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Ich Team, du Work?

Zwei Männer und eine Frau sitzen an einem Schreibtisch. Die Frau liegt mit dem Kopf auf dem Tisch und schläft.
Macht ihr ruhig, ich leg‘ mich erstmal hin. – Teamwork lädt zum sozialen Faulenzen ein. Bild: Fotolia/Antonioguillem

Teamwork scheint das Geheimrezept vieler erfolgreicher Firmen zu sein. Gerne ist sie Aushängeschild des Bewerbungsschreibens, wird im Vorstellungsgespräch hervorgehoben, bei der Quartalsbesprechung unterstrichen, auf der Krisensitzung beschworen. Zusammenarbeit spornt an, bündelt die Stärken der Mitglieder und lässt sie schneller arbeiten. So jedenfalls die Theorie. 

In der Praxis sieht das anders aus: Oft ist Teamwork der Grund, weshalb Arbeit langsamer, weniger sorgfältig und mit weniger Elan erledigt wird. Die dunkle Kehrseite der Teamarbeit nennt sich soziales Faulenzen (englisch: Social Loafing). Dieser Begriff beschreibt den Effekt, dass Personen in einer Gruppe weniger arbeiten als allein. Während die Trittbrettfahrer bewusst die Leistung anderer ausnutzen, um selbst weniger tun zu müssen, findet das soziale Faulenzen unbewusst statt. Und je größer die Gruppe ist, desto stärker ist der potenzielle Leistungsabfall.

Je größer die Gruppe, desto weniger arbeitet der Einzelne

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Als der Sozialwissenschaftler Max Ringelmann 1880 Studenten im Rahmen eines Experimentes bat, kräftig an einem Seil zu ziehen, bewegte jeder von ihnen allein durchschnittlich 63 Kilogramm. Im Dreierteam lag die Einzelleistung bei nur noch 53 Kilogramm, im Studenten-Achter gar nur noch bei mickrigen 31 Kilogramm. Ringelmann machte Koordinierungsprobleme im Team für die schwachen Gruppenergebnisse verantwortlich.
In den 1970er Jahren wiederholten Wissenschaftler aus Washington das Experiment: Diesmal verband man den Probanden die Augen und ließ sie glauben, dass sie nun mit zwei, drei oder mehr Personen an einem Seil zogen. Tatsächlich waren sie jedes Mal alleine. Das Ergebnis: Je mehr Mitstreiter die Probanden zu haben glaubten, desto weniger strengten sie sich an. Der Effekt war also im Prinzip genau derselbe wie rund hundert Jahre zuvor.

Bis heute ist nicht genau geklärt, wie es zu diesem Phänomen kommt. Wissenschaftler vermuten, dass es an unseren ökonomisch arbeitenden Gehirnen liegt. Im Rudel fürchten wir, nicht genügend Wertschätzung für eine erbrachte Leistung zu erhalten – und schalten unbewusst auf Sparbetrieb. Die anderen Gruppenmitglieder wiederum möchten nicht für uns mitarbeiten. So entsteht ein Teufelskreis, in dem die Leistung immer weiter abfällt. Das Fatale: Das Team bietet den Faulenzern eine enorme Sicherheit. Wer hier weniger arbeitet, fällt nach außen kaum auf. Schließlich ist das Ergebnis am Ende eine Mischung aus den Beiträgen aller. 

Belohnung für den Fleißigsten

Dagegen könnten Teamleiter vorgehen, indem sie Leistungen besser überprüfbar machen, findet Sven Janka, Trainer an der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Überlingen. „Viele Teams arbeiten heutzutage sehr autonom”, sagt er. Da die Mitarbeiter meist eine bessere Übersicht über ihre Aufgaben hätten als ihre Chefs, spare es beiden Seiten Zeit, wenn die Führung sich weitestgehend aus dem Arbeitsprozess raushalte. Der Nachteil: „So verliert der Chef aber den Überblick, wer im Team welche Aufgabe übernimmt und wie gut er diese macht.“ Und wenn mal etwas gut liefe, so gehe das Lob am Ende an die gesamte Mannschaft und nur selten an den Einzelnen, der sich besonders reingehängt habe.

Den Kontakt zu den Mitarbeitern zu halten, sei daher für eine Führungskraft enorm wichtig, so Janka. „Man sollte sich nicht die ganze Zeit mit dem Management beschäftigen, sondern auch ansprechbar sein für die Mitarbeiter“, findet der Führungscoach. Zeit für solche Gespräche müsse fest eingeplant werden. Beispielhaft für gute Teamführung seien Fußballmannschaften:

Am Ende eines Spiels muss man sich natürlich anschauen, ob alle gut zusammengespielt haben, aber selbstverständlich wird der Torschütze besonders gelobt.

Und jeder Mitarbeiter müsse seine Leistung selber einschätzen dürfen. Dadurch könnten Diskrepanzen zwischen der Selbstwahrnehmung und der Bewertung durch die Führungskraft frühzeitig geklärt werden. Mitarbeiter fühlten sich dann nicht so schnell unfair behandelt, könnten konstruktiver an ihren Schwächen arbeiten und sich langfristige persönliche Ziele setzen. Die Formulierung der langfristigen Ziele von Teams dagegen sei Führungsaufgabe.

Teamwork erfordert klare Verhältnisse

„Soziales Faulenzen entsteht oft, wenn die Zuständigkeiten in der Gruppe unklar sind“, merkt Jessica Meier, Unternehmenscoach bei Team-Experte in Köln, an. Es müsse klare Absprachen und Kontrollen darüber geben, wer gerade woran arbeitet. Dies könne in Form von regelmäßigen Team-Konferenzen geschehen, bei denen jeder einen Überblick darüber gewinnen könne, auf welcher Stufe des Projekts man sich gerade befindet, was gut läuft und wo es noch Schwierigkeiten gibt. „Regelmäßige Kontrollen schaffen auch eine positive Form des Leistungsdrucks“, so die Teamwork-Trainerin. Um bei den Konferenzen nicht schlecht dazustehen, arbeiteten die Gruppenmitglieder ordentlich. Besondere Leistungen einzelner Mitarbeiter, die bei den Konferenzen herausstechen, könnten so zudem andere Mitarbeiter motivieren.

Teamstärkende Freizeitaktivitäten und Übungen seien oft zu Unrecht verpönt, sagt Meier. Für die Teammitglieder untereinander sei es wichtig, sich gegenseitig zu kennen und dadurch bestärken zu können. Man dürfe sich zwar nicht zu viel davon erhoffen. Denn: „Solche Freizeitaktivitäten können persönliche Beziehungen innerhalb des Teams stärken, angespornt werden die Mitarbeiter dadurch aber nicht zwangsläufig.” Wenn aber alle anderen Schrauben richtig gestellt seien für die Teamarbeit, machten gemeinsame Aktivitäten durchaus Sinn. Kollegen, die sich untereinander besser kennen, bemerken eben schneller, wenn einer von ihnen nicht richtig mitzieht. Und so ein heikles Problem anzusprechen, fällt dann auch nicht mehr so schwer.

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