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Was IT-Lösungen für Vergütungspläne mitbringen sollten

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Was beschäftigt Unternehmen beim Beteiligungs- und Vergütungsplanmanagement am meisten?

 

Birgit Bahr-Schneider: Ich sehe vier Haupttrends. Zum Ersten verändert sich der Fokus des Planmanagements. Neben den Unternehmen stehen immer mehr deren Mitarbeiter im Mittelpunkt. Viele Arbeitgeber nehmen ihre Mitarbeiter verstärkt als essentiellen Teil ihres Planmanagements wahr. Sie wollen verstärkt über eine Mobile App mit ihnen kommunizieren und sie proaktiv über planrelevante Inhalte informieren. Zum Zweiten automatisieren und integrieren viele Firmen immer mehr Prozesse, so dass Abläufe komplett automatisch erfolgen. Zum Dritten fragen Kunden zunehmend nach Lösungen zur Administration Performance-basierter Vergütungspläne. Dabei soll der Einfluss aktueller Performance-Parameter auf das individuelle Vergütungsportfolio der Mitarbeiter möglichst in Echtzeit abgebildet werden. Zum Vierten erwarten Kunden, dass Produkte und Services in Bezug auf lokale Vorschriften jederzeit regelkonform sind.

 

Holger Jungk: Unternehmen müssen für sich die Frage beantworten, wie sie an Mitarbeiter herankommen, die keinen eigenen Rechner am Arbeitsplatz haben. Das kann über eine BYOD-Lösung gehen oder über Mobile-Geräte wie Tablets oder Smartphones.

 

Wie unterscheidet sich der Bedarf von Konzernen und Mittelstand bei Beteiligungs- und Vergütungsplänen?

 

Adrian Wyss: Grundsätzlich bringt jedes Unternehmen seinen eigenen Bedarf und seinen individuellen Plan mit. Den Unterschied zwischen Konzernen und dem Mittelstand mache ich weniger an der Größe fest, sondern vor allem an Aspekten wie der Börsennotierung, der Unternehmenskultur, dem Grad der Globalität, der Branche und der HR-Strategie. Oft sind die Unternehmen durch M&A gewachsen und wollen ihr Vergütungs- und Planmanagement harmonisieren. Gerade in traditionellen Industrien besteht an dieser Stelle ein Nachholbedarf. Mancher DAX-Konzern arbeitet im HR-Ressort und beim Planmanagement noch mit hybriden IT-Systemen und konventionellen Excel-Lösungen. Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, Lösungen mit einer standardisierten technologischen Basis einzuführen, die sich individuell konfigurieren und global anwenden lassen. Dabei besteht oft die Schwierigkeit, dass HR mit regional verschiedenen IT-Systemen arbeitet. Ein Beispiel: Wir wollen die HR-Daten eines Kunden vollautomatisch synchronisieren, doch statt mit einer zentralen Schnittstelle zu HR müssen wir mit verschiedenen regionalen Stellen kommunizieren.

 

Holger Jungk: In Konzernen beschäftigen sich häufig große Teams mit solchen Themen und nicht nur eine oder zwei Personen. Zudem rollen Konzerne ihre Pläne oft in einer Vielzahl von Ländern aus. Das erhöht die Komplexität der Pläne, der technischen Infrastruktur sowie der lokalen Legal-&-Compliance-Anforderungen.

 

HR holt aktuell die digitale Transformation nach. Was ist besonders stark gefragt?

 

Birgit Bahr-Schneider: Das Management von Vergütungs- und Beteiligungsplänen macht sich aktuelle technologische Innovationen zunutze. So können wir helfen, die Digitalisierung voranzutreiben, und machen die Administration effizienter. Papier wird zunehmend verzichtbar. Zahlungen laufen komplett elektronisch ab. Unternehmen wollen über alle ihre HR-Daten in Echtzeit verfügen, und auch HR-Prozesse sollen in Real Time ablaufen. Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter ein Unternehmen verlässt, bekommen wir eine Nachricht darüber. Sie löst in unserem System sofort und automatisch den Befehl aus, dem Mitarbeiter die Optionen auf weitere Aktien zu streichen. Wir setzen also das Denken und Handeln von HR-Experten in Softwarelösungen um, so dass die Personaler diese Schritte nicht mehr selbst gehen müssen. Ein anderes Beispiel: Ein Unternehmen will Mitarbeitern weltweit einen Bonus in Aktien auszahlen. Doch nicht in jedem Land dürfen Mitarbeiter Aktien bekommen, also fallen alternativ Barzahlungen an. Zudem mag sich die Höhe des Bonus von Land zu Land und von Bereich zu Bereich je nach Performance unterscheiden. Wir speisen also alle relevanten lokalen Vorschriften und alle Steuerungsoptionen in unsere Programme ein, so dass HR später viele Prozesse nur noch anstoßen, aber nicht mehr durchführen muss.

 

Holger Jungk: In der digitalen Transformation kann auch die Software für Beteiligungspläne ein Treiber für den Kundenbedarf sein. So bietet es sich an, homogenisierte Mitarbeiterdaten etwa für das Talentmanagement zu nutzen. Im Rahmen einer Cloudlösung lassen sich die Daten über Schnittstellen wieder in die lokalen Systeme zurückspielen. Gerade im Vergütungsplanmanagement müssen die Daten korrekt, eineindeutig und aktuell sein. Mit einer so guten Datenqualität können Unternehmen gruppenweit ein Reporting darüber setzen.

 

Die Planadministration steht oft an der Schnittstelle zwischen HR und Finance, da auch das Reporting gemäß den jeweils lokal geltenden Compliancerichtlinien ein wichtiger Aspekt ist. Ist die CFO-Welt bei der Digitalisierung weiter fortgeschritten als HR – oder umgekehrt?

 

Holger Jungk: IT-Lösungen für HR sind oft deutlich fragmentierter als IT-Lösungen für Finance. Sie leiten sich ursprünglich vom Payroll-Management ab und sind in ihrer Funktionalität beschränkt. Finance tut sich hingegen leichter, einen unternehmensweiten IT-Prozess auszurollen.

 

Adrian Wyss: Finance ist für uns neben HR ein wichtiger Funktionsbereich. Das Accounting muss hundertprozentig korrekt sein, es ist mit hochkomplexen Prozessen verbunden, die viele Firmen immer noch in Excel erledigen. Unsere Architektur ist offen, und unsere Software konsumiert Kundendaten aus verschiedenen Ressourcen und Systemen. Umgekehrt geben wir dem Kunden die homogenisierten Daten klar adressiert wieder zurück. Sie werden so aufbereitet, dass die Finanzabteilung sie direkt und ohne weitere Konfiguration verwenden kann. Jeder Kunde stellt eigene Anforderungen. Die wollen wir erkennen und mit möglichst geringem IT-Aufwand standardisieren, so dass der Kunde eine angepasste Lösung für seinen Plan bekommt.

 

An welchen Stellen besteht bei der Entwicklung von Lösungen der größte Handlungsbedarf?

 

Birgit Bahr-Schneider: Eine Herausforderung bei globalen Unternehmen sind die verschiedenen Sprachen. Die gängigen westlichen Sprachen sind für uns kein Problem. Gegenwärtig lassen mehr und mehr Unternehmen ihre Anwendungen in asiatischen Sprachen wie Mandarin anlegen, die auf anderen Zeichensätzen beruhen. Gerade die Verknüpfung von Prozessen über Sprachgrenzen hinweg stellt eine Herausforderung dar. Hier werden sich voraussichtlich Lösungen etablieren, die parallele Verwendungszwecke abbilden können. Das heißt, für manche Nutzungszwecke wird die lokale Sprache verwendet, für andere die vorherrschende Unternehmenssprache.

 

Das, was technisch möglich ist, wird nicht immer in die Praxis umgesetzt. In welchem Maße werden heute die Möglichkeiten der digitalen Technik in der Planadministration ausgeschöpft?

 

Birgit Bahr-Schneider: Hier besteht sicher eine Differenz zwischen dem technisch Möglichen und dem, was in der Praxis eingesetzt wird. Der Grund dafür liegt oft im Datenschutz oder in der Sicherheit. Manchmal liegt ein schmaler Grat zwischen dem, was Unternehmen möchten, und dem, was Provider umsetzen dürfen. Doch beide wollen stets regelkonform handeln.

 

Welche neuen Anwendungs- und Analysemöglichkeiten für Beteiligungs- und Vergütungspläne wird die digitale Transformation in den kommenden Jahren voraussichtlich eröffnen?

 

Adrian Wyss: Ich erwarte zwei Entwicklungen, die miteinander verknüpft sind. Zum Einen wollen Unternehmen ihren Mitarbeitern mehr Transparenz über das eigene Asset-Portfolio und über Szenarien für Pensions- und Aktienpläne geben. Das ist aus meiner Sicht ein Thema der technischen Entwicklung in den kommenden zwei Jahren. Im Augenblick arbeiten mehrere Provider an Lösungen, aber ein Durchbruch im Sinne einer überzeugenden und marktbeherrschenden Lösung steht noch aus. Dieses Ziel ist technisch sehr anspruchsvoll, deshalb müssen mehrere Provider mit sich ergänzenden Kompetenzen gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Zum Zweiten wollen Unternehmen verstärkt Micro-Services einkaufen. Das heißt, dass Unternehmen zwar ein kohärentes Programm für das Planmanagement wollen, aber einzelne Leistungsbausteine bei verschiedenen Anbietern einkaufen, vor allem bei den jeweiligen Marktführern. Das bedeutet für Systemanbieter wie uns, die diversen Leistungen und Bausteine so zusammenzubringen und miteinander zu verknüpfen, dass der Kunde am Ende eine integrierte Gesamtlösung bekommt. Vor allem bei der Konsolidierung der einzelnen Services aus verschiedenen Quellen und der Implementierung der Gesamtlösung beim Kunden sehe ich noch hohen Bedarf und Potenzial für technische Entwicklungen.

 

Holger Jungk: Im Idealfall lassen sich bei Kooperationen von Providern Cloudlösungen miteinander verbinden. Die Kunden wollen mit den Schnittstellen zwischen den Providern nichts zu tun haben. Ein Lösungsansatz sind gemeinsam genutzte Plattformen, denen gegenüber sich die Cloudsysteme der beteiligten Partner öffnen können. Über solche Plattformen lassen sich beispielsweise Programme und Systeme verschiedener Anbieter verknüpfen.

 

Das Interview führte Dr. Guido Birkner.