Zum dritten Mal hat das bundesweite „> Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ seine Mitgliedsbetriebe zum Stand der Integration von Geflüchteten befragt. An der Umfrage nahmen im Dezember und Januar 483 der zu diesem Zeitpunkt 1886 Mitgliedsunternehmen teil, darunter größtenteils kleine und mittelständische Betriebe. Insgesamt beschäftigen diese Unternehmen 5122 Geflüchtete.
Fast jedes zweite Mitgliedsunternehmen bildet Geflüchtete aus
Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (48 Prozent) bildet derzeit Geflüchtete aus; 2016 war es erst jeder dritte Betrieb. Die Ausbildung ist damit erstmalig die stärkste Beschäftigungsform geflüchteter Menschen. Darüber hinaus bereitet fast ein Viertel der Unternehmen (24 Prozent) Geflüchtete im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung (EQ) auf eine angehende Ausbildung vor.
Ausbildungsduldung gibt etwas mehr Planungssicherheit
Wie bereits in den beiden Vorjahren nannten die Unternehmen auch diesmal die Bürokratie und mangelnde langfristige Perspektiven hinsichtlich des Aufenthalts der Geflüchteten als größte Herausforderungen. Allerdings gibt es mit der im Integrationsgesetz beschlossenen Ausbildungsduldung, auch „3+2-Regelung“ genannt, die Möglichkeit, dass Geflüchtete für die Dauer der gesamten Ausbildung eine Duldung erhalten und im Anschluss eine Aufenthaltserlaubnis für zwei darauffolgende Berufsjahre bekommen. Damit haben die ausbildenden Betriebe etwas mehr Planungssicherheit. Inzwischen hat rund jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) Erfahrungen mit der Ausbildungsduldung gemacht. Diese Betriebe bewerten ihre Erfahrung auf einer Skala von eins (sehr negativ) bis zehn (sehr positiv) im Schnitt mit sechs, also eher neutral bis positiv.
Unternehmen engagieren sich auch außerbetrieblich
Die Ausbildung geflüchteter Menschen bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich: Fast 40 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass die Bewältigung der Berufsschule für Menschen mit Fluchthintergrund sehr schwierig sei. Mehr als jeder zweite Betrieb bietet deshalb Nachhilfeunterricht für Auszubildende an. Insgesamt reicht das Engagement der Unternehmen weit über innerbetriebliche Unterstützung hinaus. So helfen 59 Prozent der Studienteilnehmer den Geflüchteten bei Behördengängen, 47 Prozent unterstützen bei Behördengängen, 45 Prozent bei der Wohnungssuche und 34 Prozent bieten Mentoren- oder Patenprogramme an. Mehr als jedes dritte Unternehmen hilft bei der Integration ins Umfeld, etwa indem sie geflüchtete Menschen in Vereine einbeziehen. Überall dort, wo die Betriebe selbst aktiv werden können, beispielsweise bei der Vermittlung von Sprachkenntnissen oder bei der kulturellen Integration ins Unternehmen, nehmen sie auch weniger Hürden wahr.
Praktikanten bilden nach Azubis die zweitstärkste Gruppe
Die Unternehmen bilden nicht nur vermehrt Geflüchtete aus, sondern beschäftigen sie auch öfter als Fach- und Führungskräfte: Heute arbeiten in 19 Prozent der befragten Betriebe Fachkräfte und in zwei Prozent Führungskräfte – doppelt so viele wie 2016. Dennoch bilden diese Gruppen nach wie vor die Minderheit. 41 Prozent der Unternehmen beschäftigen Geflüchtete im Praktikum und 27 Prozent als Hilfsarbeiter. Für dieses Jahr gab jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) an, dass die Zahl der Geflüchteten in der Belegschaft voraussichtlich gleich bleiben wird, 21 Prozent gehen von einem Zuwachs aus. Lediglich vier Prozent wollen weniger Geflüchtete beschäftigen, die restlichen Betriebe können es noch nicht abschätzen.
Einschätzung der Kompetenzen und Qualifikationen eher schwierig
Erstmals wurden die Studienteilnehmer auch zur Einschätzung der Qualifikationen und Kompetenzen geflüchteter Menschen befragt. Fast 40 Prozent antworteten, dass sie dies als schwierig, aber machbar ansehen. Mehr als ein Viertel empfindet die Einschätzung der Kompetenzen als kleine Herausforderung an und ein Viertel betrachtet sie als sehr schwierig.
Einstellungsgründe: von sozialer Verantwortung bis Imagepflege
Als Grund, warum sie Geflüchtete auszubilden oder beschäftigen, gaben 80 Prozent der Betriebe an, dass sie soziale Verantwortung übernehmen wollen. Rund zwei Drittel (65 Prozent) sehen es als notwendig an, um dem Fach- und Hilfskräftemangel entgegenzuwirken. 37 Prozent sagten, dass sie die kulturelle Vielfalt nutzen wollen und 18 Prozent möchten das eigene Image steigern.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.