Von einer „ungewöhnlichen Partnerschaft“ bis hin zu „McDonald‘s und
Aldi machen es vor“ – mit der Verkündung ihrer Zusammenarbeit am 20. März
dieses Jahres haben zwei Wirtschaftsschwergewichte in Deutschland viel
Aufmerksamkeit erregt. Seit über einem Monat helfen Mitarbeiter der
umsatzstärksten Fast-Food-Kette in Filialen eines der größten
Discount-Einzelhändler nun aus.
Die Kooperation gilt als ein frühes Zeichen unternehmensübergreifender
Solidarität in Zeiten von Covid-19. Auch scheint sie Beleg dafür zu sein, wie
flexibel Organisationen (nicht nur) in der Personalorganisation agieren können,
wenn sie es denn wollen respektive müssen, wie sich Grenzen des Denk- und
Machbaren verschieben. Für den Lebensmittelhändler sei die Zusammenarbeit
jedenfalls einzigartig, sagte Nicolás de Lope, Sprecher der
Verwaltungsratsbevollmächtigten von Aldi Nord, bei der Verkündung.
Über die Hintergründe hatten beide Unternehmen – genauer gesagt sind es
wegen der Eigenständigkeit von Aldi Nord und Süd drei – zunächst wenig
verraten. Doch mit einigem Abstand und zu einem Zeitpunkt, an dem sich die
Zusammenarbeit etwas eingespielt hat, gibt zumindest McDonald‘s einen genaueren
Einblick. Aldi Nord und Aldi Süd hingegen wollten sich auf Anfrage der
Personalwirtschaft nicht zu dem Projekt äußern.
Die
Ausgangslage
„Uns war von Anfang an besonders wichtig, dass wir einen sehr
unbürokratischen Weg finden, die Zusammenarbeit zu organisieren“, sagt Sandra
Mühlhause, Personalvorständin bei McDonald‘s Deutschland heute. In Folge der
von der Politik getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und der
Restaurantschließungen benötigt die Gastrokette derzeit weniger Mitarbeiter –
und Aldi sehr viel mehr.
Um die 3.000 zusätzliche Angestellte benötigten die beiden Discounter
insgesamt, teilten sie gleich zu Beginn der Personalpartnerschaft mit. Vor
allem, weil die Nachfrage nach einigen Lebensmitteln und Drogerieartikeln
damals teils weit in die Höhe schnellte.
Der
Ablauf
Und wie sieht der „unbürokratische Weg“ in der Praxis aus? „Aldi selbst
stellt Listen mit dem Bedarf zur Verfügung, die wir mit unseren
Franchise-Nehmern teilen“, erklärt Mühlhause. „Diese Fragen dann wiederum bei
ihren Mitarbeitern an, ob sie bereit wären bei Aldi auszuhelfen.“ Denn natürlich sei diese Entscheidung den
Kollegen selbst überlassen, sagt Sandra Mühlhause. Sie weist auf einen Umstand
hin, der bei dieser Personalpartnerschaft von Vorteil ist: Es habe sich
gezeigt, dass viele Aldi- und McDonald’s-Filialen nahe beieinander lägen. Die
Mitarbeiter, die das Angebot in Anspruch nehmen, müssten daher in vielen Fällen
auch keinen langen Arbeitsweg in Kauf nehmen.
Wer also dabei ist, unterschreibt bei Aldi einen befristeten Arbeitsvertrag.
Den aktuellen Vertrag bei McDonald‘s müssen die betreffenden Mitarbeiter
unterdessen ruhend stellen. Die von den Unternehmen so vereinbarte Kooperation
ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, um sich Personal gegenseitig zu
leihen. „Sie ist aber die unkomplizierteste“, sagt Nathalie Oberthür,
Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied im Deutschen Anwaltsverein. Denn in
solch einem Fall wird das verleihende Unternehmen für die Dauer des
Anstellungsverhältnisses von seinen Pflichten als Arbeitgeber entbunden: Der
Partner übernimmt. „Die Mitarbeiter, die bei Aldi aushelfen, müssen aber damit
rechnen, dass sie ihre dort erarbeiteten Urlaubsansprüche nicht mit zurück zu
McDonald’s nehmen können“, sagt Oberthür.
Ein
anderer Weg für eine Partnerschaft ist der Anwältin zufolge eine
Arbeitnehmerüberlassung. Dahinter steckt letztlich das, was die meisten unter
der klassischen Leiharbeit verstehen – die jedoch mit deutlich höherem
bürokratischen Aufwand verbunden wäre. Zudem bleiben bei ihr die Rechte und
Pflichten beim verleihenden Unternehmen. Doch die größte Hürde ist eine andere:
„Die Arbeitnehmerüberlassung bedarf in der Regel einer Erlaubnis durch die
Arbeitsagentur“, sagt Oberthür.
Die
Zukunft
Bei McDonald’s und Aldi scheinen sie derzeit sehr zufrieden, dass die
Kooperation so einfach geklappt hat. Bis zu zwei Jahre können die
McDonald’s-Mitarbeiter mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei Aldi
aushelfen. „Am Ende der Verhandlung haben wir zusammen geflachst, dass wir all
das in anderen Zeiten niemals so schnell und unbürokratisch hätten organisieren
können“, sagt Personalvorständin Mühlhause. Die Krise bringe einen dazu,
flexibel zu agieren und fördere die Hilfsbereitschaft – auch über
Unternehmensgrenzen hinweg. „Wir haben schon jetzt für die Zukunft gelernt und
merken gerade erst, was alles möglich ist.“