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„Der ländliche Raum wird attraktiver für Young Professionals“

Es sind viele Dinge, die einem Kandidaten oder einer Kandidatin oftmals durch den Kopf gehen, wenn sie sich für oder gegen eine Stelle entscheiden. Häufig sind die für sie relevanten Faktoren auch standortbezogen. Was macht einen Arbeitsstandort für Young Professionals attraktiv? Jutta Rump und Anna-Maria Ogermann vom Institut für Beschäftigung & Employability sind dieser Frage für ihre aktuelle Studie nachgegangen. Das Ergebnis: Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 36 Jahren sind überraschend häufig bereit, in dörflicheren Gegenden zu wohnen. Wichtig ist für sie allerdings vor allem, dass der Wohnort nicht zu weit von ihrer Heimat sowie Familie und Freunden entfernt ist, eine gute Verkehrs- sowie IT-Infrastruktur bereitstellt und sie sich dort sicher fühlen.

Die knapp 900 befragten Young Professionals befinden sich entweder in der Ausbildung oder maximal in ihrem fünften Berufsjahr. 44 Prozent von ihnen können sich vorstellen, in den ländlichen Raum zu ziehen und jeweils 57 Prozent in eine kleine oder mittelgroße Stadt. Eine Großstadt kommt für 42 Prozent der jungen Talente infrage  – eine Metropole für 27 Prozent. Generell gilt laut den Studienergebnissen: 89 Prozent der Young Professionals können sich vorstellen, in einem weniger besiedelten Ort zu wohnen, als sie es derzeit tun. „Viele leben in urbanen Zentren, können sich aber trotzdem vorstellen, in Zukunft im ländlichen Raum oder in einer Kleinstadt zu leben“, sagt Jutta Rump. „Der ländliche Raum scheint attraktiver für Young Professionals zu werden.“

Familie und Heimat verlassen junge Talente ungern

Doch ein Umzug für den Job ist an bestimmte Rahmenbedingungen gebunden. Einen Wohnortwechsel nehmen die jungen Talente nicht unter allen Umständen in Kauf. So sind Gründe gegen einen Wohnortwechsel vor allem die fehlende Nähe zu Familie, Verwandten und Freunden (76 Prozent), die große Distanz zur Heimat (75 Prozent), die Loyalität zum derzeitigen Arbeitgeber (24 Prozent) sowie die berufliche Situation des Partners oder der Partnerin (22 Prozent).

Doch Arbeitgeber sollten nicht nur die Dinge, die Menschen an ihrem aktuellen Wohnort halten, mitbedenken. Vielmehr geht es auch darum, zu wissen, welche Faktoren einen Wohnort für die Young Professionals attraktiv machen. An erster Stelle steht hier die Verkehrsinfrastruktur (43 Prozent). Ebenfalls wichtig ist für die jungen Talente, dass ihr Wohnort sicher ist (41 Prozent) und es dort eine schnelle Internetgeschwindigkeit gibt (39 Prozent). Geringe Wohnkosten (36 Prozent) und die Nähe zur Natur (40 Prozent) sind ebenfalls entscheidende Attraktivitätsfaktoren. „Kulturangebote und eine urbane Umgebung scheinen keine große Rolle zu spielen“, sagt Rump.

Infrastruktur und Gehaltsdurchschnitt in der Region sind bedeutend

Wohnort ist nicht gleich Arbeitsort – und dennoch spielen für die Attraktivität von beiden Orten so gut wie die gleichen Eigenschaften eine Rolle. So ist ein Arbeitsort für viele Young Professionals attraktiv, wenn er nah beim Wohnort ist (43 Prozent), sie sich in dessen Umgebung sicher fühlen (39 Prozent) und sie ihn gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen (29 Prozent). Für den Arbeitsort scheint auch zu sprechen, wenn man nicht jeden Tag dort sein muss. 33 Prozent der befragten jungen Talente legen großen Wert darauf, auch aus dem Homeoffice arbeiten zu können, wenn sie das wollen. Tendenziell gilt gleichzeitig wenig überraschend, dass der Arbeitsort an Wichtigkeit verliert, wenn man sich dort nur wenig aufhalten muss.

Auf die Standortattraktivität wirkt sich auch dessen geografische Lage aus – zumindest, wenn es um übliche Gehälter in einer Region geht. Für 44 Prozent der Young Talents verliert der Arbeitsstandort an Anziehung, wenn er sich in einem Gebiet befindet, in dem tendenziell niedrigere Löhne gezahlt werden. „Dies ist eindeutig ein Standortnachteil für Ostdeutschland und ein Standortvorteil für Süddeutschland“, schlussfolgert die Professorin und Studienverfasserin.

Obwohl diese Faktoren nicht immer im Einflussbereich der Arbeitgeber liegen, können sie laut der Professorin trotzdem von Unternehmen positiv beeinflusst werden: „Unternehmen können in die Region und das Umfeld ihres Standorts investieren, sich in der Region engagieren, mit anderen Arbeitgebern vernetzen und die Kooperation mit der Kommunalpolitik und -verwaltung suchen.“

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.