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Nachfolge bei Hidden Champions meistern

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Viele inhabergeführte Familienunternehmen haben sich aus kleinen Strukturen heraus im Markt positioniert und international organisiert. Auf diesem Weg können aber auch Einschnitte anstehen, beispielsweise eine Nachfolge an der Unternehmensspitze. Dann müssen die bestehenden Führungsstrukturen der gewachsenen Organisation und komplexe Steuerungsanforderungen einander angepasst werden.

 

Auch sind personen- und einzelfallbezogene Personalentscheidungen zu systematisieren und zu objektivieren. Personalprozesse, die bislang wenig professionalisiert wurden, sind zur Sicherung der Attraktivität der Arbeitgeber und der bedarfsgerechten Verfügbarkeit qualifizierter Führungskräfte und Spezialisten zu entwickeln und international auszurollen. Das internationale Wachstum hat mitunter quasi Fürstentümer in einzelnen Ländern hervorgebracht. Deshalb sind die lokalen Geschäftsführer entsprechend ihrer Bedeutung und Rolle in die neue Konzernstruktur zu integrieren. Gleiche Funktionen in verschiedenen Ländern sollten auch in heterogenen Gesellschaftsstrukturen vergleichbar gemacht werden. Oft passen die Titelstrukturen im Konzerngefüge wenig zusammen.

 

Zur Vorbereitung der Nachfolge für die nächste Eignergeneration oder ein familienexternes Management sind in Familienunternehmen zunächst klare Führungsstrukturen und Funktionsstufen Voraussetzungen, um das Unternehmen erfolgreich zu steuern. Um als Arbeitgeber weiterhin attraktiv zu bleiben, bedarf es lukrativer, marktgerechter Vergütungspakete und Regelungen, die den einzelnen Stellen angemessen sind. So gelingt es, Führungsnachwuchs zu entwickeln, Fachkräften Karriereperspektiven aufzuzeigen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Gerade inhabergeführte Unternehmen benötigen nach einem rasanten Wachstum einen klaren Rahmen für die Geschäftsmodelle und Prozesse von morgen.

 

Systematische Stellenbewertung

 

Mit der Stellenbewertung können objektive, nachvollziehbare Maßstäbe etabliert werden, um die Wertigkeit einer Funktion zu bestimmen. Das bedeutet die Abkehr von Förderprinzipien in Abhängigkeit von guten Beziehungen zu den Inhabern oder von einem individuellen, anlassbezogenen Vorgehen. Aufgrund der Stellenbewertung lassen sich vergleichbare, durchgängige Führungskreise im In- wie im Ausland definieren. Damit wird das Unternehmen leichter steuerbar, der internationale Personalaustausch gelingt besser, und interne Karrieren werden befördert.

 

Gerade für die Gewinnung, Bindung und Motivation des mittleren Managements ist es wichtig, diese Gruppe funktionsgerecht zu strukturieren und angemessen sowie leistungsgerecht zu vergüten. Dazu zählt, die variable Vergütung nach systematischen, leistungsbezogenen Regelungen je Funktionsstufe zu bemessen. Gerade inhabergeführte Unternehmen vergeben variable Bezüge noch intransparent. Dabei sollten auch Nebenleistungen wie Dienstwagen und betriebliche Altersversorgung klaren, nachvollziehbaren Funktionsabstufungen folgen und marktgerecht ausgestaltet sein.

 

Nutzen der Stellenbewertung

 

Um mit der Stellenbewertung Maßstäbe für die Bestimmung der Wertigkeit von Funktionen zu etablieren, kommt es in Familienunternehmen auf transparente und nachvollziehbare Bewertungsverfahren an, die pragmatisch umzusetzen sind und einen hohen Businessbezug haben. Mit den Kriterien Beteiligung im Strategieprozess, Rolle einer Funktion in den Geschäftsprozessen, finanzielle Steuerungsverantwortung, Führungsaufgabe und kommunikative Rolle einer Funktion wird der Gesamtbeitrag einer Stelle zum Geschäftserfolg betrachtet.

 

Auf der Basis dieser Stellenwertigkeiten lassen sich Stellen gleicher Bedeutung Funktionsstufen zuordnen und durchgängige Führungskreise festlegen. Der Nutzen liegt in der Vergleichbarkeit von Management-ebenen unterschiedlicher Bereiche und Organisationseinheiten. Eine spannende Frage ist die Wertigkeit von Landesgeschäftsführern im Vergleich miteinander und im Vergleich zu Führungsfunktionen in der Muttergesellschaft. Auch die Titelvergabe lässt sich weltweit an die Funktionsstufen binden, wobei eine Differenzierung nach Jobfamilies denkbar ist. Mit der Strukturierung der Führungskreise, die strikt an die Bedeutung der Funktionen für das Geschäft gebunden ist, wird eine Plattform für die effektivere Führung und Steuerung geschaffen.

 

Mittleres Management

 

Die Strukturierung des mittleren Managements und der außertariflicher Funktionen wie hochwertiger Spezialisten überwindet gewachsene Strukturen. In der Vergangenheit wurden oft Träger von Fachfunktionen zu Führungskräften ernannt, um ihnen eine Perspektive und Vergütung zu bieten, die mangels eines Fachlaufbahnkonzepts nicht anders herzuleiten war. Die Strukturierung der außertariflichen Funktionen nach Stellenwertigkeit in mehrere Funktionsstufen ermöglichen korrekte Marktvergleiche, um wettbewerbsfähige Vergütungspakete festzulegen.

 

Das mittlere Management und die entsprechenden außertariflichen Fachfunktionen sind für die Zukunft des Unternehmens besonders wichtig, da sie quasi den Transmissionsriemen zwischen Strategie und Geschäftsergebnis darstellen. Mit der Berücksichtigung der Rolle in den Geschäftsprozessen als Bewertungskriterium wird dem Beitrag dieser Gruppe besondere Rechnung getragen. An die Funktionsstufen werden marktfähige Vergütungsbänder mit fixen und variablen Anteilen sowie die Regelung der Nebenleistungen geknüpft. Damit werden die Pakete durchgängig für eine Wertigkeitsebene vergleichbar und folgen international gleichen Prinzipien. Im Ausland gelten häufige lokal unterschiedliche Vergütungsniveaus und landesübliche Nebenleistungen.

 

In vielen gesellschaftergeführten Unternehmen stellt die Systematisierung der variablen Vergütung eine Herausforderung dar, wusste der Inhaber doch bislang meistens aus persönlicher Kenntnis, wen er für besondere Leistungen zu belohnen hatte. Ein modernes, der Rolle und Wertigkeit entsprechendes Performancemanagement ist ein unverzichtbares Steuerungs- und Anreizinstrument. Ein nach Hierarchieebenen abgestufter variabler Anteil und ein entsprechendes Verhältnis von Unternehmenserfolg zu persönlichen Geschäftszielen als Bemessungsgrundlagen der variablen Vergütung gelten als gute Praxis.

 

HR-Management professionalisieren

 

Stellenbewertung mit der Festlegung von Führungskreisen bzw. Funktionsstufen kann auch als Basis für das gesamte HR-Management dienen. Ein weiterer Nutzen der Stellenbewertung liegt in der Prüfung der Führungsorganisation und der Strukturen in Familienkonzernen. Die Bewertung und die dafür nötige Jobanalyse hinterfragen die Rollenbilder und die Verankerung der Stellen in der Organisation, ihre Querbeziehungen und ihr Verantwortungsumfang. Auch klärt sich die Frage, ob der Funktionsinhaber und seine Leistung den Anforderungen gerecht werden.

 

Erfolgsfaktoren bei der Durchführung und Einführung der Stellenbewertung in Familienunternehmen sind ein klarer Prozess, die Einbindung der Gesellschafter(-Geschäftsführer)-Ebene und der ersten Managementebene, ein pragmatisches Vorgehen, verständliche Regeln und ein klarer Nutzen. Familieneigentümer möchten Transparenz über das Vorgehen haben. Hier helfen die Vermittlung des Bewertungsverfahrens und der Vorgehensweise und ein gut erklärbares, nachvollziehbares Bewertungsmodell. In die Analyse der Jobs ist neben der HR-Funktion auch die obere Führungskräfteebene, die Geschäftsbereichsleiter, einzubinden. Oft existieren keine belastbaren Stellenbeschreibungen, so dass ein intensiver Informationsaustausch der Verantwortlichen erforderlich ist. Ein bewährtes Vorgehen ist die vertikale Abstimmung mit den jeweils zuständigen Bereichsleitern, bevor eine horizontale Abstimmung mit Eignern und allen Bereichsleitern ansteht.

 

Dr. Hans-Georg Blang

Mitglied der Geschäftsleitung/Director und Partner

Kienbaum Management Consultants GmbH

hansgeorg.blang@kienbaum.de

www.kienbaum-compensation.com