Linkedin ist das weltweit größte Business-Netzwerk. Wie tickt ein
Unternehmen, in dem die Generation der Millenials überproportional
vertreten ist, bei den Themen Recruiting und Unternehmenskultur? Die
Personalwirtschaft hat bei Wendy Murphy, Senior Director HR – EMEA,
nachgefragt.
Personalwirtschaft: Rund 70 Prozent der Beschäftigten von Linkedin sind nach 1980 geboren. Haben Sie eine spezielle Herangehensweise an Millenials, wenn es um Mitarbeitersuche, Talent Management und das Halten von Mitarbeitern geht?
Wendy Murphy: Für uns ist der Schlüssel, eine vielfältige Belegschaft mit einer großen Bandbreite in Hinblick auf Erfahrung, Herkunft und Diversität zu schaffen. Wir glauben, dass wir nur mit einer vielseitigen Belegschaft vorankommen und müssen daher alle Generationen mit einbeziehen, um Innovation voranzutreiben. Bei der Mitarbeitersuche behandeln wir alle Kandidaten gleich. Wir gehen auf jeden individuell ein und geben über den ganzen Bewerbungsprozess hinweg Feedback. Wir geben Bewerbern auch genug Chancen, herauszufinden, ob unsere Kultur und Werte das Richtige für sie sind.
An ihrem ersten Tag wird neuen Angestellten bei Ihnen gesagt, dass sie eh nicht für immer bleiben werden. Ist das nicht sehr demotivierend im Vergleich zu einem herzlichen Willkommen?
Wir glauben an eine offene, ehrliche und konstruktive Kommunikation mit unseren Angestellten. Unser Ziel in Bezug auf Talentförderung ist es, unseren Mitarbeitern zu helfen, sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln, während sie hier arbeiten – ob ein oder zehn Jahre, spielt dabei keine Rolle. Wir alle wissen, dass die Zeiten der lebenslang bestehenden Arbeitsverhältnisse vorbei sind. Wenn die Zeit für unsere Angestellten kommt, sich neuen Aufgaben zu widmen, wünschen wir ihnen das Beste. Indem wir vom ersten Tag an darüber reden und sie motivieren, jede Gelegenheit wahrzunehmen, die sich ihnen bei Linkedin bietet, um sich weiterzuentwickeln, hoffen wir, dass sie für sich die richtige Entscheidung treffen.
Linkedin bietet allen Mitarbeitern einen „InDay” pro Monat an, was bedeutet, dass sie von ihren sonstigen täglichen Pflichten entbunden sind. Was ist die Idee dahinter? Umsonst ist ja bekanntlich nichts. Was hat die Personalabteilung davon?
InDay steht für „Investing Day” – ein Tag, an dem man in sich selbst investieren kann, in die Firma oder die Gemeinschaft. Die Idee hinter dem InDay ist, die Gelegenheit zu ergreifen, sich selbst weiterzuentwickeln. Dieses Versprechen machen wir unseren Mitarbeitern, wenn sie bei Linkedin anfangen. Zur gleichen Zeit hilft es Linkedin, Neues zu schaffen. Wenn Mitarbeitern der Freiraum gegeben wird, neue Erfahrungen zu sammeln und innovativ zu sein, schaffen wir als Personalabteilung eine hohe Mitarbeiterbindung.
Wie wichtig sind fundiertes Wissen und langjährige Erfahrung für ein Unternehmen, bei dem hauptsächlich Leute arbeiten, die nicht lange bleiben?
Es ist uns wichtig, eine vielfältige Belegschaft zu haben, und das in Bezug auf Erfahrung, Herkunft und Diversität, um nur einige Punkte zu nennen. Manche Mitarbeiter bleiben für ein paar Jahre bei uns, andere sind schon länger als zehn Jahre dabei. Das ist eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass wir erst 2003 gegründet wurden. Wir beschäftigen Leute mit großer, aber auch geringer Erfahrung.
Wenn so unterschiedliche Menschen zusammenarbeiten, werden Energien erzeugt, die sich für jedes Unternehmen auszahlen.
Unsere Vision ist, jedem Mitglied des Arbeitsmarkts die perfekte berufliche Chance zu bieten. Um diese Vision umzusetzen, bauen wir den weltweit ersten „Economic Graph” – eine digitale Karte der Weltwirtschaft, die jeden Arbeitnehmer mitsamt seinen Fähigkeiten, alle offenen Stellen, alle Arbeitgeber und alle Ausbildungsstätten abbildet. Wir haben unsere Einsichten in den Arbeitsmarkt, die wir vom Economic Graph bereits gewinnen konnten, schon mit Dutzenden politischen Entscheidungsträgern wie dem World Economic Forum geteilt, um wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen. Alles, was wir als Angestellte von Linkedin tun, ist darauf ausgelegt, die Vision des Economic Graph voranzutreiben.
Der Erfolg Ihres Hauses folgt dem weltweiten Anstieg der Computer- und Social Media-Nutzung. Zu welchem Grad kann IT der HR-Abteilung helfen? Wo sehen Sie die Grenzen? Oder gibt es da gar keine?
Ich glaube, dass Technologie im HR-Bereich künftig sehr wichtig sein wird. Eine Studie von Linkedin und Bitkom Research in Deutschland hat 2015 gezeigt, dass 36 Prozent der untersuchten Firmen bereits mit Big Data in ihren Personalabteilungen arbeiten. Der Nachteil ist, dass diese digitalen Werkzeuge bisher hauptsächlich für die interne Kommunikation und Employer Branding genutzt werden. Betrachtet man die Möglichkeiten, die eine IT-unterstützte HR-Abteilung bietet, erwarte ich, dass da noch einiges kommt. Die Zukunft der Personalverwaltung wird sich darum drehen, dass Angestellte positive Erfahrungen sammeln und ihr Potenzial bestmöglich entwickeln können. Gleichzeitig gibt es eine Grenze: IT und Datensätze können helfen, eine Evaluationsbasis zu schaffen. Der nachfolgende Prozess wird trotzdem weiterhin von Menschen mit Menschen fortgeführt werden. Nichts wird jemals die zwischenmenschliche Interaktion ersetzen.
Das Interview führte Christine Demmer, freie Journalistin, Värnamo.
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Mit mehr als 450 Millionen Mitgliedern ist Linkedin das weltweit größte Netzwerk für Fach- und Führungskräfte aller Branchen. Nach England, Frankreich und Italien ist die deutschsprachige Region mit rund acht Millionen Nutzern der viertgrößte Markt in Europa – ebenso groß wie Spanien oder Mexiko, aber weit hinter Großbritannien und selbst Frankreich. In München arbeiten etwa 40 Mitarbeiter für Linkedin. Das Büro hat aber die doppelte Kapazität, was auf Expansionspläne schließen lässt. Von Dublin aus steuert Wendy Murphy den Bereich Human Resources in der Region EMEA. |