Müssen Talente einen Master haben, um besser für einen Job geeignet zu sein, oder reicht ein Bachelor? Diese Frage wird seit der Einführung des Bachelor-Master-Systems diskutiert. Die neuste Stellenmarkt-Auswertung der Personalmarktforschung Index Research in der europäischen Stellenanzeigen-Datenbank Index hält eine mögliche Antwort bereit: Von Januar bis April 2022 enthielten lediglich knapp sieben Prozent der Stellenanzeigen im Anforderungsprofil den Hinweis auf einen Bachelor-Abschluss und in nur 4,5 Prozent wurde ein Master-Abschluss erwähnt. Stattdessen wählten Personalerinnen und Personaler bei mehr als der Hälfte der untersuchten rund 84.300 Jobinserate für Young Professionals allgemeine Formulierungen wie „Studium“, „Studienabschluss“ oder „Hochschulabschluss“. Dass studiert wurde, scheint HR wichtiger zu sein, als die Art des Hochschulabschlusses. Ein Diplom wünschten sich Unternehmen in 1,3 Prozent der Stellenausschreibungen explizit von den Bewerbenden.
Laut Jürgen Grenz, CEO der Index Gruppe, kann die überwiegend verwendete unklare Formulierung, Young Professionals mit Bachelor-Abschluss davon abhalten, sich zu bewerben. Wie eine Auswertung des Statistischen Bundesamts (Destatis) zeigt, haben im Jahr 2019 45 Prozent der Bachelor-Absolventen und -Absolventinnen ein Master-Studium begonnen. Das heißt, dass immerhin 55 Prozent des akademischen Nachwuchses mit einem Bachelor-Abschluss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen, sagt Grenz. Sie müssten gezielt angesprochen und nicht mit unklaren Formulierungen von davon überzeugt werden, sich zu bewerben.
„Mit Blick auf die große Bedeutung des Bachelor-Abschlusses ist es unverständlich, diesen nicht konkret in Stellenanzeigen als ausreichende Anforderung für eine Bewerbung zu benennen“,
kritisiert Grenz die derzeit gängige Praxis.
Wer kurz vor dem Bachelor-Abschluss stehe und bald ins Berufsleben einsteigen wolle, würde sich mit der expliziten Nennung dieses Titels in Stellenanzeigen viel eher angesprochen fühlen. Es bleibt die Antwort auf die Frage offen, warum Unternehmen bei ihren Stellenausschreibungen so wenig Wert auf konkrete Abschlüsse legen – dies gilt sowohl für den Bachelor als auch für den Master.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.