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Krankenhäuser müssen sich im Wettstreit um Pflegekräfte anstrengen

Eine alte Frau mit Gehhilfe vor einem Krankenhausbett
Hierzulande herrscht ein Pflegenotstand. Um ihm entgegenzuwirken, müssen Krankenhäuser ihren Mitarbeitern auch bessere Arbeitsbedingungen schaffen.
Foto (CCO): pexels.com

Aufgrund des demografischen Wandels gibt es in Deutschland immer mehr Pflegebedürftige. Gleichzeitig herrscht in der Pflege ein Fachkräftemangel. Daher spielt das Thema Mitarbeitergewinnung und -bindung für Krankenhäuser eine immer größere Rolle. Attraktive Arbeitsbedingungen werden daher künftig an Relevanz gewinnen. Zwar tun die Kliniken in dieser Hinsicht schon einiges, das ist laut einer aktuellen Studie jedoch noch ausbaufähig.

Das Gesundheitswesen gehört zu den Branchen mit den meisten krankheitsbedingten Fehltagen. Zusammen mit den Ausfallzeiten durch Weiterbildung und Urlaub verschärft dies das ohnehin bestehende Personalproblem der Krankenhäuser. In der Pflege lag der Anteil an Mitarbeitern ab 50 Jahren bei 30 Prozent, die Fehlzeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildung beliefen sich im Schnitt auf 20 Prozent. Die Fluktuationsquote im Pflegedienst betrug 2017 knapp sechs Prozent. Wegen des Fachkräftemangels suchen derzeit bereits 44 Prozent der deutschen Krankenhäuser Pflegepersonal auch im Ausland oder schalten private Arbeitsvermittler ein. Das zeigt die Studie „Das Krankenhaus als attraktiver und gesunder Arbeitgeber“ von BDO und dem Deutschem Krankenhausinstitut (DKI). Dafür wurden 319 Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten befragt.

Die derzeitige Situation stelle auch angesichts der neuen gesetzlichen Personaluntergrenzen in der Pflege eine große Herausforderung für das Klinikmanagement dar, so Prof. Dr. Volker Nürnberg, Experte für Gesundheitsmanagement und Partner bei BDO.

Hier sind die Krankenhäuser gefordert, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern,

so Nürnberg. Zusammen mit den verstärkten Leistungen der Krankenkassen, die ab 2019 mehr Geld für die Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen aufwenden sollen, sei das sicher ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung der Attraktivität von Pflegeberufen.

Arbeitsbedingungen: körperliche und psychosoziale Belastungen zu wenig im Fokus

Was die Arbeitsbedingungen in der Pfege betrifft, so fokussiert sich mit rund 90 Prozent die Mehrheit der Befragten auf organisatorische und prozessorientierte Verbesserungsmaßnahmen. Ebenso häufg steht die Änderung des Führungsverhaltens im Mittelpunkt. Deutlich geringere Aufmerksamkeit wenden die Krankenhäuser hingegen Möglichkeiten zum Abbau körperlicher und psychosozialer Belastungen zu, die bei rund einem Viertel der Befragten praktisch nicht vorkommen.

An Gesundheitsmaßnahmen dominieren Sport- und Bewegungsangebote

Bislang hat mehr als jedes zweite Krankenhaus  die Gesundheit der Mitarbeiter im Leitbild verankert. Dies manifestiert sich auch in Präventivmaßnahmen, die allerdings nur in einem Drittel der Kliniken spezifsch auf die jeweiligen Mitarbeitergruppen zugeschnitten sind. Unter den gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen, deren Ziel die Veränderung des individuellen Verhaltens der Mitarbeiter ist, dominieren im Krankenhaus Sport und Bewegungsangebote, die nur rund zehn Prozent nicht anbieten. Bereits 58 Prozent der Krankenhäuser fördern ihre Mitarbeiter mit Sportangeboten. Unter den Einzelmaßnahmen dominiert die Rückenschule. Am unteren Ende steht lebensstilbezogene Beratung, etwa zu Ernährung und Sucht, die rund zwei Drittel der Kliniken gar nicht oder nur selten anbieten. Beim Gesundheitsmanagement besteht laut Studie jedoch noch Handlungsbedarf. Vor allem müssten künftig verstärkt die Risikogruppen, die besondere Unterstützung benötigen, mit Gesundheitsangeboten versorgt werden.

Kliniken familienfreundlicher als viele andere Arbeitgeber, aber…

Was familienfreundliche Arbeitsbedingungen betrifft, haben die Kliniken inzwischen Maßnahmen ergriffen, um für Mitarbeiter attraktiver zu werden. So bietet mehr als die Hälfte der Häuser eine betriebliche Kinderbetreuung an, sei es über eigene Kindergärten und Kinderkrippen oder über betriebliche Belegplätze in der Umgebung. Darüber hinaus haben 78 Prozent der Krankenhäuser für ihre Mitarbeiter Maßnahmen zur beruflichen Weiterqualifizierung während der Elternzeit im Angebot. Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Unterstützungsangebote für Mitarbeiter mit Kindern, zum Beispiele Kontakthalte- und Wiedereinstiegsprogramme, familiär bedingten Sonderurlaub und Zuschüsse für Kinderbetreuung oder deren Vermittlung. Im Branchenvergleich seien dies sicherlich gute Werte“, so DKI-Vorstand Dr. Karl Blum, mit Blick auf die längerfristige Fachkräftesicherung würden familienfreundliche Angebote in Zukunft aber noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Nur wenige Kliniken bieten außer- oder übertarifliche Vergütung

Das Angebot finanzieller Anreize zur Mitarbeitergewinnung und -bindung ist im Vergleich mit anderen Maßnahmen in Krankenhäusern weniger verbreitet. So bietet lediglich ein knappes Viertel der Kliniken (23,5 Prozent) neuen Mitarbeitern in der Pflege eine außer- oder übertarifliche Vergütung an und nur elf Prozent zahlen ihren neuen Mitarbeitern grundsätzlich den Umzug, falls notwendig.

Die vollständigen Studienergebnisse stehen > hier zum Download zur Verfügung.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.