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Beim Recruiting liegt Europa in Sachen Digitalisierung bei den meisten Themen international zurück – und das nicht nur hinter Nordamerika, sondern oft auch hinter Asien und Südamerika. Das betrifft besonders das Mobile Recruiting. So nutzt in Europa lediglich ein Fünftel der Unternehmen das Handy als Bewerbungs- und Rekrutierungskanal. Zum Vergleich: In Nordamerika (34 Prozent) und Asien (33 Prozent) ist es jeweils ein Drittel. Selbst in Südamerika setzt inzwischen jedes vierte Unternehmen auf Mobile Recruiting.
Zwar haben die meisten Unternehmen ihre Internetseiten mittlerweile in mobile Formate gebracht und zeigen dort zum Teil auch offene Stellen an, doch will sich ein Jobsuchender darauf bewerben, wird die Nutzerfläche zumeist verlassen und Kandidaten finden sich auf einer nicht für das Smartphone programmierten Bewerberplattform wieder, die eigentlich einmal für den Computerbildschirm entworfen worden ist. Das sind Ergebnisse der aktuellen Studie „The Talent Forecast, Part 2: Improving talent acquisition through alignment, strategy, technology, and partnerships“ von Korn Ferry Futurestep. Für die Analyse wurden weltweit 1100 Unternehmen befragt.
IT-gestütztes Kontaktmanagement noch kein Standard in Europa
Aus der Studie geht auch hervor, dass in Europa nur knapp jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) über ein IT-gestütztes System – ein sogenanntes Applicant Tracking System (APS) – zur Nachverfolgung und zum langfristigen Kontaktmanagement mit Bewerbern verfügt. In Nordamerika ist dies bereits bei 77 Prozent der Unternehmen Standard. In Asien nutzen 46 Prozent der Unternehmen ein solches System und in Lateinamerika 30 Prozent.
Korn Ferry sieht in Europa jedoch einen deutlichen Trend zur Akzeptanz einer solchen Software. In vielen Unternehmen würde die Implementierung bereits laufen oder vorbereitet. Der Status quo hinsichtlich des Einsatzes weiterer digitaler Rekrutierungswerkzeuge in Europa zeigt, dass 46 Prozent der Arbeitgeber Online-Assessments nutzen, 45 Prozent setzen Video-Interviews ein, 40 Prozent bespielen bewusst Job-Aggregatoren und -Suchmaschinen abseits der bekannten Jobportale und 21 Prozent verwenden analytische Werkzeuge und Dashboards in der Rekrutierung.
Andere Regionen sind in Sachen Technologie experimentierfreudiger
Andere Regionen experimentieren jedoch mehr mit neuen digitalen Werkzeugen und Plattformen als europäische Länder. So haben Unternehmen in Europa bisher kaum Erfahrung mit der automatisierten IT-gestützten Überprüfung der Referenzen ihrer Bewerber. Nur acht Prozent nutzen eine solche Software. In Nord- und Südamerika dagegen sind es schon jeweils 22 Prozent der Unternehmen und auch im asiatisch-pazifischen Raum verwenden mit zehn Prozent mehr Firmen solche Tools als in Europa.
Talent Management in EMEA-Staaten kaum auf Unternehmensstrategie abgestimmt
Betrachtet man das Talent Management in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (EMEA), stellt sich heraus, dass Geschäfts- und Talentstrategie in vielen Fällen nicht synchron verlaufen. So geben nur knapp vier von zehn Unternehmen (38 Prozent) an, dass sie ihre Rekrutierungsaktivitäten auf die Geschäftsstrategie der nächsten drei Jahre abstimmen. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) hat nach eigener Aussage keine klare Zielausrichtung hinsichtlich der zu rekrutierenden und entwickelnden Talente. Lediglich zwölf Prozent der befragten Firmen haben einen Plan für mindestens fünf Jahre. In Europa pflegen erst 30 Prozent der Unternehmen Talent Communities.
Während die Digitalisierung in vielen Unternehmen in vollem Gange ist, drohen HR und Talent Management den Aufsprung auf den fahrenden Zug zu verpassen,
kommentiert Jan Müller, verantwortlich für das Geschäft von Korn Ferry Futurestep in EMEA, die Ergebnisse. Die Personalabteilung müsse nicht nur bei allen relevanten strategischen Entscheidungen mit am Tisch sitzen, sondern dabei einen aktiven Part spielen. Dazu sei es notwendig, dass Personalchefs ihre Rolle klar definieren: Sie seien weder ausschließlich Menschenbeschaffer noch Umsetzer der Entscheidungen Dritter, sondern gehörten zu den entscheidenden Faktoren, auf den es in der Digitalisierung ankomme, so Müller. Diese Rolle sollten sie verstehen, akzeptieren und einfordern.
Die Studienergebnisse in englischer Sprache stehen > hier als Download zur Verfügung.