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Ein Bühnenstar braucht mehr als Talent

Junge Schauspieler auf Buehne
Bild: izusek/istock

Die Proskenion Stiftung ist eine der führenden Institutionen im Bereich der Nachwuchs- und Begabtenförderung junger Theatermacher. Gründer und Vorstandsvorsitzender Lars Göhmann ist zugleich künstlerischer Leiter der zur Stiftung gehörenden Jugendakademie für Darstellende Künste in Lingen. Bundesweit ist er unterwegs, um begabte Kinder und Jugendliche in den Kunstbereichen Schauspiel, Musiktheater/Musical und Tanz/Tanztheater zu entdecken. Und gute Lehrer und Ausbildungsstätten. Denn die Suche nach den Nachwuchstalenten ist für Göhmann immer auch eine Suche nach Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche unter professionellen Bedingungen in Gesang, Tanz und Schauspiel schulen lassen können.

Jedes Jahr besucht der promovierte Theaterwissenschaftler bis zu 100 Vorstellungen von Schul- und Amateurtheatern sowie der Jugendclubs der Stadt- und Staatstheater. „Wir suchen zwar nicht gezielt nach Talenten, aber wir wollen den Nachwuchs im Auge haben“, erklärt er. Es kommt vor, dass er nach der Aufführung einen Darsteller anspricht, weil dieser gute künstlerische Anlagen zeigt und sein Bauchgefühl ihm sagt: Hier liegt eine Begabung vor, die gefördert werden sollte.
Weitaus häufiger freilich kommen die jungen Leute zu ihm. „Damit haben sie einen wichtigen Schritt getan“, sagt Göhmann, „nämlich von sich aus zu wollen.“ Dann stellt er Fragen: Was zieht sie zur Bühne? Wann haben sie ihre Leidenschaft wahrgenommen? Welche Rollen haben sie gespielt? Wie stellen sie sich ihre berufliche Zukunft vor? Was sind sie bereit, dafür zu tun? Denn der Superstar nur für eine Saison interessiert ihn nicht. „Wenn wir jemanden in unser Stipendienprogramm oder in die Jugendakademie aufnehmen, dann achten wir darauf, ob dieser Mensch verantwortlich mit seiner Begabung umgeht“, sagt Göhmann. „Im besten Fall begleiten wir ihn bis zur bestandenen Aufnahmeprüfung an einer Schauspiel- oder Musicalschule.“

Die Jugendakademie veranstaltet ein- bis zweijährige Förderlehrgänge sowie einzelne Masterclasses. Darin werden bis zu zwölf Jugendliche am Wochenende und in den Schulferien geschult: Schauspieltraining, Szenenstudium, Gesang, Tanz – die komplette Bandbreite der Arbeit künftiger Bühnendarsteller. Das Stipendienprogramm der Stiftung bietet eine sachbezogene Förderung in Form von Seminaren, Workshops oder Einzelunterricht im Bereich von Schauspiel, Tanz und Gesang. Die inhaltliche Ausrichtung der Förderung kann von den Bewerbern frei gewählt werden.

Lars Göhmann ist es ein Herzensanliegen, darstellerische Fähigkeiten zur Reife zu bringen. Talent sei eine Mischung aus Begabung, Interesse und Motivation, sagt er. Kinder und Jugendliche aus kulturinteressierten oder gar künstlerisch aktiven Familien hätten sicherlich einen Startvorteil. „Wir alle werden von unserem Umfeld geprägt“, sagt Göhmann, „das gilt für angehende Schauspieler genauso wie für angehende Manager.“ Naturgegeben sei gar nichts.

Auch ein begabter Mensch muss erkennen, was er kann, was er will und was er braucht, um sich gut entwickeln zu können.

Die spannende Frage laute: Wie können wir aus einer Begabung ein Talent entwickeln? Die Stiftung unterstützt und sensibilisiert den Bühnennachwuchs darin, seiner Leidenschaft Raum zu geben, hart und fokussiert zu arbeiten und sich bestens auszubilden, um eines Tages von der Kunst leben zu können. „Und ja, es kommt auch schon mal vor, dass jemand aus der Förderung herausfällt“, sagt Göhmann. „Wenn die Motivation nachlässt und der Arbeitseinsatz zurückgeht.“ Talent bestehe zu zehn Prozent aus Begabung und zu 90 Prozent aus harter Arbeit. Ohne Letztere, unterstreicht Göhmann, werde es nichts.

Autorin: Christine Demmer


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