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Wie viele Menschen sind arbeitssüchtig?

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Rund zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten exzessiv und zwanghaft. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig – in Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung – gelten sie als arbeitssüchtig. Sie können sich nicht ohne schlechtes Gewissen freinehmen und sind unfähig, sich in ihrer Freizeit zu entspannen. Ihre Sucht verursacht bei den Betroffenen körperliche und psychosomatische Beschwerden und kann sie in ein Burnout oder zu depressiven Verstimmungen führen. Das wiederum kann langfristige Arbeitsausfälle mit sich ziehen.

Die Daten, auf denen die Studie beruht, stammen aus den Jahren 2017 und 2018. Die Antworten der rund 8.000 befragten Erwerbstätigen dienen nicht als Spiegelbild der aktuellen Lage, zeigen aber eine Tendenz auf, die die nun veröffentlichte Studie dennoch wertvoll machen. Seit 2018 könnte sich vor allem die Corona-Pandemie auf die Anzahl der Arbeitssüchtigen ausgewirkt haben. Dafür hat die Studie „Workaholism across European and Asian Cultures during the Covid-19 pandemic“ Indizien. Je nach Kultur, Geschlecht und Lebensphase ist die Anzahl an Arbeitssüchtigen während der Corona-Pandemie gestiegen. In Europa hat sich die Zahl der Betroffenen demnach bei den Frauen erhöht.

Kaum ein Arbeitssüchtiger ist beschwerdefrei

Zurück zu der BIBB-Untersuchung: 2018 beschrieben 28 Prozent der als arbeitssüchtig definierten Erwerbstätigen ihren Gesundheitszustand als weniger gut oder schlecht. Frei von körperlichen und psychischen Beschwerden innerhalb der zum Erhebungszeitpunkt vergangenen 12 Monate waren nur 8 Prozent von ihnen. Der Rest der Befragten befand sich in einem deutlich besseren gesundheitlichen Zustand. Nur 14 Prozent von ihnen gaben an, dass ihr Gesundheitszustand nicht gut ist. Im vergangenen Jahr beschwerdefrei waren 20 Prozent.

Obwohl es den Arbeitssüchtigen gesundheitlich schlechter geht, suchen sie seltener einen Arzt oder eine Ärztin auf oder melden sich krank. 30 Prozent der Arbeitssüchtigen hatten laut Studie mehr als sechs unbehandelte Beschwerden zum Erhebungszeitraum der Umfrage. Bei den restlichen Erwerbstätigen traf dies auf 15 Prozent zu. Zum Suchtmuster passt auch: 45 Prozent derjenigen, die exzessiv und zwanghaft arbeiten, meldeten sich an keinem Tag in den damals vergangenen zwölf Monaten krank. Bei ihren nicht-süchtigen Kolleginnen und Kollegen waren 36 Prozent an jedem Arbeitstag tätig.

Um gesundheitlichen Beschwerden und Arbeitssucht an sich entgegenzuwirken, empfehlen die Studienverfasserinnen und -verfasser Arbeitgebern, ihre Unternehmenskultur entsprechend zu gestalten. Vor allem betriebliche Gesundheitsförderung, aber auch Mitbestimmung sollten diesbezüglich gefördert werden. So seien in einem Unternehmen mit einem Betriebsrat nur durchschnittlich 8,7 Prozent der Mitarbeitenden arbeitssüchtig, anstatt der 11,9 Prozent in einem Unternehmen ohne eine Mitarbeitervertretung. Wie Arbeitgeber Arbeitssüchtigen noch helfen können und welche Indikatoren die Sucht hat, lesen Sie hier.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.