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Eine Gradingstruktur für Transparency International

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Das Thema Funktionsbewertung hat in Deutschland bereits eine lange Geschichte, und die Praxis zeigt, dass fast alle DAX-Unternehmen über ein Funktionsbewertungssystem für die meisten Funktionen verfügen. In kleinen- und mittelständischen Unternehmen liegt diese Quote jedoch deutlich darunter. Dabei ist die Funktionsbewertung wie kein anderes HR-Managementinstrument Ausgangspunkt für strategische Personalarbeit.

 

Mit Hilfe der Funktionsbewertung werden die unterschiedlichen Wertigkeiten der unternehmenseigenen Funktionen ermittelt. Auf dieser Grundlage wird ein Ordnungsrahmen über die Gruppierung gleichwertiger Funktionen – eine sogenannte Gradingstruktur – geschaffen. Diese Gradingstruktur dient in vielen Unternehmen der Steuerung und Gestaltung von HR-Instrumenten, wie zum Beispiel Gehaltsbändern, Nebenleistungen, Karrieremanagement und Weiterbildung.

 

Für tarifgebundene Unternehmen existiert ein solcher Rahmen bereits für den tariflichen Bereich. Für die Abgrenzung zum außertariflichen Bereich reichen die Definitionen in den Tarifverträgen allerdings häufig nicht aus. Unternehmen nutzen daher die Funktionsbewertung als ein Instrument, um die Wertigkeitsunterschiede von Funktionen der höchsten Tarifstufe zu den außertariflichen Funktionen zu verstehen und voneinander abzugrenzen.

 

Darüber hinaus wird die Gradingstruktur für AT-Funktionen häufig mit einer Gehaltsbandsystematik verknüpft, um zusätzliche Transparenz zu schaffen. Denn über Transparenz und die Möglichkeit, Vergütungen innerhalb gewisser Grenzen zu vergleichen, verfügen in Deutschland meist nur die Arbeitnehmer, die tariflich vergütet werden. Dies traf 2014 laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung auf 60 Prozent der westdeutschen und auf 46 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmer zu. Arbeitnehmer, die keine tarifliche Vergütung erhalten, wie etwa die AT-Mitarbeiter, zweifeln oftmals an der internen Vergütungsgerechtigkeit. Die Verknüpfung der Gradingstruktur mit Gehaltsbändern wirkt internen „Vergütungsunstimmigkeiten“ entgegen, da sie sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch in der externen Kommunikation einen glaubwürdigen und fairen Umgang im Hinblick auf die Vergütungspolitik des Unternehmens dokumentiert. Negative Implikationen interner Vergütungsungleichheit oder nicht nachvollziehbarer Vergütungsstrukturen lassen sich auf diese Weise vermeiden, was auch die Wettbewerbsfähigkeit fördert.

 

Nachvollziehbare und als fair empfundene Vergütung ist insbesondere in Anbetracht der 2013 veröffentlichen Studienergebnisse des forsa Instituts relevant. Demnach empfinden fast 40 Prozent der Arbeitnehmer ihre Vergütung als ungerecht. Die Auswirkungen einer solchen wahrgenommenen Ungerechtigkeit wurden ebenfalls in zahlreichen Studien untersucht. Häufig steht fest, dass die Vergütungsungerechtigkeit nicht nur Folgen für das subjektive Empfinden hat, sondern sich auch direkt auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Umgekehrt erhöht eine als gerecht erachtete Vergütung nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern stärkt auch das Committent und die Identifikation mit dem Unternehmen. Das sind allesamt Faktoren, die sich substanziell auf die Leistungsbereitschaft und somit langfristig auf den Unternehmenserfolg auswirken.

 

Eine Gradingstruktur für alle Funktionen

 

Diese Vorteile hat auch Transparency International für sich erkannt. Die Organisation ist eine weltweit agierende Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Berlin, die sich in der nationalen und internationalen Korruptionsbekämpfung engagiert. Transparency International ist mit sogenannten Chaptern in mehr als 100 Ländern präsent, die das „International Secretariat“ mit Sitz in Berlin steuert bzw. unterstützt. Aufgrund ihres starken personellen Wachstums am Standort Berlin hat sich die Organisation 2012 mit der Herausforderung konfrontiert gesehen, interne HR-Strukturen und -Programme weiterzuentwickeln, um geregelte HR-Prozesse im Unternehmen zu implementieren und nachhaltig für Fairness und Transparenz in ihrer Personalpolitik zu sorgen. Mit Hilfe der PwC STRATA Funktionsbewertungsmethodik hat die Organisation gemeinsam mit PwC eine Gradingstruktur für alle Funktionen des „International Secretariats“ entwickelt sowie eine dazu passende Gehaltsbandsystematik erarbeitet.

 

Ein zentraler Vorteil der Einführung einer solchen Funktionsbewertungsstruktur liegt darin, Transparenz über die Inhalte und Wertigkeiten der in der Organisation vorhandenen Funktionen zu erhalten – nicht nur, aber vor allem auch für die Personalabteilung. Zunächst wurden dazu im Zuge detaillierter Funktionsbeschreibungen die einzelnen Aufgabeninhalte und -ziele aller Funktionen definiert. Sie dienen seither als fester Bestandteil des Arbeitsvertrags. Dann wurden die Funktionen anhand objektiver Kriterien miteinander verglichen.

 

Auf dieser Basis konnte im nächsten Schritt eine Gradingstruktur geschaffen werden, die die Funktionen nach ihrer Wertigkeit für die Organisation in sechs Stufen aufteilt. Diese Struktur wurde genutzt, um einheitliche Grundgehaltsbänder für die Organisation zu definieren und um die Titelstruktur zu harmonisieren. Hierdurch hat sich Transparency International für die Personalarbeit nicht nur mehr Struktur gegeben, sondern auch ein wichtiges Steuerungsinstrument für das Management geschaffen, wenn es etwa um Gehaltsentscheidungen im Rahmen von Neueinstellungen geht.

 

Neubewertungen einer Funktion werden bei Transparency International seither mit Hilfe eines Gradingteams, das aus der Personalabteilung, dem zuständigen Linienmanager und dem Betriebsrat besteht, gemeinsam durchgeführt. Das Unternehmen fühlt sich durch das Projekt in der Anwendung der Methode sehr sicher und kann das System eigenständig administrieren. Ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Etablierung einer Gradingstruktur ist die Unterstützung der Linienverantwortlichen sowie der Top-Führungskräfte der Organisation. Diese können dafür sorgen, dass sich alle gleichermaßen am Projekt beteiligen, die Qualität der Projektergebnisse sicherstellen und in Konfliktgesprächen mit Mitarbeitern in Bezug auf die Bewertungsergebnisse moderierend zur Seite stehen.

 

Darüber hinaus wird durch die Einbindung des Managements der Gefahr entgegengewirkt, dass die Funktionsbewertung als reines Instrument der Personalabteilung gesehen wird. Das Management lernt von Anfang an die Anwendungsgebiete des Instruments kennen und für die eigene Personalarbeit schätzen.

 

Offene Kommunikation als Erfolgsfaktor

 

Für Transparency International hat sich eine offene Kommunikation als erfolgskritisch erwiesen. Das liegt nicht nur an der offenen Unternehmenskultur. Der Betriebsrat war Teil des Projektteams und damit mitverantwortlich für die Projektergebnisse. Hierdurch konnte im Nachgang des Projekts zügig eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, da sich der Betriebsrat bereits im Laufe des Projekts von der Funktionsbewertungsmethode, ihrer Anwendung und den Projektergebnissen überzeugen konnte. Auch die Mitarbeiter fühlten sich durch die Anwesenheit des Betriebsrats gut vertreten, was für eine hohe Akzeptanz des Projektes gesorgt hat.

 

Darüber hinaus hat die Organisation viel Zeit investiert, mit jedem Mitarbeiter in Einzelgesprächen gemeinsam mit den jeweiligen Mitarbeiterverantwortlichen, Vertretern der Personalabteilung und optional mit dem Betriebsrat die Funktionsbeschreibung und das Bewertungsergebnis zu besprechen. Da Transparency International zum ersten Mal ein Stellenbewertungssystem sowie dazu passende Grundgehaltsbänder entwickelt hat, war es für die Organisation wichtig, externe Experten an der Hand zu haben, die sie in diesem Vorhaben praxiserfahren begleiten und unterstützen.

 

 

 

Annette Chemnitz,

Human Resources Manager,

TRANSPARENCY INTERNATIONAL

achemnitz@transparency.org

www.transparency.org

 

Katja Seitz,

Manager People and Organisation,

PwC AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

katja.seitz@de.pwc.com

www.pwc.de