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Künstliche Intelligenz: Leitfaden für digitale Bewerbergespräche

Schon vor der Corona-Krise haben Unternehmen Bewerberinterviews mit Videotechnologie unterstützt. Seit dem Lockdown hat sich dieser Trend verstärkt. Doch bei virtuellen Vorstellungsgesprächen muss nicht nur die Internetverbindung stabil sein. Es gibt auch weitere Herausforderungen für Bewerber und Personaler.

Mit digitalen Tools können Unternehmen nicht nur die Bewerber kennenlernen und deren Eignung diagnostizieren, sondern auch deren Stimme und Mimik mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) analysieren. Daraus können sie Rückschlüsse auf die Eignung des Kandidaten für eine bestimmte Stelle ableiten.

Doch trotz des technologischen Fortschritts sind viele digitale Tools nicht ausreichend entwickelt. KI und die dahinter steckenden Algorithmen sind häufig weder transparent noch frei von Diskriminierung. 

Standard soll Qualität sichern

Durch eine DIN SPEC will nun ein Konsortium praxisbezogene und personaldiagnostische Mindestanforderungen an videobasierte Methoden der Personalauswahl festlegen. Das Konsortium hat sich bereits im Jahr 2019 zusammengefunden. Ihm gehören sowohl Mitglieder aus dem Anbieter- als auch dem Arbeitgeberumfeld an. Vertreten sind unter anderem Universitäten und Hochschulen, Unternehmen, Berater sowie ein Prüflabor.

Die Standards sollen sowohl bei herkömmlichen als auch bei KI-gestützten Verfahren zur Personalauswahl herangezogen werden können, sei es bei Live-Videointerviews, aufgezeichneten strukturierten Videosequenzen, aufgezeichneten unstrukturierten Videobewerbungen oder Videolebensläufen.

In dem neuen Leitfaden sollen Regeln festgehalten werden, an denen sich Unternehmen freiwillig orientieren können. Dazu gehört, dass ein Bewerber vor dem Gespräch Zeit bekommen sollte, sich mit der Technik vertraut zu machen. Außerdem soll festgeschrieben sein, dass ein Unternehmen kein Tool wählen sollte, durch das Bewerber ausgeschlossen werden, die nicht über die entsprechende Technik verfügen.

Die DIN SPEC soll den Standard der DIN 33430 „Anforderungen an berufsbezogene Eignungsdiagnostik“ ergänzen. Diese Norm beschreibt, welche Informationen ein Personaler im Laufe des Bewerbungsprozesses erfragen und welche Merkmale ein Unternehmen mit Blick auf die avisierte Tätigkeit eines Bewerbers prüfen darf.

KI kann Personalauswahl beschleunigen

Das Konsortium ist überzeugt, dass digitale Tools die Personalauswahl verbessern und beschleunigen können. Allerdings gibt es noch Entwicklungsbedarf.

Darüber hinaus bestehen auch Risiken, wenn KI im Bewerberprozess eingesetzt wird, beispielsweise Diskriminierung von Bewerbern durch KI. Dieses Risiko kann jedoch auch bei persönlichen Einstellungsgesprächen nicht ausgeschlossen werden.

Auch gibt es kein Patentrezept für technische Schwierigkeiten, die während eines Videogesprächs auftreten können. Diese können zu Informationslücken bei einem Gesprächspartner oder auch zu negativen Stimmungen bei Kandidat oder Personalmanager führen. 

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das Portal Total Rewards sowie um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.