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Vier gewinnt

Abrakadabra, Simsalabim: 4.0 ist der Trend, der dieser Tage selbst
das langweiligste Thema auf magische Art und Weise mit Inhalt und
Bedeutung füllt. Doch allzu oft entpuppt sich der Vierer-Anhang als
fauler Budenzauber.


Sagt Ihnen der Begriff Nummerologie etwas? Es ist die Wissenschaft von der Magie der Zahlen. Wer ihn googelt, erhält zahlreiche Treffer von durchwachsener Qualität: Mal raunen Schamanen über die innere heilige Zahl, mal rechnen sich Satanisten einen Bruch dabei, aus der 666 das Beste, pardon, Schlimmste herauszuholen. Hol´s der Teufel. Nun also 4.0, die Zahl die nicht nur Personaler elektrisiert. Arbeiten 4.0, Industrie 4.0, Personalmangement 4.0 – alles ist plötzlich 4.0. Und was soll das Ganze jetzt eigentlich?

Versuchen wir es mit einer Definition aus dem Lehrbuch: „Unter dem Begriff Industrie 4.0 versteht man die Digitalisierung und Vernetzung aller Beteiligten am Wertschöpfungsprozess in Industrieunternehmen. Dadurch findet eine Integration von Hardware, Software und menschlicher Arbeitskraft statt, die es in der Form noch nie zuvor gegeben hat.“ Wer seine Zahlen gerne magisch hat: Die Vier steht auch für die vier Kardinaltugenden, die vier Himmelsrichtungen oder die vier Elemente. Auch Buddha wird oft mit vier Gesichtern dargestellt.

Und was hat das jetzt alles mit HR zu tun? Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) hat dazu unlängst ein Weißbuch zum Thema „Personalmanagement 4.0“ veröffentlicht. Entlang von sieben Handlungsfeldern soll das Papier wesentliche Treiber für übergreifende Veränderung skizzieren, Auswirkungen auf die Personalarbeit beleuchten und Forderungen formulieren – an andere, aber vor allem auch an HR selbst. „Als aktive Gestalter des Wandels sind engagierte Personaler mehr denn je gefragt und gefordert“, so der BPM.

Das 4.0.-Resümee des Verbands: In der Summe ist 4.0 eine große Chance und eine Herausforderung für die HR-Funktion, die es individuell zu gestalten gilt. Der BPM will gemeinsam mit seinen Mitgliedern und der Politik Rahmenbedingungen setzen und Handlungsempfehlungen vertiefen, damit dies gelingt.

Klingt gut. Doch halt: Während der BPM offenbar weiß, was er tut, klug analysiert, bewertet und die magische 4.0 auf den Boden der Personaler-Tatsachen zurückholt, gibt es zig Entscheider, die das Anhängsel als ebensolches benutzen: Weil es schick ist. Weil es gut klingt. Weil die vierfache Nebelkerze viel zu oft verschleiert, dass es eigentlich nichts zu sagen gibt. Das Gabler-Wirtschaftslexikon verortet die magische Vier als „Marketingbegriff“ – und ist damit der Wahrheit wahrscheinlich näher, als es so manchem 4.0-Apologeten lieb sein kann. Viel zu oft steht die 4.0 nämlich für – ja was eigentlich? Irgendwas mit Fortschritt. Und Computern. Und Technik. Aber in gut. Und Menschen sind auch noch mit dabei. Doch nicht überall, wo die magische Vier draufsteht, ist auch Fortschritt drin.

Apropos: Was ist eigentlich aus 2.0 geworden? Und ist 4.0 jetzt doppelt so gut? Was kommt als Nächstes? War Trendscout Roman Weishäupl seiner Zeit voraus, als er 2011 im Interview mit der Personalwirtschaft „Media 5.0“ beschwor? Wäre nicht als nächstes 3.0 dran gewesen? Das wäre doch einmal was gewesen. Personalmanagement 3.0, die heilige Dreifaltigkeit der HR. DEN Zahlen-Zauberer haben die Marketing-Experten leider verschlafen.

Autor: Sven Frost, CVD der Personalwirtschaft

Erschienen in Ausgabe 02/2017 der Personalwirtschaft.