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Weiterbildungsszene steht vor großen Veränderungen

Präsenzseminar
Präsenzseminare – ein Weiterbildungsformat, das es künftig kaum noch geben wird? Foto: © NDABCREATIVITY-stock.adobe.com

Im letzten Krisenjahr hatten viele Weiterbildungsdienstleister mit Nachfrageeinbrüchen zu kämpfen. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Wuppertaler Kreises erwarten die Anbieter für 2022 wieder steigende Umsätze, allerdings werden einige Institute voraussichtlich auf der Strecke bleiben. Wer bereits digitale Weiterbildungsangebote macht, hat nach Ansicht der Befragten bessere Zukunftsaussichten.

Fast alle Weiterbildungsanbieter erlitten Auftragseinbrüche

Der Wuppertaler Kreis e.V. – Bundesverband betriebliche Weiterbildung, hat seine jährliche Trendstudie herausgebracht, die über die aktuellen Entwicklungen im Weiterbildungsmarkt berichtet. 2020 haben mehr als 1,1 Millionen Fach- und Führungskräfte der Wirtschaft an insgesamt etwa 90.000 Seminaren, Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen von Unternehmen und Beratungen teilgenommen, die Mitglieder des Verbands sind. Fast alle Mitgliedsunternehmen berichten, dass sie letztes Jahr erhebliche Umsatzeinbrüche hatten, vor allem bei offenen Seminaren und Tagungen. Als besondere Herausforderung nannten die Anbieter die mangelnde Planungssicherheit, die mit den wechselnden Regelungen und der Infektionslage verbunden war, sowie kurzfristige Absagen von Unternehmen und Teilnehmern.

Viele Weiterbildungsdienstleister vor dem Aus?

Laut Studie denken drei Viertel (76 Prozent) der Befragten, dass viele Weiterbildungsdienstleister wirtschaftlich nicht überleben werden. 84 Prozent sagten, die im letzten Jahr beschleunigte Digitalisierung führe zu einer Marktbereinigung. 97 Prozent der Studienteilnehmer sind überzeugt davon, dass diejenigen Institute als › Gewinner aus der Krise hervorgehen, die flexibel und innovationsstark digitale Angebote bereitstellen konnten. Es ist zu vermuten, dass viele kleinere Unternehmen die Verlierer sein werden – wie im gesamten derzeitigen Wirtschaftsgeschehen.

Seminare zugunsten des Digitalen dauerhaft in Frage gestellt

Fast alle Mitgliedsunternehmen (94 Prozent) bezeichnen die Corona-Krise als tiefgreifenden Einbruch, der die Weiterbildung grundlegend neu gestaltet. Das betrifft auch und insbesondere die Formate. So machen offen angebotene Seminare im Schnitt bisher circa ein Drittel des Umsatzes aus. Sechs von zehn der befragten Institute (61 Prozent) glauben nicht, dass das Angebot an offenen Seminaren, Tagungen und Kongressen schon 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird. 97 Prozent stimmten außerdem eher oder voll der These zu, dass die besondere Situation den Startschuss für eine erhöhte Innovationsdynamik beim Angebot neuer Formate und technischer Entwicklungen gebe. 91 Prozent rechnen damit, dass offene Seminare langfristig in Frage gestellt werden – auch aufgrund anderer Aspekte, zum Beispiel verändertes Reiseverhalten und gesellschaftliche Rahmensetzungen gegen den Klimawandel.

Gut zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten stimmen der Aussage voll oder teilweise zu, dass interne Workshops und Seminare zukünftig üblicherweise als Videokonferenzen durchgeführt werden. 57 Prozent gehen davon aus, dass sich digitale Formate durchsetzen werden und dass hybride Formen aus Präsenz- und Remote-Veranstaltungen zukünftig häufiger angeboten werden. Was Führungskräftetrainings betrifft, bei denen es um die Vermittlung verhaltensbezogener Kompetenzen geht, denkt mit 57 Prozent jedoch eine Mehrheit der Befragten, dass diese auf Dauer wieder in Präsenz stattfinden werden.

Neue Arbeitswelt – neue inhaltliche Anforderungen für Anbieter

Drei Viertel der Dienstleister sind überzeugt davon, dass eine Rückkehr zur normalen Arbeitswelt hinsichtlich der Zusammenarbeit in Teams nicht zu erwarten ist. Mit 83 Prozent stimmen die meisten der Aussage voll oder teilweise zu, dass agile Arbeitsformen und damit mehr Eigenverantwortung neue Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte stellen. Damit werden oder müssen sich auch die Weiterbildungsinhalte ändern. Aufgabe sei es, die Belegschaften für die geänderten Arbeitsformen zu qualifizieren und Personalentwicklungsprozesse entsprechend anzupassen.

In der Studie erhielt die These, die Nachfrage nach Weiterbildung in Themen wie Digitalisierung von Arbeitsprozessen sowie Change Management werde steigen, mit 93 Prozent die höchste Zustimmung. Die Aussage, Aufgabe der Weiterbildung sei es, Beschäftigte dabei zu unterstützen, ihren Arbeitsplatz eigenverantwortlich, flexibel und agil zu gestalten, kam mit 91 Prozent auf Platz zwei. Ebenso große Zustimmung erhielt die These, Weiterbildungsdienstleister würden zu „Format-Experten“, die Inhalte und Kompetenzen je nach Situation der Kundenunternehmen auf unterschiedlichen Plattformen anbieten. 89 Prozent der befragten Institute denken, dass Weiterbildung dabei unterstützen kann, in der virtuellen Zusammenarbeit das Wir-Gefühl und die Unternehmenskultur zu entwickeln. Auch wird nach Ansicht von 84 Prozent der Dienstleister das Coaching virtueller Teams als Aufgabe für die Dienstleister an Bedeutung gewinnen.

Weitere 81 Prozent erachten den „Performance-Support“, die unmittelbare Unterstützung der Beschäftigten am mobilen Arbeitsplatz, als Kernaufgabe betrieblicher Fortbildung. 68 Prozent sind der Meinung, Weiterbildung umfasse zukünftig auch, aus den Lernprozessen Daten für die betriebliche Personalentwicklung bereitzustellen. Vor allem die neuen Aufgabenfelder und Formate bedeuten aber auch, dass sich die Dienstleister selbst dafür weiterqualifizieren müssen. Im Hinblick auf die digitalen Formate nannten die Befragten hier an erster Stelle die Entwicklerkompetenz, die unmittelbar mit der Digitalisierung verknüpft ist.

Trotz allem recht zuversichtliche Erwartungen für 2022

Gefragt nach den Prognosen für ihre wirtschaftliche Entwicklung, antworten die Weiterbildungsanbieter vorsichtig optimistisch. Der Geschäftslage-Indikator des Wuppertaler Kreises lag zum Befragungszeitpunkt bei 104 Indexpunkten (ein Index über 100 zeigt eine positive Entwicklung der Geschäftslage an). 2020 lag der Index nur bei 86. Zum Vergleich die Werte der Vorjahre: 2019 (118), 2018 (125) und 2017 (121). Knapp drei Viertel der Weiterbildungsanbieter (73 Prozent) erwarten, dass sich die Nachfrage 2022 wieder normalisiert. Die Mehrheit rechnet mit steigenden Umsätzen.

Die vollständige Studie steht > hier zum Download bereit.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.