Nach dem Vollzug des Brexits hat eine elfmonatige Übergangsphase begonnen. In dieser Zeit verhandeln die EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen. Dessen Eckpunkte sind noch nicht absehbar, die Unsicherheit ist derzeit hoch. Viele deutsche Expatriates in Großbritannien wissen nicht, ob sie im Land bleiben möchten und dürfen oder ob sie nach Deutschland zurückkehren werden.
Das ist das Ergebnis einer Studie, die Alexander Mohr, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, durchführte. Der Wissenschaftler befragte Expatriates dazu, was sie bewegen könnte, in Großbritannien zu bleiben oder in ihr Heimatland zurückzukehren. Daraus leitete er Tipps für Unternehmen ab, um Experten zu halten.
Unsichere Rechtslage bewegt Expats, das Land zu verlassen
Die Befragung unter 124 deutschen Wissenschaftlern in Großbritannien ergab, dass die Expats, die sich bereits vor dem Brexit-Votum gut integriert fühlten und zufrieden mit ihrer Arbeitsstelle waren, sich kaum vom Brexit beeinflussen lassen. Sie planen, weiterhin im Land zu bleiben. Dagegen sind Wissenschaftler, die nur wenige soziale Kontakte im Ausland haben, vielfach bereit, das Land zu verlassen.
Sie geben zudem oft an, ausländerfeindliche Ressentiments in Großbritannien wahrzunehmen, die durch die Brexit-Abstimmung beflügelt wurden. Ein weiterer Grund, das Land zu verlassen, ist die Unsicherheit über die eigene Lage. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, ob sie nach dem Brexit noch im Land arbeiten dürfen und welche rechtlichen Bedingungen für sie gelten. Sie suchen daher frühzeitig einen neuen Job außerhalb der Insel.
Unternehmen müssen handeln
Zurzeit leben rund drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien. „Für manche Branchen sind internationale Mitarbeitende besonders wichtig, weil der Bedarf an fachlicher Expertise oder bestimmten Fähigkeiten im Inland allein nicht gedeckt werden kann“, stellt Mohr fest. Der gebürtige Deutsche arbeitete selbst lange Zeit in Großbritannien.
Unternehmen und Organisationen, die auf die Expertise von Mitarbeitern aus dem Ausland angewiesen sind, rät er zu handeln. Vor allem sei es wichtig, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter unterstützen, sich im Gastland zu integrieren, ein soziales Netzwerk aufzubauen und sich wohlzufühlen, so sein Resümee.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.