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Finden zwischen Ausbildern und ihren Auszubildenden keine oder hauptsächliche schlechte Gespräche statt, fühlen sich die jungen Menschen häufig nicht wertgeschätzt und machtlos, wie die Studie „Reden ist Gold“ des Soziologischen Forschungsinstituts (SOFI) ermittelt hat. Das sei außerdem einer der wesentlichen Gründe dafür, warum jedes Jahr fast ein Viertel der Lehrlinge ihren Vertrag vorzeitig lösen. Die folgenden sechs Regeln helfen Ausbildungsverantwortlichen dabei, zielführende und für beide Seiten fruchtbare Gespräche zu führen.
Regel Nummer 1: Hören Sie aktiv zu!
Aktives Zuhören bedeutet, sich auf den anderen einzustellen und zu versuchen, ihn wirklich zu verstehen. Wenn sich ein Auszubildender mit seinem Anliegen an Sie wendet, dann hören Sie ihm aktiv zu, indem sie
- alle anderen Tätigkeiten wie z. B. das Schreiben von E-Mails oder SMS einstellen,
- sich ihm zuwenden, als sei er jetzt der wichtigste Mensch, denn jetzt ist er der wichtigste Mensch,
- ihn voller Aufmerksamkeit anschauen,
- ihm Aufmerksamkeitssignale senden wie „Hm“, „Oje“, „Aha“ oder nicken,
- wichtige Aspekte gelegentlich spiegeln,
- nachfragen, wenn entweder Sie etwas interessiert oder ihm etwas besonders wichtig zu sein scheint
- und last but not least: Reißen Sie das Gespräch nicht an sich, sondern erlauben Sie sich zuzuhören.
Diese Art des Zuhörens öffnet Ihnen Türen bei Ihrem Auszubildenden. Er fühlt sich durch ihr aktives Zuhören wertgeschätzt. So erhalten Sie sein Vertrauen und stärken seine Bindung an das Unternehmen. Er wird sich auch in schwierigen Situationen gerne wieder an Sie wenden.
Regel Nummer 2: Stellen Sie Fragen!
Wenn Sie mehr über Ihre Auszubildenden erfahren möchten, dann fragen sie! Fragen signalisieren Interesse und sind der Weg zu neuen Lösungen. Von:
„Wie geht es Ihnen?“; „Wie war das Wochenende?“
über
„Wie kommt es, dass Sie den Kunden so behandelt haben?“
bis hin zu
„Wie können wir das Problem lösen?“, „Welche Möglichkeiten gibt es noch?“
sind Fragen das Werkzeug, um die Richtung eines Gesprächs zu bestimmen, tiefgründige Informationen zu bekommen und neue Wege zu entwickeln.
Das Problem beim Fragen sind die nichtgestellten Fragen:
„Ach, ich weiß schon, was der meint!“
Nein, das wissen Sie sehr wahrscheinlich nicht! Sie wissen, was Sie meinen zu wissen, und unterstellen unbewusst, dass Ihr Auszubildender genauso denkt, wie Sie vermuten!
Fragen Sie und hören Sie bei der Antwort aufmerksam zu, dann erreichen Sie schon große Erfolge Richtung Ziel.
Regel Nummer 3: Senden Sie Ich-Botschaften aus!
Sie machen es Ihrem Auszubildenden leichter, Sie zu verstehen, wenn Sie die Formulierungen „ich“ und „man“ richtig einsetzen. Viele Menschen verwenden das „man“, wenn sie von sich selber sprechen. „Man kann das so nicht machen.“ Ist eine ganz andere Aussage als „Ich möchte nicht, dass das so gemacht wird, weil…“.
Jemand, der die Formulierung „man“ verwendet, wenn er von sich spricht, übernimmt nicht die Verantwortung, für das, was er meint: „Da kann man sich wirklich aufregen“ formulieren Sie um in „Ich habe mich wirklich darüber aufgeregt“. Wenn Sie hingegen Allgemeinplätze formulieren, ist das „man“ durchaus angemessen. In dem Satz „In deutschen Kantinen grüßt man sich mit „Mahlzeit“ wird das „man“ korrekt verwendet, weil diese Aussage auf viele Kantinen in Deutschland zutrifft. Unterscheiden Sie bewusst, wann Sie tatsächlich Verallgemeinerungen verwenden wollen und in welchen Fällen es einfach nur bequemer scheint, den eigenen Standpunkt hinter Verallgemeinerungen zu verbergen.
Regel Nummer 5: Spiegeln Sie – aber bitte richtig!
Spiegeln bedeutet, die Aussagen Ihres Auszubildenden in eigenen Worten oder kurzen Zusammenfassungen wiederzugeben, so als würden Sie diesen Aussagen lediglich einen Spiegel vorhalten. Beim Spiegeln ist es wichtig, ganz genau hinzuhören und wirklich zu erkennen, was der andere meint, und nicht der eigenen Interpretation aufzusitzen. Ziel ist es, den anderen wertfrei zu verstehen. Vermeiden Sie also Bewertungen, Interpretationen oder auch Ihre eigene Meinung. All dies können Sie zu einem späteren Zeitpunkt äußern.
Der Vorteil dieser Technik ist, dass keine Missverständnisse entstehen und sich Ihr Schützling verstanden fühlt.
Sie können auf zwei Ebenen spiegeln: auf der Sachebene und der Gefühlsebene.
Auf der Sachebene spiegeln Sie Argumente, Meinungen, Fakten und inhaltliche Aussagen.
Formulierungshilfen, um die eigene Meinung herauszuhalten und nur zu spiegeln ohne zuzustimmen, sind z. B. folgende:
„Ich höre bei Ihnen heraus, dass…“
„Lassen Sie mich kurz zusammenfassen, um zu überprüfen, ob ich Sie richtig verstanden habe…“
„Ihnen ist also wichtig, dass…“
„So wie ich Sie verstehe, sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden …“
Auch Emotionen des Auszubildenden, die mitschwingen, können Sie vorsichtig aufgreifen. Mit Fingerspitzengefühl formuliert, stärkt dies die Vertrauensebene. Wenn die aus dem Untergrund störenden Gefühle benannt sind, kann sich der psychologische Nebel auflösen, und ein Arbeiten auf der Sachebene wird erneut möglich.
Mit folgenden Formulierungen können Sie Emotionen spiegeln:
„Sie sind traurig…“
„Sie sind enttäuscht, weil…“
„Sie scheinen mit unseren Vorschlägen nicht zufrieden…“
Ich habe den Eindruck, dass Ihnen damit noch nicht wohl ist…“
Vorsicht Falle: Die Technik des Spiegelns muss ernsthaft und mit Wertschätzung vorgenommen werden, sonst entsteht bei dem Auszubildenden möglicherweise das Gefühl, dass Sie sich lustig machen.
Regel Nummer 6: Geben Sie Feedback mit der WWW-Formel
Gerade in der Rolle als Ausbilder geben Sie sehr häufig Feedback, denn dies ist ein wesentliches Instrument in der Weiterentwicklung Erwachsener. Geben Sie Feedback zeitnah, persönlich unter vier Augen, wertschätzend und mit positiven Handlungsimpulsen für die Zukunft. An dieser Stelle hilft die einfache und doch hoch wirksame
WWW-Formel: Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch
- Beschreiben Sie konkret in Ich-Botschaften, was genau Sie wahrgenommen haben (Zahlen, Daten-Fakten) – keine Interpretationen.
- „Ich habe Sie vier Mal in den letzten zwei Wochen 15 Minuten zu spät kommen sehen.“ statt. „Junger Mann, mit dieser Einstellung wird das aber nichts mit der Karriere.“
- Beschreiben Sie genau, welche Wirkung diese Zahlen, Daten, Fakten auf Sie oder den Arbeitsprozess haben. „Das hat mich geärgert, da wir einen festen Arbeitsbeginn haben und keine Gleitzeit.“
- Formulieren Sie, was Sie sich für ein Verhalten in Zukunft wünschen. „Ich bitte Sie, zukünftig wieder pünktlich zu kommen oder in Ausnahmefällen mich telefonisch zu informieren. Wenn Sie private Probleme haben, können wir darüber sprechen.“
Durch diese Art, Feedback zu geben, wird Feedback zu einem sehr wertschätzenden, verbindlichen Werkzeug, das Rückmeldung konkret und fassbar gestaltet.
Autorin: Elke Meyer, Diplom-Pädagogin, DVNLP-Lehrtrainerin und Mediatorin BM, ist Trainerin, Beraterin und Coach für Unternehmen.
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