Im ersten Teil ging es darum, was eine schlechte Führungskraft ausmacht und wie Personaler frühzeitig Erkennungsmaßnahmen treffen können. Im zweiten Teil erklärt Dr. Eric Wenzel, Senior Partner, Head of Assessment & Succession der Personalberatung Korn Ferry, welche Methoden angewendet werden können, um ein besseres Führungsverhalten an den Tag zu legen.
Wenn bei einer Führungskraft erkennbare Defizite vorhanden sind, muss jedoch nicht eine Trennung die erste Maßnahme sein. „Es ist zunächst die Aufgabe des Vorgesetzten, auf die Führungskraft zuzugehen und Maßnahmen zur Verbesserung und zur Behebung der Defizite zu besprechen. Die Personalabteilung kann diese Maßnahmen entsprechend bereitstellen.“ Zuerst muss aber der Grad der Defizite erkannt und damit eine Prognose abgegeben werden, ob und wie sie ggf. zu adressieren sind. „Unternehmen können mit Instrumenten der Führungskräfteentwicklung schon einiges bewirken“, rät der Experte.
Führungskräfteentwicklung hilft
Führungskräfte mit großen Defiziten kommen um sehr individuelle Maßnahmen nicht herum. „Der Vorgesetzte der Führungskraft muss Ziele mit einem klar definierten Zeitrahmen verfassen, Aufgaben formulieren und sehr engmaschig mit der Person zusammenarbeiten. Auch Coaching kann als unterstützende Maßnahme zum Einsatz kommen. Wichtig ist allerdings zunächst, dass es auf Seiten des Kandidaten ein Problembewusstsein gibt und damit den Willen, sich auch wirklich ändern zu wollen.“
„Führen ist ein Handwerk, das man erlernen kann“, sagt Wenzel, auch wenn es Menschen mit mehr oder weniger Talent gibt. Als Beispiel nennt er Workshops zur Führungskräfteentwicklung, in denen neue Führungskräfte lernen, in einer Matrixorganisation mit mehreren Berichtslinien zu arbeiten. „Nicht jedem gelingt es auf Anhieb, mit zwei Vorgesetzten zu arbeiten. Und zwischen beiden moderieren zu müssen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Da kommt dann eben auch der eigene Wunsch, sich entwickeln zu wollen, zum Tragen.“
Schlechte Führung: So sollten sich Mitarbeiter verhalten
Die Folgen von schlechter Führung sind gravierend: „Studien besagen, dass die Leistung von schlecht geführten Teams um bis zu 30 Prozent unter denen von Hochleistungs-Teams liegen“, sagt Wenzel. Wollen Mitarbeiter Führungsdefizite ansprechen, ist ein persönliches Gespräch mit ihrer Führungskraft unausweichlich. Wenzel rät darum:
- Mitarbeiter sollten ihre Emotionen stets zu kontrollieren suchen, wenn sie ins Gespräch mit ihrer Führungskraft gehen – sonst laufen sie schnell Gefahr nicht souverän zu wirken.
- Sie sollten sich ihrer Ziele bewusst sein, ihr Anliegen deutlich formulieren und in der Ich-Form sprechen.
- Läuft ein Gespräch dennoch aus dem Ruder, sollten sie das Gespräch pro-aktiv beenden, eine Neuterminierung vorschlagen und sich intensiv darauf vorbereiten.
„Häufig kennen die Mitarbeiter ihre Führungskräfte sehr gut und wissen um deren Defizite. Geben sie ein Feedback an den Vorgesetzten, müssen sie allerdings beachten, dass sie einen respektvollen Ton anschlagen – so wie sie es sich wünschen würden, wenn sie Feedback erhalten. Nur weil der Vorgesetzte möglicherweise kein besonders talentierter Feedbackgeber ist, heißt das nicht, dass man es selbst nicht besser machen kann“, sagt Wenzel.
Methoden, die einen guten Führungsstil ausmachen
Laut dem Experten können sich viele Führungskräfte ihrer Defizite aber durchaus auch selbst bewusst werden. „Wenn Dinge eine ungewollte Wendung nehmen, sollte dies daher unweigerlich zu der Frage führen: Was war mein Beitrag daran? Ich empfehle Führungskräften, sich für Selbstreflexion ausreichend Zeit zu nehmen. Laufen Projekte schief oder entwickelt sich das Geschäft nicht wie gewünscht, reicht es nicht, zu externalisieren und die Schuld immer bei anderen oder in den Umständen zu suchen. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist eine wesentliche Eigenschaft guter Führungskräfte. Es ist am Ende eine Frage der Haltung: mature Führungskräfte wollen verstehen, andere neigen zur Rechtfertigung.“
Auch das Feedback von einer Person, die nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Führungskraft steht, kann sehr helfen. „So erhält sie ein Fremdbild, das nicht abgemildert ist, weil der Feedbackgeber mögliche Repressalien fürchtet“, sagt Wenzel.