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Um auf die Gesetzeslage zu reagieren, haben viele Unternehmen in Deutschland neue Prozesse und Steuerungsinstrumente etabliert. Dabei stand zunächst die Erhebung des Status quo hinsichtlich der Teilhabe von Frauen an Führungspositionen im Vordergrund. 59 Prozent der Firmen haben qualitative und quantitative Analysen zur Erhöhung von Transparenz durchgeführt. Rund 52 Prozent legten Steuerungsgrößen und Kennzahlen fest und 45 Prozent definierten interne Verantwortlichkeiten für die Bearbeitung und Weiterverfolgung dieses Themas.
Leichte bis moderate Erhöhung des Frauenanteils anvisiert
Inzwischen planen die Unternehmen schrittweise Veränderungen in der Zusammensetzung ihrer Führungsetagen. So soll der Frauenanteil in Vorständen von derzeit 7,7 Prozent auf 10,9 Prozent erhöht werden. In der ersten Führungsebene unterhalb des Vorstands soll die Quote von aktuell 14,3 Prozent auf 18,4 Prozent steigen. In der zweiten Führungsebene wollen die Unternehmen den Frauenanteil von gegenwärtig 18,7 Prozent auf 22,4 Prozent anheben und für ihre Aufsichtsräte streben die Firmen eine Erhöhung von 23 auf 23,6 Prozent an. Das zeigt eine gemeinsame Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Personal- und Managementberatung Kienbaum. An der Studie „Frauen in Führungspositionen: Perspektiven aus der Praxis“ haben von April bis Juni dieses Jahres 175 Unternehmen teilgenommen. Mit 18 Teilnehmern wurden qualitative Tiefeninterviews geführt.
Anne von Fallois, Director Political Relations bei Kienbaum, ist der Meinung, dass der demografische Wandel, die Digitalisierung und veränderte Vorstellungen von Führung und Zusammenarbeit in der Generation Y die Aufmerksamkeit verstärkt auf qualifizierte Frauen für Führungsfunktionen lenken.
Mehr Vielfalt auf den Führungsetagen ist einerseits Ergebnis, anderseits aber auch Voraussetzung eines zeitgemäßen Wandels in der Unternehmenskultur,
sagt von Fallois. Daran würden viele Unternehmen arbeiten, um den eigenen Erfolg in einer veränderten Arbeitswelt zu sichern. Die Unternehmen verstünden, dass sie das Thema Vielfalt ganzheitlich angehen müssten.
Verschiedene Maßnahmen je nach Hiercharchieebene
Um die anvisierten Zielvorgaben zu erreichen, planen die Unternehmen je nach Hierarchieebene unterschiedliche Maßnahmen. Für die erste und zweite Führungsebene bauen sie vor allem auf Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, geschlechtersensibles Talent-Management, Diversity-förderliche Arbeitsformen und auf die Festlegung einer klaren Strategie für die Karriereentwicklung von Frauen. Mit höheren Hierarchiestufen werden diese Maßnahmen jedoch weniger relevant. Um Frauen für Vorstände und Aufsichtsräte zu gewinnen und zu etablieren, setzen die Unternehmen auf den mittel- bis langfristigen Wandel der Führungs- und Kooperationskultur im Unternehmen sowie eine klare Strategie für die Förderung von Frauenkarrieren.
Ambivalenz gegenüber gesetzlichen Vorgaben
Aus den im Rahmen der Studie geführten Interviews wird allerdings auch eine gewisse Ambivalenz der Unternehmen gegenüber den neuen gesetzlichen Vorgaben sichtbar. So kritisieren die Befragten die Eingriffe in ihre unternehmerische Freiheit und die Realitätsferne der Vorgaben vor allem im Hinblick auf die zeitlichen Abläufe. Andererseits sehen die Firmen die katalytische Wirkung des Gesetzes für mehr Anstrengungen in der Frauenförderung.
Stereotype Rollenbilder bestehen weiter
Aber bisweilen herrschen immer noch traditionelle Vorstellungen davon, wie Führung auszusehen hat – nach Ansicht einiger der befragten Unternehmen ein typisch deutsches Phänomen. Rollenzuweisungen und stereotype Bilder von Führung, so die Studie, könnten zur Replikation von Führungspersönlichkeiten führen. Künftige Führungskräfte würden dann nach dem Ähnlichkeitsprinzip identifiziert, was die Aufstiegschancen von Frauen beeinträchtige.
Den Studienbericht steht > hier zum Download zur Verfügung.