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So können Führungskräfte hybrides Arbeiten erfolgreich gestalten

Viele Beschäftigte haben – auch durch die Corona-Pandemie – überdacht, was Arbeit für sie bedeutet und auf welche Art und Weise sie zukünftig ihrer Tätigkeit nachgehen wollen. Eine aktuelle Studie von Microsoft hat Trends der Arbeitswelt 2022 ausgemacht und daraus Anhaltspunkte abgeleitet, wie Führungskräfte hybrides Arbeiten erfolgreich gestalten können. Die Umfrage mit dem Titel „Great Expectations: Making Hybrid Work Work“ wurde von Edelman Data x Intelligence unter 31.102 Beschäftigten in 31 Ländern, darunter Deutschland, Anfang 2022 durchgeführt. Zusätzlich flossen Daten aus der Nutzung von  Microsoft 365 und Arbeitstrends auf Linkedin in die Analyse ein.

Der Stellenwert der Arbeit hat sich geändert

Die erste Erkenntnis: Arbeit hat momentan an Stellenwert verloren. Fast jeder zweite Befragte (47 Prozent) gibt an, Privatleben und Familie heute höher zu gewichten als vor Corona. Bei Eltern liegt der Anteil sogar bei 55 Prozent. 53 Prozent (in Deutschland 38 Prozent) sagen, dass sie heute Gesundheit und Wohlbefinden Vorrang vor der Arbeit geben.

Doch auch die Ansprüche an die Arbeit selbst haben sich verändert. Die fünf wichtigsten Aspekte im Job sind nun – neben dem Gehalt – eine positive Unternehmenskultur (46 Prozent), Leistungen für psychische Gesundheit und Wohlbefinden (42 Prozent), Sinn und Zweck der Arbeit (40 Prozent), flexible Arbeitszeiten (38 Prozent), und mehr als die üblichen zwei Wochen bezahlter Urlaub pro Jahr (36 Prozent).

Zudem wird die Möglichkeit zur Remote Arbeit zu einem Standard-Anspruch an den Arbeitgeber. Was die Arbeitsmodelle betrifft, so gibt weltweit mehr als die Hälfte (52 Prozent) und in Deutschland gut ein Drittel (35 Prozent) der Studienteilnehmer an, im kommenden Jahr wahrscheinlich einen Wechsel zu hybrider Arbeit oder Telearbeit in Erwägung zu ziehen. Dabei scheinen sich Beschäftigte uneinig zu sein, wie gekapselt sie an den Betriebsort sein möchten: Von jenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die momentan hybrid arbeiten, will die Hälfte (51 Prozent) lieber nur remote arbeiten, während von den Telearbeitern 57 Prozent zu hybridem Arbeiten wechseln wollen.

Unternehmen sind folglich mit neuen und zum Teil sogar sehr unterschiedlichen Erwartungen ihrer Belegschaft konfrontiert. Eine wichtige Aufgabe für Führungskräfte sei es, so die Studienverfasser, eine Kultur zu schaffen, die Flexibilität zulässt und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden in den Vordergrund stellt.

Führungskräfte stehen zwischen den Stühlen

Das ist für Führungskräfte nicht immer leicht, müssen sie doch die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und die Ansprüche des C-Levels in Einklang bringen, die oftmals sehr unterschiedlich sind. Aktuell hat gut jede zweite Führungskraft (54 Prozent) das Gefühl, die Ziele der Geschäftsführung stimmen nicht mit den Erwartungen der Belegschaft überein. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Geschäftsführung zu wenig weiß, wie die Mitarbeitenden arbeiten und zu wenig Kontakt zur Belegschaft hat. Dem stimmen 54 Prozent der Führungskräfte zu (in Deutschland 51 Prozent). Zudem fühlen sich die Leader nicht ausreichend ausgestattet. Fast drei Viertel der Manager (74 Prozent) weltweit und zwei Drittel (66 Prozent) hierzulande sagen, sie hätten nicht den Einfluss oder die Ressourcen, die sie benötigen, um Veränderungen für ihr Team vorzunehmen.

Die Studienautoren appellieren an HR, Führungskräften die notwendigen Schulungen und Ressourcen zu geben, um den vielfältigen Herausforderungen gerecht werden zu können. Auch sollten die Manager und Managerinnen ermächtigt werden, Veränderungen im Sinne der individuellen Bedürfnisse ihrer Beschäftigten vorzunehmen.

Die Risiken von flexiblen Arbeiten kennen

Das ist vor allem auch unter dem Aspekt des zunehmenden Risikos der digitaler Überlastung wichtig. Seit Februar 2020 ist die wöchentlich in Meetings verbrachte Zeit für durchschnittliche Nutzer und Nutzerinnen von Microsoft Teams um 252 Prozent angestiegen. Die gesendeten Chats pro Person haben seit April 2020 um 32 Prozent zugenommen. Auch die Arbeit nach Feierabend ist um 28 Prozent gestiegen und die Wochenendarbeitszeit erhöhte sich um 14 Prozent.

Inzwischen zeichnet es sich aber laut den Studienverfassern ab, dass die Homeworker alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Bedingungen ihres flexiblen Arbeitens zu verbessern und sich davor zu schützen, immer „on“ zu sein. Unter anderem sind Besprechungen kürzer geworden oder werden ad hoc abgehalten und es gibt weniger Mittagssitzungen.

Ein wesentliches Problem bei Telearbeit oder hybriden Modellen ist zudem der fehlende persönliche Kontakt der Beschäftigten untereinander und zu den Führungskräften. Gut die Hälfte (55 Prozent) der hybrid arbeitenden Befragten (hierzulande 49 Prozent) fühlt sich im Job einsamer als vor der Umstellung auf das hybride Modell. Das bestätigen auch 50 Prozent (in Deutschland 38 Prozent) derer, die auf Homeoffice umgestellt haben. 59 Prozent der hybrid Arbeitenden (hier 47 Prozent) und 56 Prozent der Homeworker (in Deutschland 45 Prozent) haben jetzt weniger Freundschaften am Arbeitsplatz. Die Studienverfasser präsentieren eine mögliche Lösung: Führungskräfte sollten allen Mitarbeitenden dabei helfen, Zeit für den Aufbau von Beziehungen einzuplanen und Homeworker zusätzlich unterstützen. Außerdem sollten die Führungskräfte berücksichtigen, dass neu eingestelltes Personal am meisten gefährdet sei, zurückgelassen zu werden.

Ein Problem könnte es auch werden, die Homeworker für ein paar Tage in der Woche ins Büro zu locken. Für mehr als ein Drittel (38 Prozent, hierzulande 35 Prozent) der hybriden Mitarbeitenden ist es derzeit die größte Herausforderung zu wissen, wann und warum sie in der Firma anwesend sein sollen. Bislang hat global nur etwas mehr als jedes vierte (28 Prozent) Unternehmen (in Deutschland 24 Prozent) Teamvereinbarungen eingeführt, um klare Regeln festzulegen. Der Appell an Führungskräfte lautet daher, den Zweck der persönlichen Zusammenarbeit festzulegen, Teamvereinbarungen darüber zu treffen, wann man sich persönlich trifft, die Etikette für hybride Besprechungen zu definieren und zu überdenken, wie die Räumlichkeiten dabei unterstützen können.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.