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Coronavirus und Dienstreisen: Dürfen Arbeitnehmer Reisen in Risikogebiete verweigern?

Generell schließt die Arbeitspflicht eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch beruflich veranlasste Dienstreisen ein. Eine Pflicht zu Auslandsreisen besteht grundsätzlich, wenn ein Arbeitsvertrag solche Reisetätigkeiten ausdrücklich vorsieht. Die Verweigerung einer Dienstreise durch den Arbeitnehmer kann bis zu einer Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber führen.

Sieht der Arbeitsvertrag hingegen Auslandsreisen nicht vor, bedarf eine beruflich veranlasste Reise oder ein längerer Einsatz im Ausland der Zustimmung des Arbeitnehmers. Wenn aber Dienstreisen normale Bestandteile einer Berufstätigkeit sind und der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer dazu auffordert, so ist dieser grundsätzlich verpflichtet zu reisen.

Allerdings lässt die reale Lage in der aktuellen Pandemie Reisetätigkeiten de facto oft nicht zu. In Deutschland fordern Politiker und Virologen dazu auf, privat und beruflich veranlasste Reisen auf das notwendige Minimum zu reduzieren, um das Virus in seiner Ausbreitung einzuschränken. In vielen Unternehmen sind Pandemiepläne in Kraft getreten, die für viele Beschäftige Homeoffice statt Büro oder Dienstreise vorschreiben. Auch gelten in vielen Ländern neue Reisebeschränkungen, der Flug- und der Bahnverkehr sind rund um den Erdball stark reduziert. Daraus leitet sich auch für Arbeitgeber hierzulande die Notwendigkeit ab, jede verordnete Dienstreise vorab genau zu prüfen.

Vor allem Reisen in Gebiete, die von der Pandemie besonders stark betroffen sind, sind zu hinterfragen, da die Mitarbeiter ihre Gesundheit dadurch gefährden würden. Hier muss der Arbeitgeber gemäß der Gewerbeordnung auch die Interessen des Arbeitnehmers bewahren, seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Beschäftigten erfüllen und dessen Gesundheit schützen. Das gilt vor allem für Dienstreisen in Quarantänegebiete oder in Regionen, für die das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung wegen des Infektionsrisikos ausspricht. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer das Recht, eine Dienstreise zu verweigern (§ 275 Abs. 3 BGB). Die Erbringung der Arbeitsleistung darf generell nicht in Verbindung mit großen Risiken für Leben oder Gesundheit der Beschäftigten stehen. Allerdings darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der unter den beschriebenen Umständen eine Dienstreise ablehnt, eine andere Arbeit zuweisen. Das Recht des Beschäftigten auf Vergütung gilt aber weiterhin (§ 615 BGB).

Das Verweigerungsrecht des Arbeitnehmers ist trotz Covid-19 und Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes nicht eindeutig und eng begrenzt. So sollte ein Beschäftigter eine Dienstreise auf keinen Fall einfach aus eigener Initiative absagen, ohne sich zuvor mit seinem Arbeitgeber abgestimmt zu haben. Handelt er ohne Abstimmung, können im Zweifelsfall arbeitsrechtliche Folgen drohen. Deshalb empfiehlt sich im Zweifelsfall vor einer angewiesenen Dienstreise in ein Risikogebiet oder ein Risikoland das direkte Gespräch mit dem Arbeitgeber sowie mit der Mitbestimmung. Gesonderte Reglungen gelten beispielsweise für medizinische Mitarbeiter oder für Katastrophenschutzorganisationen mit besonderen Arbeitsaufträgen in Risikogebieten.