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So begeistern Unternehmen Jugendliche (wieder) für die duale Ausbildung

Füße stehen vor einer Straßenbeschriftung Azubi
Bild: © bluedesign – Fotolia.com

Eines dürfte schon jetzt klar sein: Imagekampagnen allein werden das Problem der rückläufigen Ausbildungsinteressenten nicht lösen. Wollen Unternehmen dafür sorgen, dass ihnen weiterhin Fachkräfte zur Verfügung stehen, müssen sie sich vor allem um die betriebliche Ausbildung selbst Gedanken machen. Es geht um die Frage: Welche Anreize würden Jugendliche veranlassen, sich für eine betriebliche Ausbildung zu entscheiden? Die Qualität der Ausbildung rückt damit in den Blickpunkt – es geht um Perspektiven und die Erwartungshaltung der Jugendlichen, um attraktive Inhalte sowie um zeitgemäße Lernformate.

Ausbildungsmarketing als zentraler Baustein

Den Unternehmen bietet sich eine Vielzahl an Strategien, um Ausbildungsplätze zu besetzen. Zunächst sind mehr Anstrengungen beim Ausbildungsmarketing erforderlich. Die Betriebe müssen dort präsent sein, wo Jugendliche nach Ausbildungsstellen suchen, sprich: im Internet und hier insbesondere bei Google. Mit der Eingabe des Ausbildungsberufs in Kombination mit einem Ort begeben sie sich dort auf die Suche. Suchmaschinenoptimierung gehört daher zu den zentralen Aufgaben. Durch Verwendung beider Begriffe, des Ausbildungsberufs und des Ausbildungsortes, lässt sich die Stellenausschreibung für die Google-Suche optimieren. Die beiden Begriffe sollten dabei sowohl im Titel der Stellenausschreibung als auch im Haupttext (am besten mehrfach) Verwendung finden. Darüber hinaus gehören sie in den Title-Tag sowie die Meta-Description der Unternehmensunterseite, wo die Stellenausschreibung veröffentlicht ist.

Besonders erfolgversprechend ist auch das Empfehlungsmarketing. Niemand anders als ein Auszubildender selbst kann glaubwürdiger die Botschaft von der Attraktivität des Unternehmens und der Ausbildung nach außen tragen. Positive Statements von Auszubildenden auf der Website, in Stellenanzeigen oder im Ausbildungsblog steigern den „Anwerbungserfolg“ – ebenso wie gute Noten auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu. Auch auf regionalen Ausbildungsmessen sind zufriedene Auszubildende das beste und werbeträchtigste „Aushängeschild“ für den Messestand.

Jugendliche besser erreichen – durch überzeugende Erlebnisse

Überhaupt sollten Unternehmen bei der Berufsorientierung neue Wege beschreiten und auf den Erlebnischarakter setzen. Ein Betrieb des Hotel- und Gaststättengewerbes etwa könnte Praktikanten und Ausbildungsinteressenten zeigen, wie man Cocktails mixt. Eine weitere Möglichkeit, „Digital Natives“ mit spielerischen Elementen anzusprechen, ist das Recruitainment – ein Mix aus E-Recruiting und Infotainment. Dabei kommen Gamification-Elemente zum Einsatz, die Schulabsolventen über einen Interessenstest und ein Ranking dazu passender Ausbildungsberufe einfangen.

Auf individuelles Recruitainment haben sich HR-Software-Entwicklungsagenturen spezialisiert. Unternehmen, die sich entsprechende Investitionen nicht leisten wollen oder können, haben immerhin die Möglichkeit, auf ihren Ausbildungsseiten auf frei nutzbare Selbsterkundungs- und Berufswahlangebote zu verweisen und dorthin zu verlinken.

Bei der Arbeitgebermarke auf Zielgruppenorientierung zu achten, zahlt ebenfalls auf die Attraktivität ein. Aus Studien ist bekannt, dass Jugendlichen der Spaß am Beruf, das Betriebsklima sowie Lob für gute Arbeit wichtig sind. Gerade kleineren Unternehmen bietet sich die Chance, in diesen Bereichen zu punkten. Als Teil der Arbeitgebermarke lässt sich ein entsprechendes Selbstverständnis des Unternehmens direkt in jeder Ausschreibung einer Ausbildungsstelle mit vermitteln. Materielle Anreize stehen weniger hoch im Kurs. Jobtickets oder Mietzuschüsse eignen sie sich jedoch dazu, weiter entfernt wohnende Jugendliche zur Bewerbung zu bewegen.

Die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu besetzen, steigen nicht zuletzt mit der Bereitschaft, die Potenziale jener Jugendlichen in den Blick zu nehmen, die weniger geeignet erscheinen, wie etwa der Hauptschulabsolvent oder der Schulabgänger mit schlechteren Leistungen. Beratungsstellen und Bildungsträger bieten „Ausbildungsbegleitung“ und Hilfe bei der Bewerberauswahl.

Inhaltliche Aufwertung durch Zusatzangebote und neue Lernformate

Neben dem Ausbildungs- und Personalmarketing ist der zweite wichtige Ansatzpunkt die inhaltliche Aufwertung. Jugendliche betrachten ihre Ausbildung als Zukunftsinvestition – daher ist eine strukturierte Begleitung von entscheidender Bedeutung. Dazu gehören ein Ausbildungsplan und eine exzellente, kontinuierliche Betreuung, beispielsweise durch einen „Ausbildungspaten“. Als „Paten“ geeignet sind alle Personen, die ohnehin in die Ausbildung involviert sind – doch ist es auch möglich, dem Berufsneuling einen Auszubildenden in höherem Lehrjahr an die Seite zu stellen. Zum Thema Ausbildungsplan wiederum hält das Internet zahlreiche Handlungshilfen und Tipps bereit.

Um die Ausbildung inhaltlich anzureichern, nutzen etliche Unternehmen bereits die Möglichkeit, eine Weiterbildung in Fremdsprachen oder IT zu finanzieren, die für die Ausbildung nicht vorgesehen ist. Ein Auslandspraktikum stellt eine weitere Option für leistungsorientierte Auszubildende dar.

Wegen steuerlicher Absetzbarkeit oder aufgrund von Förderungen – etwa über das EU-Programm „ERASMUS+“ – müssen solche Zusatzangebote nicht viel kosten. Selbst für kleinere Unternehmen, die über keine Standorte im Ausland verfügen, ist ein Auslandspraktikum meist problemlos realisierbar – etwa über Beziehungen zu Geschäftspartnern, Kunden oder Lieferanten. Mit der Mitnahme von Auszubildenden zu Branchenevents können Ausbildungsbetriebe ebenfalls punkten.

Neue Lernformate einzusetzen, trägt ebenfalls zur Aufwertung bei. Interessante Experimente gehen derzeit in Richtung „Augmented Reality“ und kollaborativer Lernplattformen, die Auszubildende miteinander verbinden. Dahinter steht das Ziel, Jugendlichen beim arbeitsplatzorientierten Lernen Zusatzinformationen bereitzustellen, etwa zu Abläufen und Bauteilen. Eine Kommentarfunktion und die Möglichkeit des Teilens sorgen zudem für eine standortübergreifende Interaktion.

Ein attraktivitätssteigerndes Angebot sind zu guter Letzt Online-Kurse zur Prüfungsvorbereitung. Jugendliche leben heute im Internet – sie nutzen YouTube und Co, um Wissen zu erwerben. Aufgrund dieser Disposition kommen ihnen das Lernformat und die eingängige Art der Wissensvermittlung von Online-Kursen zur Prüfungsvorbereitung entgegen – Misserfolgsquoten bei Prüfungen lassen sich damit deutlich reduzieren.

Mehr Einblick mit Unternehmerspielen

Wirtschaftsplanspiele sind ein wegweisendes Instrument, um die Motivation zu steigern und die Identifikation mit dem Unternehmen zu fördern. Eine fiktive Juniorfirma fungiert als Testumgebung, in der Auszubildende Dienstleistungen erbringen oder Waren produzieren. Die Jugendlichen lernen, unternehmerisch zu denken und Prozesse zu steuern. Juniorfirmen eigen sich für mittlere bis große Unternehmen ab zehn Auszubildenden.

Eine Alternative, insbesondere für kleinere Unternehmen, ist das online verfügbare Fernplanspiel „Playbizz“ des BNW. Neben allgemeinen Management-Planspielen gibt es darüber hinaus eine Vielzahl an Planspielen, die auf branchenspezifische Einblicke ausgelegt sind – von der Gastronomie und Hotellerie bis hin zur Handwerks- und Immobilienwirtschaft.

Bleibt festzustellen: Die betriebliche Ausbildung krankt an durchaus berechtigtem mangelndem Interesse bei Jugendlichen. Mit Marketing, einer Qualitätsoffensive und frischen Ideen, die an den Inhalten und den Lernformaten ansetzen, kann es jedoch gelingen, das Ruder herumzureißen und die Attraktivität nachhaltig zu steigern. Da die Zeit drängt, sollten die Akteure mit den Neuerungen allerdings nicht zu lange warten.


Info: Das BNW ist eine
Gemeinschaftsgründung von Unternehmensverbänden und vermittelt im
Auftrag von öffentlichen und privaten Auftraggebern praxistaugliche
Fachkenntnisse sowie grundlegende Instrumentarien für den beruflichen
Erfolg.
Weitere Infos unter: www.bnw.de