Wenn es um die betriebliche Weiterbildung geht, unterscheidet sich die Wahrnehmung der Personalverantwortlichen zum Teil deutlich von der der Zielgruppen der Schulungen. Das zeigen die Ergebnisse des zweiten Teils des Learning & Development Monitors 2023, für den die europäische Lernplattform Studytube in Deutschland 693 HR-Verantwortliche, 452 Führungskräfte sowie 905 Mitarbeitende aus Unternehmen mit über 200 Beschäftigten befragt hat. So geben gut zwei Drittel (69 Prozent) der HR-Verantwortlichen an, dass ihr Unternehmen ein umfassendes Schulungsangebot bietet, aus dem Mitarbeitende und Führungskräfte auswählen können. Von den Führungskräften sieht das jedoch nur knapp die Hälfte (47 Prozent) so und bei Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung sind es mit 44 Prozent noch weniger.
Diese Diskrepanz ist laut der Studienersteller hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Belegschaft nicht ausreichend über Bildungsangebote informiert ist. Lediglich 43 Prozent der Führungskräfte sind der Ansicht, dass die Personalabteilung oft und transparent über Weiterbildungsmöglichkeiten informiert, und von den Mitarbeitenden hat sogar nur jeder dritte (33 Prozent) diesen Eindruck.
Weiterbildungsangebote werden zu wenig kommuniziert
Ebenfalls kritisch sehen viele HR-Verantwortliche die Zeit, die in ihrem Betrieb für Weiterbildung zur Verfügung steht. So finden immerhin 43 Prozent, dass in ihrem Haus zu wenig Zeit in Weiterbildung investiert wird. Was die vorhandenen Schulungsangebote und die Auswahl an Weiterbildungs-Tools angeht, ist die Mehrheit der Personalverantwortlichen aber davon überzeugt, selbst einen guten Job zu machen. Trotzdem räumen 60 Prozent von ihnen ein, dass ihre Belegschaft die Angebote zu wenig nutzt.
Das könnte daran liegen, dass die Weiterbildungsmöglichkeiten und -tools bei den Zielgruppen nicht ankommen. So erfolgt die Kommunikation zum Thema zumeist anlassbezogen und offline, am häufigsten nennt HR mit 56 Prozent Entwicklungs- und Beurteilungsgespräche und mit 52 Prozent Teambesprechungen. Digitale Kommunikation über das Intranet (49 Prozent) sowie Mailings und Lernplattformen (38 Prozent) rangieren erst dahinter. Dass das Weiterbildungsangebot nur teilweise digital einseh- und abrufbar ist, könnte laut Studie erklären, warum nur 46 Prozent der Mitarbeitenden und 55 Prozent der Führungskräfte das Weiterbildungsangebot für leicht zugänglich halten. Auch hier ist HR anderer Meinung: 70 Prozent der Personalverantwortlichen sind davon überzeugt, dass die Belegschaft die Angebote problemlos finden kann.
Zu wenig selbstbestimmtes Lernen
Auch hinsichtlich anderer Aspekte sieht HR die Weiterbildung in ihrer Organisation positiver, als sie von den anderen Befragten beurteilt wird. Unter anderem gehen 60 Prozent der HR-Verantwortlichen davon aus, dass das Feedback aus Entwicklungs- und Beurteilungsgesprächen als Grundlage für die Erarbeitung eines Schulungsplans für Mitarbeitende verwendet wird. Tatsächlich kann dies nur ein Viertel der Mitarbeitenden (26 Prozent) bestätigen und auch von den Führungskräften teilen nur 39 Prozent mit, dass sie dies in der Praxis für sich so erleben. Hier hapert es offenbar an der Vernetzung der Weiterbildung mit anderen HR-Systemen, so die Studie.
Auch in einem anderen Punkt stimmt die Sichtweise von HR nicht mit der der Belegschaft überein: 58 Prozent der Personalverantwortlichen sagen, dass Mitarbeitende mit und ohne Führungsposition selbst bestimmen können, wann und wie sie lernen möchten, während dies lediglich 35 Prozent der Mitarbeitenden und 40 Prozent der Führungskräfte bestätigen.
Handlungsempfehlungen für HR
Angesichts der Befragungsergebnisse rät die Studie HR dazu, zunächst die Wahrnehmungsunterschiede zu beseitigen. Es gelte, die Belegschaft über bestehende Weiterbildungsangebote und Schulungs-Tools zu informieren. Personalverantwortliche sollten ihre Weiterbildungsstrategien stärker kommunizieren, aber auch prüfen, wie gut die Angebote tatsächlich bei den Mitarbeitenden und Führungskräften ankommen. Letztlich müssten diese spüren, dass es sich lohnt, in die eigene Weiterentwicklung zu investieren und dass ihre Fortschritte von Personalverantwortlichen begleitet und evaluiert werden.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.