Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Employer Branding: Der Aufwand lohnt sich

Denn diskutiert wurde im Fishbowl-Format. Die Anordnung, bestehend aus einem inneren und einem äußeren Sitzkreis, ermöglicht einen Austausch in aufgelockerter Atmosphäre.

Ein Kreis innen, die Zuschauer – und potenziellen Mitredner – außen: Marcus Merheim, Senior Marketing Manager, Xing, moderiert die Fishbowl-Session
Ein Kreis innen, die Zuschauer – und potenziellen Mitredner – außen: Marcus Merheim, Senior Marketing Manager, Xing, moderiert die Fishbowl-Session „Employer Branding“. Xing-E-Recruiting Geschäftsführer Dr. Jens Stief war einer der drei Diskutanten. (Foto: Cornelius Tometten)

+++ Lesen Sie die wichtigsten Zitate der Session › in dieser Bilderstrecke +++

Wann ist Employer Branding im Mittelstand erfolgreich? Für Jens Stief, Geschäftsführer Xing-E-Recruiting, sind vor allem die Punkte Authentizität und relevante Reichweite ausschlaggebend dafür, ob eine Arbeitgebermarke funktioniert. Unter Authentizität versteht er, „ehrlich und glaubwürdig zu kommunizieren“, unter relevanter Reichweite das tatsächliche Erreichen der Zielgruppe. Vielleicht sei genau das der Vorteil, den KMU gegenüber Konzernen haben: Sie könnten authentischer agieren.

Marcel Rütten, Head of Talent Acquisition & Employer Branding, Berner Group, stellt vor allem Menschen in den Mittelpunkt: „Employer Branding hat immer ein Gesicht“. Es müsse „von innen heraus kommen“, dürfe nicht aufgesetzt sein, sondern müsse aus der Unternehmenskultur heraus entstehen und kommuniziert werden. Damit gleiche kein Employer-Branding-Konzept dem anderen, ergänzt Sarah Müller, Geschäftsführerin Kununu: „Jedes Unternehmen ist sicherlich einzigartig und besteht eben nicht nur aus Wachstum und Marktführerschaft“. Man müsse sich fragen, so Müller, wer man sei – vor allem aber auch, wer man nicht sei.

Sarah Müller betont, dass viele Arbeitnehmer und Arbeitsuchende ihre Wunscharbeitgeber nach unternehmenskulturellen Gesichtspunkten wählen – Stichwort Cultural Fit. Die eigene Unternehmenskultur zu kennen und zu pflegen und diese von innen nach außen sowie quer durch das Unternehmen zu tragen, sei der Kern von Employer Branding. Eine Teilnehmerin aus dem Publikum ergänzt dazu, wie wichtig es sei, dass man zwischen einzelnen Abteilungen differenziere. Nicht in jeder Abteilung sei die gleiche Kultur umsetzbar. Wichtig sei aber, dass es eine Art Kern-Unternehmenskultur gebe. Dem stimmt Marcel Rütten zu: „Die Differenzierbarkeit zwischen den Abteilungskulturen muss die Voraussetzung sein“.  

Wenn man verschiedene Stakeholder mit unterschiedlichen Abteilungskulturen hat, müssen diese bei der Konzeptentwicklung berücksichtigt werden. Für Marcel Rütten ist klar, dass möglichst viele Parteien eingebunden sein müssen, um die unterschiedlichen Dimensionen so zusammenzuführen, dass ein Unternehmen eine ganzheitliche Arbeitgebermarke entwickeln kann. Sarah Müller betont, dass sich jede Partei in die andere hineinversetzen sollte. „Dazu gehört auch, dass sich der CEO Gedanken darüber macht, warum die Mitarbeiter jeden Tag zur Arbeit kommen“.

Nur so könne Employer Branding funktionieren. Jens Stief findet, dass ein gutes Konzept von unten aufgebaut werden sollte, die „Synchronität zwischen den Führungskräften, der Geschäftsführung und den Mitarbeitern“ jedoch entscheidend sei. Das Konzept solle auf festgelegte Ziele abgestimmt sein und müsse eine starke individuelle Komponente beinhalten. Es könne jedoch nur funktionieren, wenn alle im Unternehmen mitwirken und sich unterstützen.

Unternehmen mit einer stärkeren Arbeitgebermarke können Mitarbeiter besser halten. Die intrinsische Motivation der Mitarbeiter wird geweckt, das Thema Vergütung wird weniger wichtig – ein Phänomen, das Marcel Rütten aus seiner Zeit als HR-Manager bei der Kindernothilfe kennt. Wenn Kandidaten Überzeugungstäter sind, brauchen sie kaum Anreize von außen. Und sie wirken mit ihrer Begeisterung ansteckend, wie Jens Stief ergänzt: Zufriedene Mitarbeiter seien zusätzlich ein Faktor dafür, neue Kandidaten anzuziehen.

Nicht unproblematisch ist es jedoch, den Erfolg eines Branding-Konzepts zu messen. Rüttens Tipp: Die Zahl der Initiativbewerbungen sei ein guter Indikator. Sie belege, dass sich Bewerber nach kontinuierlichem Beobachten des Unternehmens dazu entschließen, eine Bewerbung abzuschicken. Des Weiteren sei etwa die Anzahl abgeschlossener Job-Abos (newsletterartige Benachrichtigungen über freigewordene Stellen im ausgewählten Unternehmen) ein passender Indikator für erfolgreiches Employer Branding.

Die Größe, der Standort und die Branche des Betriebs machen einen großen Unterschied bei der Gestaltung des Employer Brandings. Das kann Jens Stief, der sich mit Xing E-Recruiting in diesem Jahr intensiv dem Mittelstand widmet, bestätigen. Demnach betrieben nur wenige KMU im ländlichen Raum umfassendes Employer Branding. Die wenigen, „die es sehr gut machen“, seien „Leuchttürme“ in ihren Regionen. Im ländlichen Raum stünden die Firmen unter größerem Druck, weil es weniger potenzielle Bewerber gibt. Denn Bewerbungen seien ein „Local Play“. Arbeitnehmer suchten in der Regel nur in einem 50-Kilometer-Umkreis nach freien Stellen, was eine zunehmende Vernetzung zwischen Regionen und Unternehmen nötig mache.

Fest steht nach dieser Gesprächsrunde: Der Aufbau einer Arbeitgebermarke kostet Zeit, er ist mehrdimensional, man muss hart daran arbeiten und das Konzept immer wieder anpassen: an die sich wandelnden äußeren Einflüsse, an Druck und Veränderungen von innen, und natürlich an die individuellen Gegebenheiten und Charakteristika der Organisation.

+++ Lesen Sie die wichtigsten Zitate der Session › in dieser Bilderstrecke +++

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.