupt machbar?
Nur bedingt. Denn in Unternehmen gelten andere Spielregeln, vor allem wenn es um das Thema Sicherheit geht. Die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen kann die ungehinderte Nutzung von Anwendungen beispielsweise ausbremsen. Im mobilen Umfeld, insbesondere wenn es um den Einsatz von Tablets und Smartphones geht, findet man diese Einfachheit auch im HR-Umfeld neuerdings auch auf Arbeitsplatzebene. Aber nicht alles, was im privaten Umfeld Spaß macht, ergibt auch im professionellen Umfeld Sinn. Die Anwendungen müssen schon sehr zielorientiert sein, nicht zu verspielt. Selbstverständlich setzt sich aber die Einfachheit aus dem privaten Umfeld etwas zeitversetzt auch im beruflichen Umfeld durch, wenn auch in anderen Nuancen und Ausprägungen. Grundlegende Entwicklungen wie zum Beispiel die Steuerung mittels Spracheingabe werden wir zunehmend auch im Businessumfeld erleben.

Haben sich die Anforderungen an Personalsoftware in allen oder nur in einigen Aufgabenbereichen verändert?
Sicher noch nicht überall. Schauen Sie sich die stark strukturierten Aufgaben der verschiedenen Experten im Personalbereich an, beispielsweise bei der Payroll. Da gibt es seitens des Gesetzgebers so viele und komplexe Vorgaben, dass es nicht sinnvoll ist, dafür etwa eine App zu entwickeln. Diese Tätigkeit verlangt vergleichsweise viele manuelle Eingaben über die Tastatur oder per Mausklick. So etwas über ein Tablet oder ein Smartphone erledigen zu wollen, wäre schon sehr ambitioniert. Und außerdem: Hier sind die Prozesse und Strukturen bereits weitgehend optimiert. Wobei ich damit nicht sagen will, dass sich die Benutzeroberfläche der Software in den letzten Jahren nicht gewandelt hätte: zunächst weg von der rein Zeichen-orientierten zur grafischen Darstellung und jetzt in Richtung eines intuitiver bedienbaren Enterprise 2.0-Looks.

Wie sieht es in anderen Softwarebereichen aus?
Teilweise ganz anders. Im Talent Management etwa wurden neue und höhere Anforderungen an die Lösungen gestellt – beispielsweise in Sachen Integration, um abgelegte Daten besser aggregieren, vergleichen und austauschen zu können. Oder sehen Sie sich die Entschlackung vormals mächtiger und funktional komplexer Anwendungen an. Heute wollen Anwender quasi mit einem Klick oder durch Antippen einer Funktion auf dem Bildschirm eine ganz bestimmte Aufgabe erledigen oder ein explizites Ergebnis sehen, beispielsweise eine Übersicht über den aktuellen Headcount oder Ähnliches. So etwas geschieht heute mittels Apps und Widgets.

Das Interview führte Ulli Pesch, freier Journalist.

Lesen Sie das vollständige Interview mit Professor Wolfgang Jäger im Personalwirtschaft-Sonderheft „SAP-Partner“, das am 30. Oktober zusammen mit der Personalwirtschaft-Ausgabe 11/2015 erscheint.