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In den letzten Jahren ist Deutschland für Fachkräfte anderer Länder immer attraktiver geworden. Aktuell rangiert die Bundesrepublik sogar auf Platz zwei der beliebtesten Arbeits- destinationen weltweit. Für Berufstätige in Europa und Zentralasien liegt Deutschland sogar auf dem ersten Platz.
2014 belegte Deutschland weltweit noch den vierten Platz in der Gunst von Arbeitnehmern aus dem Ausland. Inzwischen ist der hiesige Arbeitsmarkt auf Platz zwei vorgerückt. Lediglich in die USA zieht es noch mehr Arbeitnehmer. Deutschland steht nicht nur im Gesamtranking an zweiter Stelle, sondern auch bei Berufstätigen unter 30 Jahren, bei Master-Absolventen und Promovierten sowie Digitalexperten. Das geht aus der Studie „Decoding Global Talent“ von Stepstone, The Boston Consulting Group (BCG) und The Network hervor. Dafür wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres rund 366 000 Arbeitnehmer aus 197 Ländern befragt.
Wie die Studie zeigt, ziehen Fachkräfte aus Ländern wie Dänemark, Polen, Rumänien und Spanien mittlerweile Deutschland dem früher beliebteren Großbritannien vor, das bei diesen Arbeitnehmern nur noch den fünften Rang einnimmt. Auch für Chinesen ist Deutschland attraktiver geworden und von Platz sechs auf fünf aufgestiegen, während Großbritannien vom ersten auf den achten Platz abgerutscht ist.
Deutschland entwickelt sich zu einem echten Magneten für internationale Talente,
sagt Prof. Dr. Rainer Strack, Senior Partner und Experte für Human Resources bei BCG.
Auf die USA und Deutschland folgen im internationalen Länder-Ranking Kanada und Australien, das zuletzt auf Platz sieben stand. Großbritannien liegt auf Rang fünf, Spanien auf Platz sechs (gegenüber Platz acht vor vier Jahren). Auf den Rängen sieben bis zehn der beliebtesten Arbeitsmärkte der Welt befinden sich Frankreich, die Schweiz (zuletzt noch auf Platz fünf), Italien und Japan.
Berlin rückt im internationalen Städte-Ranking auf Platz drei vor
Im Rahmen der Befragung wurden auch die beliebtesten Städte ermittelt. Hier hat Berlin an Attraktivität zugelegt und ist vom sechsten auf den dritten Platz geklettert. Nach Ansicht von Stepstone-Geschäftsführer Sebastian Dettmers sind es die blühende Startup-Szene und die wachsende Internationalität, die Berlin zu einem beliebten Arbeitsstandort machen, auch wenn die großen deutschen Unternehmen dort gar nicht angesiedelt sind. Im Städte-Ranking ganz vorn steht – trotz des Brexits – immer noch London. New York ist am zweitbeliebtesten. Hinter Deutschland auf Platz vier liegt Barcelona; die Stadt stieg um drei Plätze auf. Auf der Liste der Top Ten folgen Amsterdam mit einer Verbesserung um elf Ränge, Dubai und Los Angeles, die jeweils fünf Plätze vorrückten, sowie Paris und Sydney, die je fünf Ränge abgaben, und Tokio, vorher noch auf Rang 13.
Osteuropäische Fachkräfte kommen seltener nach Deutschland
Auch wenn Deutschland im Ranking der beliebtesten Arbeitsstandorte gut abschneidet, müsse sich das Land im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte künftig noch stärker bewähren, meint Rainer Strack, Senior-Partner bei BCG. In einigen europäischen Ländern, die wirtschaftlich stärker werden, habe die Bereitschaft nachgelassen, im Ausland zu arbeiten. Dazu gehörten auch Polen, Rumänien, Ungarn und Kroatien – Länder, aus denen traditionell viele Fachkräfte hierher kämen, zum Beispiel auch Pflegefachkräfte oder IT-Spezialisten. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, könnten Deutschland künftig dringend benötigte Fachkräfte fehlen, so Strack.
Mobilitätsbereitschaft nimmt weltweit ab
Doch nicht nur in diesen Ländern hat die Mobilitätsbereitschaft abgenommen, sondern auch im weltweiten Schnitt: Seit 2014 ist sie von 64 auf 57 Prozent gesunken. Dennoch ist sie in einigen Ländern wie Indien und Brasilien nach wie vor sehr hoch, in vielen Teilen Afrikas gestiegen und auch in Großbritannien und den USA hat die Neigung, ins Ausland zu gehen, aufgrund politischer Entwicklungen zugenommen. Bei den Deutschen ist die generelle Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten, in den letzten vier Jahren zwar ebenfalls gestiegen, von 44 auf 55 Prozent, im Vergleich zu Frankreich mit gut 69 Prozent und Großbritannien mit über 62 Prozent ist das jedoch immer noch ein geringerer Wert. Bei deutschen Arbeitnehmern am beliebtesten sind die USA, die Schweiz und Großbritannien.
Arbeit an sich wird globaler
Dass jedoch im internationalen Schnitt insgesamt weniger Berufstätige die Tendenz haben, im Ausland einen Job zu suchen, erklärt die Studie folgendermaßen: Es könne sein, dass die Welt weniger mobil wird. Es könne aber auch sein, dass die Arbeit selbst globaler wird und es deshalb für Menschen weniger notwendig ist, ins Ausland zu gehen, um einen gutbezahlten befriedigenden Job zu finden. Eine überdurchschnittliche Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten, zeigen allerdings Digitalexperten: 67 Prozent geben an, dass sie wegen eines Jobs auch in ein anderes Land ziehen würden.
Praktische Motive werden für die Arbeit im Ausland wichtiger
Die Antwort auf die Frage nach den Gründen von Menschen, in einem anderen Land zu arbeiten, ergab, dass vor vier Jahren die Erweiterung persönlicher Erfahrungen das Hauptmotiv war. Dieser Aspekt ist zwar immer noch wichtig, doch zwei eher praktische Gründe haben an Bedeutung zugenommen: bessere Karrierechancen und ein höherer Lebensstandard.
Mehr Informationen über die Studie gibt es > hier in englischer Sprache.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.