Unsere Titelgeschichte in Ausgabe 03/2013 der Personalwirtschaft zeigt: Business Coachs gibt es viele – doch neben echten Sparringspartnern tummeln sich jede Menge Schaumschläger, Schauspieler und schwarze Schafe. Wie lässt sich da die Spreu vom Weizen trennen? Eine Checkliste für Personalmanager.
Die Auswahlkriterien: Was zeichnet einen guten Coach aus?
1. Persönlichkeit
Grundlegend für die Arbeit eines Coachs ist seine Persönlichkeit. Persönliche Reife und Klarheit, Analyse- und Kritikfähigkeit und ein hohes Maß an Reflexion, Offenheit und Empathie sind Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Arbeit des Coachs. Identifizieren Sie im Vorfeld, welche persönlichen Eigenschaften für Ihr Unternehmen und die avisierten Coaching-Situationen von größtem Belang sind. In persönlichen Gesprächen, Testcoachings und strukturierten Fallbeispielen kommen Sie dem Wesen des jeweiligen Anbieters näher.
2. Persönlicher Klärungsprozess
Ein Coach, der als Sparringspartner den Spiegel vorhält, sollte selbst einen umfassenden Coaching- oder Therapieprozess durchlaufen haben und darüber einen Nachweis führen können. Wenn es auch hierfür keinen Standard gibt, sind 20 bis 30 Sitzungen ein solider Indikator. Der Hintergrund: Wer einmal eigene „Baustellen” aufgeräumt hat, dem fällt es leichter, sich in jemanden hineinzuversetzen, der diesen Weg noch zu gehen hat. Und: Der Coach behält auch bei sehr persönlichen Coaching-Anlässen die nötige professionelle Distanz und Neutralität.
3. Ausbildung und Studium
Zur Grundausbildung eines Coachs gehört idealerweise ein Hochschulabschluss. Unabhängig vom Studienfach manifestiert sich damit die Fähigkeit zur konzentrierten Analyse, zum Perspektivwechsel und zum Querdenken. Auch die Qualität, Begonnenes zu einem erfolgreichen Ende zu bringen, ist für einen Coach entscheidend. Psychologiestudium und Therapieausbildung sind wertvolle Assets, dennoch sind sie sind keineswegs zwingend: Nicht die Diagnostik steht beim Coaching im Zentrum, sondern die ganzheitliche Betrachtung.
4. Coaching-Ausbildung
Das „Handwerkszeug” vermittelt die Coaching-Ausbildung. Doch nach wie vor gibt es keine einheitlichen Standards – rund 300 Anbieter bieten Zertifikate unterschiedlichster Güte an. Lassen Sie sich deshalb unbedingt belegen, welche Standards in Bezug auf Umfang, Inhalte und Praxisanwendung hinter dem jeweiligen Zeugnis stecken. Eine seriöse Ausbildung umfasst mindestens 200 Zeitstunden – davon mindestens zur Hälfte praktische Übung –, wird von mindestens zwei Ausbildern geleitet und schließt mit einer Prüfung ab.
5. Berufs-, Führungs- und Branchenerfahrung
Ein Business Coach muss ein generelles Verständnis für die Abläufe in Unternehmen und Organisationen mitbringen. Deshalb ist profunde Berufserfahrung unabdingbar. Ein wesentlicher Zug von Coaching ist, dass es „auf Augenhöhe” geschieht. Wer als Coach ernst genommen werden will, muss aus Erfahrung schöpfen können; wer Führungskräfte coachen will, sollte auf ihrem Stuhl gesessen haben, ihre Herausforderungen kennen. Spezielle Branchenkenntnis kann in einigen Fällen helfen, ist aber keine Grundvoraussetzung.
6. Thematische Spezialisierungen
Der Coaching-Markt zergliedert sich. Die Anbieter positionieren sich durch thematische Spezialisierung. Für Sie als Klienten ist das umso besser: Sie können für die unterschiedlichsten Anlässe thematische Experten akquirieren. Von Konfliktmanagement bis Burn-out-Prävention, von Work-Life-Balance bis Outplacement – je spezieller Ihr Coaching-Anlass, desto effektiver ist es, einen Spezialisten zu Rate zu ziehen. Fragen Sie nach, worauf sich der Coach spezialisiert hat und welche Kompetenzen ihn konkret qualifizieren.
7. Fort- und Weiterbildung
Stillstand ist Rückschritt – besonders in einem so wissensintensiven und auf persönliche Veränderung fokussierten Feld wie dem Coaching. Konsequenterweise ist ständige Fort- und Weiterbildung für seriöse Coachs unerlässlich. Auch die führenden Berufsverbände fordern dies von ihren Mitgliedern ein. Fragen Sie im persönlichen Gespräch nach, welche Weiterbildungen absolviert wurden und lassen Sie Nachweise erbringen. Auch die Auskunft darüber, welche Fortbildungen in nächster Zeit geplant sind, kann wichtige Erkenntnisse bringen.
8. Supervision
„Sed quis custodiet ipsos custodes? – Aber wer wird über die Wächter selbst wachen?“. Dieser mahnenden Frage von Juvenal wird im Coaching neues Leben eingehaucht. Der Begriff der „Supervision“ kommt ursprünglich aus den klassisch psychosozialen Berufen und ist dem Lateinischen entlehnt: „Über-Blick“. Ein entsprechend qualifizierter Supervisor blickt auf die Arbeit des Coachs und hilft, sie zu prüfen und zu verbessern. Wichtige Fragen für Sie als potenziellen Einkäufer: Wie oft, von wem und in welchem Rahmen lässt sich der Coach supervidieren?
9. Ethik im Coaching
Coaches nehmen, wenn auch zumeist indirekt, Einfluss auf Menschen. Daher haben sie eine besondere Verantwortung. Seriöse Verbände haben entsprechende Ethik-Kodizes. Wichtige ethische Grundlagen des Coachs müssen sein: Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit des Klienten, Vermeidung von Rollenkonflikten und privatem Kontakt zum Klienten sowie Transparenz im Coaching-Prozess. Zentral ist zudem die Achtung der Grenzen der eigenen Disziplin und der eigenen Fähigkeiten.
10. Zertifizierungen durch Verbände
Coaching-Verbände zertifizieren ihre Mitglieder. Da die seriösen Verbände auf relativ einheitliche Mindeststandards setzen, ist die Verbands-Zertifizierung ein zusätzliches Kriterium, auf das Sie achten können. Aber Vorsicht! Ein Verbands-Siegel macht noch lange keinen guten Coach. Viele Coachs entscheiden sich bewusst gegen die Aufnahme in einen Verband. Sie wollen unabhängig bleiben. Daher kann die Verbandszugehörigkeit immer nur ein Punkt unter vielen sein. Siehe hierzu auch unsere Übersicht „Coaching-Verbände”.
11. Passung Coach und Unternehmen
Der beste Coach nützt Ihnen wenig, wenn er nicht zu Ihrem Unternehmen passt: Die gemeinsame Basis muss stimmen. Das betrifft einerseits Ihre Unternehmenswerte, -kultur und -philosophie. Kann sich der Coach in diese wichtigen Aspekte einfühlen, sie bedienen und gegenüber den Coachees vertreten? Doch auch die Unternehmensgröße, die Organisationsform oder in einigen Fällen die Branche können zu Ausschlusskriterien werden, wenn sich der Coach auf ganz andere Bereiche spezialisiert hat.
12. Passung Coach und Mitarbeiter
Zwischen Coach und Coachee muss die persönliche Ebene stimmen. Taugt der Coach als „Role Model“? Kann er auf Augenhöhe mit dem Coachee kommunizieren? Und: Stimmt die Chemie zwischen den beiden? Es ist Ihre Verantwortung, beide Parteien so gut zu kennen, dass Sie dem Coachee einen entsprechenden Coach vorschlagen können. Ein Testcoaching ergibt dann, ob Vertrauen und gegenseitige Offenheit gegeben sind und das Erfolgspotenzial positiv eingeschätzt wird. Klären Sie dies im gemeinsamen Gespräch. (cl)
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