Ogilvy & Mather. Das 1948 in den USA gegründete Agenturnetzwerk für Kreation,
Branding und Kommunikation ist Teil der Werbeholding WPP und in weltweit
150 Städten vertreten. Ogilvy Deutschland betreut an Standorten in Frankfurt, Düsseldorf und Berlin eigenen Angaben zufolge rund 100 Kunden, darunter Aldi, Bayer, Coca-Cola oder Deutsche Bahn. Foto © Privat
Sollten sich Personalabteilungen beim Employer Branding an HR-Spezialisten halten? Oder könnte es sich lohnen, auch mal fremd zu gehen und sich an große Kommunikationsdienstleister zu wenden? An der Frage scheiden sich Kristen Herde und Eike Rojahn.
Dass das „Klima“ den etablierten Volksparteien die Ambitionen im Europawahlkampf verhagelt hat, mag für so manche Politiker überraschend sein. Tatsächlich sind solche Phänomene aber symptomatisch für die von einer reinen Innensicht geprägten Organisationen, die im Wandel der Zeit den Anschluss zu verlieren drohen: Nicht nur den etablierten Parteien, auch anderen Institutionen und Unternehmen fällt es heutzutage zunehmend schwer, sich als attraktive Wahl für eine neue und anspruchsvolle Generation von Anhängern zu positionieren. Sei es als Marke für Konsumgüter oder als differenzierte Arbeitgebermarke. Denn auch im Employer Branding, da ist sich die Personalwirtschaft einig, entscheidet die Substanz – und nimmt daher die Innensicht der Organisation als Grundlage einer glaubhaften Arbeitgeber-Kommunikation.
Arbeitgebermarken nicht mehr unterscheidbar
Allerdings zeigen die Trends aus dem Universum des Personalmarketings immer wieder grundsätzlich ähnliche Kriterien, wenn es darum geht, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht. Liest man die gängigen Employer Value Propositions (EVP) führender Unternehmen, geht es dementsprechend um Sicherheit und Stabilität in einer unsicheren Welt, um langfristige Perspektiven mit vielfältigen Karrieremöglichkeiten, um Spaß an attraktiven Aufgaben, die herausfordernd sind, um Teamarbeit mit Verantwortung, eine angenehme Arbeitsatmosphäre in kollegialem Umfeld mit ausgewogener Work-Life-Balance. Kurz: Die Arbeitgebermarken sind nicht mehr voneinander unterscheidbar. Eine ernstzunehmende Botschaft, eine persönliche, individuell relevante Aussage, die es wert wäre, sich mit ihr zu identifizieren, werden Sie in den Stellenanzeigen heute kaum entdecken.
Blick über den Tellerrand nötig
Talente wollen heutzutage wissen, warum und wofür sie jeden Morgen aufstehen, zur Arbeit kommen und das tun, was sie tun. Vor diesem Hintergrund ist die EVP nur dann relevant, wenn es ihr gelingt, eine überzeugende Antwort auf tieferliegende und grundsätzliche emotionale Bedürfnisse der Zielgruppe zu geben. Sie muss auf die Spannungen, Konflikte und Wahrheiten im Leben der Menschen eingehen, insbesondere bei der neuen Generation von Arbeitnehmern. Sie muss auch die Frage nach dem Warum beantworten: dem Nutzen, dem Sinn und den Auswirkungen des eigenen Schaffens auf die Gesellschaft. Scheinbar „fachfremde“ Agenturen können hier einen wichtigen Mehrwert ins Employer Branding einbringen. Weil sie nicht nur die Innensicht des Unternehmens einnehmen und die Substanz identifizieren, sondern stets auch einen Blick über den Tellerrand hinaus in den gesellschaftlichen und kulturellen Kontext werfen, in dem sich Marken behaupten wollen. Das schließt auch ein tiefes Verständnis für die Korrelationen zwischen Unternehmensmarke und Employer Branding ein. Relevanz im jeweiligen Kontext zu schaffen, liegt in der Natur der Werbung. Oft lässt sich nur mit dem Blick von außen eine nachhaltig erfolgreiche Employer-Branding-Strategie aufbauen.
Expertise für vertrauensvolle Marken
Neben den fachspezifischen Hygienefaktoren und rationalen Benefits wie Zusatzleistungen spielen in der Kommunikation auch immer die tief verankerten emotionalen Werte der Menschen eine wichtige Rolle. Heute mehr denn je suchen Menschen nach Halt und Orientierung, und damit auch nach Marken, denen sie vertrauen können. Dieses Vertrauen basiert erheblich auf Gefühlen, teils mehr als auf Fakten. Relevante Arbeitgeberkommunikation muss nicht nur informieren, sondern Empathie auslösen, Fun-Faktoren nutzen, Verbindungen ermöglichen, eine Inspiration zur Erkundung sein und außerdem den Stolz der Mitarbeiter und Kandidaten fördern. Wirklich relevant sind heute nur die Marken, die einen unersetzlichen, einen nicht beliebig austauschbaren Wert vermitteln, der an ihre emotionalen Motivlagen appelliert.
Werte in Erlebnisse überführen
Und schließlich ist eine gute Employer-Branding-Strategie nur wenig wert, wenn sie nicht auf den nötigen Expertisen und Kapazitäten aufbaut, die die genannten Werte in Design, Kommunikation und vor allem in Erlebnisse überführen. Kreativ-Agenturen schaffen es so, aus einem Anspruch und einem Versprechen eine echte Beziehung zur Zielgruppe aufzubauen. Auch Technologie spielt hierbei heute eine elementare Rolle, Kreation und Technologie müssen sich vereinen. Nur dann können die angesprochenen relevanten Markenerlebnisse so umgesetzt werden, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Menschen begeistern und nachhaltig binden.