Frage an die HR-Werkstatt: Wie wird aus einer Strategie eine effektive Unternehmenskultur?
Es antwortet: Karen Hoyndorf, Geschäftsführerin People & Culture, ManpowerGroup Deutschland
Die Kultur eines Unternehmens wird oft als etwas Ungreifbares wahrgenommen, während Strategie konkreten Schritten folgt. Nicht selten begegnet man auch der Einstellung, Kultur sei ein weniger wichtiger Selbstläufer, der neben dem Alltagsgeschäft existiert. Klassischerweise konzentrieren sich Unternehmen darauf, Geschäftsstrategien zu entwickeln und dann Maßnahmen durchzuführen, um diese umzusetzen – Kultur spielt dabei höchstens eine untergeordnete Rolle.
Wer allein diesen Ansatz verfolgt, verschenkt jedoch eine Menge Verbesserungspotenzial. Denn jede noch so gute Strategie ist nur dann überhaupt umsetzbar, wenn sie von der Kultur im Unternehmen gestützt wird. Gleichzeitig muss Kultur aus der Sphäre des Ungreifbaren herausgehoben werden, denn sie ist nicht einfach da, sondern wird mit konkreten Schritten geformt und gepflegt.
Die ManpowerGroup nimmt sich immer wieder der Aufgabe an, Unternehmenskultur aktiv zu gestalten. Aus unseren Erfahrungen haben wir einen Leitfaden zusammengestellt, mit dem wir unsere Unternehmensstrategie durch unsere bereits vorhandene und unsere angestrebte Kultur vorantreiben.
Schritt 1: Ausrichtung an der Unternehmensstrategie
Am Beginn des Prozesses steht die Überzeugung, dass jede kulturelle Maßnahme Ihre allgemeinen Geschäftsziele unterstützen sollte. Wenn Strategie und Kultur ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen, steigt die Effektivität und Ressourcen können sinnvoll eingesetzt werden.
Um unser Unternehmen für die Zukunft gut aufzustellen, setzen wir neben einer Diversifizierung unseres Portfolios auch auf die Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse und treiben Innovationen gerade im Umfeld der Personalgewinnung aktiv voran. Um dies zielgerichtet tun zu können, benötigen wir eine Vielzahl an neuen Kenntnissen und Fähigkeiten im Unternehmen. Gleichzeitig müssen wir eine Kultur erschaffen, in der Weiterbildung, Offenheit für Neues und Diversity Platz haben. Denn nur so können wir unsere strategischen Ziele erreichen.
Schritt 2: Ermittlung der bestehenden und der idealen Kultur
„Kultur“ als abstraktes Konzept ist schwer zu greifen, aber die zugrundeliegenden Verhaltensweisen können konkret beobachtet und beeinflusst werden. Stellen Sie sich also die Frage, wie Sie als Unternehmen und wie Ihre Mitarbeitenden handeln können, um die Umsetzung Ihrer Strategie zu ermöglichen.
Um etwas zu verändern, muss man zunächst wissen, wo man steht. Dafür führten wir im März 2021 eine Umfrage, durch, um besser zu verstehen, wo die Organisation hinsichtlich der Kulturwerte steht und welche Entwicklungsschritte notwendig sind, um dort hinzugelangen, wo wir hin wollten. Das Ergebnis waren drei Verhaltensmerkmale, die wir fördern und unterstützen wollen:
- Collaboration
- Zusammenarbeiten über Abteilungsgrenzen, Länder und Marken hinweg
- Gezieltes Fördern individueller Lernfähigkeit
- Anti-Slow
- Zügig Entscheidungen treffen und schnell handeln
- Courageous Risk-Taking
- Misserfolge als Lerngelegenheiten nutzen
- Mutig, aber überlegt vorgehen und Risiken kalkuliert eingehen
Schritt 3: Umsetzungsstrategie entwickeln und befolgen
Jeder und jede Einzelne in einem Unternehmen ist für die Unternehmenskultur verantwortlich. Deshalb muss eine Methode her, um die neu identifizierten Verhaltensweisen zu etablieren und einzuüben. Zu diesem Zwecke können Sie diesen Kreislauf zugrunde legen: Das erwünschte Verhalten wird zunächst durch Handlungen modelliert. Anschließend werden bei allen Mitarbeitenden Verantwortlichkeit gefördert und Erwartungen bekräftigt. Diese Erwartungen werden durch Worte formuliert und dann wiederum modelliert.
Unverzichtbar sind dabei Multiplikatoren und Fürsprecher sowie Fürsprecherinnen in der Belegschaft. Das sind Teamleitende und Mitarbeitende, welche die Unternehmenskultur verstehen und sich für die Umsetzung der gewünschten Verhaltensweisen einsetzen, indem sie sie vorleben und andere dazu inspirieren, ähnlich zu agieren.
Konkret setzen wir unsere Kulturstrategie zum Beispiel um, indem diese Multiplikatoren sogenannte Sprints und Drills leiten:
- Sprints:
- Dauer von jeweils vier Wochen
- Bestehen aus mehreren Übungen, Diskussionen und Austausch
- Drills:
- Kleine, alltägliche Verhaltensexperimente
- Definieren und etablieren neue Wege des Redens, Entscheidens und Handelns
Während die Verhaltensweisen, die wir fördern wollen, den Mitarbeitenden in Form von Sprints nähergebracht werden, sind die Drills dazu da, sie einzuüben und in den Alltag zu integrieren. Die Übungen und deren Ergebnisse werden in einer App dokumentiert.
Schritt 4: Ressourcen zur Verfügung stellen
Damit Sprints und Drills – oder auch jede andere gewählte Vorgehensweise – erfolgreich und einheitlich umgesetzt werden, müssen für die Sprintleader und Multiplikatoren Ressourcen und Unterlagen kreiert werden. Stellen Sie zum Beispiel folgende Materialien im Intranet und in Workshops zur Verfügung:
- Briefing-Material und Hintergrundinformationen für Sprint Team-Mitglieder
- Playbook mit Beispiel-Übungen
- App zur Dokumentation und zum Austausch
- Ergebnisanalysen
- Regelmäßige Updates für Team-Leader und Teilnehmende
Schritt 5: Intern kommunizieren
Stehen das Ziel, die Strategie, die Vorgehensweise und die dazu notwendigen Ressourcen fest, müssen Mitarbeitende und Führungskräfte natürlich noch von deren Existenz erfahren und darüber informiert sein, was von ihnen erwartet wird und was auf sie zukommt. Interne Kommunikation holt die Kolleginnen und Kollegen ab und begeistert für das neue Konzept und die Übungsangebote. Präsentieren Sie sowohl Ihre Strategie als auch Ihre ermittelten Verhaltensweisen zum Beispiel neuen Mitarbeitenden in Onboarding-Events. Stellen Sie in einem Online-Portal Ihre Ziele und Begründungen transparent dar und bieten Sie dort Ressourcen an. Durch interne PR-Aktionen können Sie das Bewusstsein für Ihre Unternehmenskultur stärken. Optionale Weiterbildungen zum Thema in Ihrem Weiterbildungsportal sind ebenfalls eine Möglichkeit. Natürlich sollten die entsprechenden Schlüsselbegriffe auch in internen E-Mail-Signaturen, Postern und mit Intranet-Posts beworben und sichtbarer gemacht werden.
Wer Sinn und Ziel einer Unternehmenskultur vor Augen hat, kommt besser zum Ergebnis
Sowohl die Unternehmenskultur an sich als auch ihre strategische Umsetzung gelten letztlich dem Ziel, die Mission einer Organisation zu erfüllen. Im Falle der ManpowerGroup heißt das, Menschen in sinnvolle, nachhaltige Beschäftigung zu vermitteln.
Wie auch immer das Ziel für Ihr Unternehmen aussieht: Wer wettbewerbsfähig bleiben und Ressourcen schonen will, sollte Kultur und Strategie immer wieder miteinander in Einklang bringen, damit alle Abteilungen und Mitarbeitenden an einem Strang ziehen.
Natürlich ist kultureller Wandel ein kontinuierlicher Prozess, der sich, einmal angestoßen, stetig fortsetzt. Ein klarer Schlusspunkt lässt sich nicht setzen. Mit diesen Schritten, einem soliden Verständnis der Mentalität, die in Ihrem Unternehmen bereits vorhanden ist, und einer klaren Vision über die Verhaltensweisen, die Sie fördern und einüben wollen, sind Sie auf dem besten Weg zur erfolgreichen strategischen Umsetzung einer effektiven Unternehmenskultur.
Autor
Karen Hoyndorf ist Geschäftsführerin People & Culture bei der ManpowerGroup Deutschland. Über die Transformation der Unternehmenskultur in ihrer Personalberatung hat sie zuerst beim HR-Summit 2022 gesprochen.