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Globale Mobilität – sieben Herausforderungen für die Zukunft

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Die Versuchung ist groß, beim Thema Mobilität auf einfache Gegensätze zurückzugreifen: entsandte Arbeitskräfte (Expatriates) versus lokale Beschäftigte, internationale Entsendung versus lokale Arbeitsverträge, gastlandbasierte (Local Plus) versus heimatlandbasierte Vergütung (Balance Sheet). Doch die Welt der globalen Mobilität ist längst nicht mehr so schwarz-weiß, wie es die Gegensätze vermuten lassen.

 

Millennials treten ins Berufsleben ein, neue Technologien eröffnen neue Möglichkeiten, und kurzfristige Einsätze ersetzen zunehmend die traditionellen, auf längere Dauer angelegten Entsendungen. Angesichts dieses Wandels gilt es, die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf das Mobility-Management zukommen, zu kennen und zu meistern.

 

1. Herausforderung: Millennials und ihre Erwartungen

 

Jüngere Arbeitnehmer sind durchaus bereit, ins Ausland zu gehen und dort zu arbeiten, hegen aber im Gegenzug auch hohe Erwartungen in Bezug auf Lebensstil, Karrierechancen und Flexibilität. Metropolen und angesagte Städte wie London, Dubai oder Singapur sind bei den Millennials sehr beliebt. Im Fall von Entsendungen an problematische Zielorte, zum Beispiel in Niedrigkostenländer, fehlt hingegen oftmals das Interesse. Um Entsendungen in diesen Zielgruppen dennoch interessant zu machen, gilt es, deren Anforderungen zu berücksichtigen. Ein höheres Gehalt oder vage Zusagen zu künftigen Karrierechancen reichen da schon lange nicht mehr aus. Wichtig sind für die Millennials vor allem auch die Erfahrung, welche sie als Entsandte sammeln können, der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit sowie eine definierte Karriereplanung.

 

2. Herausforderung: Mobile Arbeitsplätze statt mobiler Arbeitnehmer

 

Bislang galt die Devise: Mitarbeiter folgen ihrem Arbeitsplatz. Inzwischen befassen sich die Unternehmen jedoch zunehmend damit, die Richtung umzudrehen, das heißt, den Arbeitsplatz dem jeweiligen Mitarbeiter folgen zu lassen. In anderen Worten: Arbeitnehmern werden mehr Möglichkeiten oder sogar Mitspracherechte eingeräumt, was den Arbeitsort und die Arbeitsgestaltung anbelangt. Dazu gehören flexible Arbeitsbedingungen, die Zunahme von Pendlereinsätzen, eine intensivere Nutzung von Frequent-Flyer-Programmen sowie komplett virtuelle Arbeitsplätze. An die Stelle des klassischen Expatriates, der von seinem Heimatland aus für das Unternehmen in ein Zielland entsendet wird, tritt ein hochgradig mobiler Expatriate-Gig-Mitarbeiter, der seine Expertise genau zu dem Zeitpunkt und genau an dem Ort zur Verfügung stellt, an dem sie gebraucht wird.

 

3. Herausforderung: Neue Formen der Entsendung

 

Angesichts der obengenannten Entwicklungen rücken längere Geschäftsreisen, Commuter und häufig reisende Mitarbeiter vermehrt in den Mittelpunkt. Diese Arten von internationaler Mobilität, die traditionell nicht in den Bereich Mobility fielen, bringen für die Unternehmen zahlreiche Herausforderungen mit sich – von Compliance-Fragen über steuerliche Aspekte bis hin zu einwanderungsrechtlichen Fragestellungen. Die Kon-trolle wird durch Koordinierungsprobleme, technische Einschränkungen und mangelnde Kooperation zwischen den Teams erschwert. Vielfach steht daher die Frage im Raum, ob es zukünftig zu den Aufgaben der Mobility-Funktion gehören soll, auch diese Mobilitätsformen zu steuern. Wo auch immer die Verantwortung letztendlich angesiedelt wird, eines lässt sich zweifelsfrei feststellen: HR-Verantwortliche und insbesondere Mobility-Experten sind aufgrund ihrer Erfahrung häufig besser für diese Aufgabe aufgestellt als andere Abteilungen und können reibungslose Prozesse eher sicherstellen.

 

4. Herausforderung: Freie und selbständige Mitarbeiter im Ausland

 

Der Wandel der Arbeitswelt hin zu flexiblen Arbeitsmodellen macht sich nicht nur im Wo, sondern auch im Wie bemerkbar. Anstatt im Heimatland angestellt und dann ins Gastland entsendet zu werden, bieten hochqualifizierte Arbeitskräfte ihre Leistungen zunehmend direkt im Gastland an und arbeiten als Locally Hired Foreigner zu lokalen Bedingungen. Zuweilen werden sie sogar als selbständige Auftragnehmer und nicht mehr als feste Arbeitnehmer beschäftigt. Dieser Trend ist seit vielen Jahren im Öl- und Erdgassektor zu beobachten, zeigt sich aber mittlerweile auch in anderen Branchen. Mobility-Manager sollten dies in den Entsendemodellen entsprechend berücksichtigen.

 

5. Herausforderung: Flexibilität und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

 

Die Gruppe der Millennials wünscht sich ein höheres Maß an Flexibilität innerhalb der Entsendekonditionen – so, wie sie es auch in anderen Bereichen des Lebens gewohnt ist. Daher versuchen viele Unternehmen entsprechend, die Wahlmöglichkeiten innerhalb der Entsenderichtlinien deutlich zu erweitern. Die Fürsorgepflicht als Arbeitgeber schränkt diese flexible Ausgestaltung allerdings oftmals ein: Bei problematischen Standorten muss die Flexibilität gegebenenfalls geringer ausfallen, um die Risiken für die entsandten Arbeitnehmer zu minimieren. So bedeutet zum Beispiel ein Fehlen von steuerlichen Ausgleichsregelungen nicht, dass ein Unternehmen sich überhaupt nicht um steuerliche Probleme der entsandten Mitarbeiter zu kümmern hat. Auch die Absicherung gegen Wechselkursschwankungen, die Unterstützung bei Versicherungsfragen sowie Entscheidungen, die die Altersvorsorge der Entsandten betreffen, fallen unter die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Zunehmende Flexibilität bedeutet somit auch eine Zunahme komplexer Themen im Bereich der Vergütung und der Benefits, über die mobile Mitarbeiter informiert werden müssen.

 

6. Herausforderung: Entsendungen für ältere Expatriates

 

Zwar bestimmen die Millennials die Schlagzeilen, tatsächlich aber haben wir es mit alternden Bevölkerungen und Erwerbstätigen zu tun – und zwar nicht nur in den Industrieländern, sondern auch in zahlreichen Schwellenländern. Dies spiegelt sich auch im Bereich Mobility wider: Viele Mitarbeiter in der Mitte des Lebens sind potenziell mobiler als jüngere Mitarbeiter mit Familie und finden die Idee durchaus reizvoll, vor dem Renteneintritt noch einmal ins Ausland zu gehen oder ihre Expertise international auf freiberuflicher Basis zur Verfügung zu stellen. Bestimmte Branchen, vor allem im Ingenieursbereich, greifen bereits jetzt auf ältere Mitarbeiter zurück oder haben sie sogar aus dem Ruhestand zurückgeholt. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen und auf andere Branchen übergreifen. Die Herausforderung besteht somit nicht nur darin, die Wünsche der Millennials zu berücksichtigen, sondern auch darin, eine Unternehmenskultur zu fördern, welche die Erfahrung älterer Mitarbeiter und deren Prioritäten einbezieht. Das Thema Altersvorsorge, oder besondere Bedürfnisse, zum Beispiel Pflege der Eltern, sollten ausreichend berücksichtigt werden.

 

7. Herausforderung: Der Umgang mit Diversität

 

Unternehmen, die bei der Entsendung von Mitarbeitern auf Diversität setzen, profitieren von einem größeren Talentpool, was im Zuge eines globalen War for Talents ein wesentlicher Vorteil ist. Doch was tun, wenn Diversität im Zielland eher unerwünscht ist? Dies beginnt bei der praktischen Frage, ob unverheiratete Paare in Länder entsandt werden können, in denen ein solcher Beziehungsstatus nicht akzeptiert wird, und reicht bis zu ernsthaften Bedenken im Zusammenhang mit der Nationalität, dem Geschlecht oder den sexuellen Präferenzen der Entsandten. Auch wenn entsandte Mitarbeiter bereit sind, gewisse Risiken einzugehen oder Nachteile in Kauf zu nehmen, müssen Arbeitgeber auch hier ihrer Fürsorgepflicht nachkommen. Unter Umständen können unterstützende Angebote, Schulungen zu kulturellen Besonderheiten und sorgfältige Planung helfen. In jedem Fall müssen diese Fragen jedoch antizipiert und offen diskutiert werden.

 

Ulrike Hellenkamp,

Principal, Mobility Practice Lead Central Europe,

Mercer

Ulrike.Hellenkamp@mercer.com

www.mercer.de

 

Olivier Meier,

Principal, Product Solutions Leader,

Mercer

Olivier.Meier@mercer.com

www.mercer.de