Recruiterinnen und Recruiter kämpfen noch mehr als zuvor um die Gewinnung von IT-Fachkräften. Denn der Mangel wird größer. 2020 blieben laut einer repräsentativen Studie von Bitkom rund 86.000 Stellen für IT-Expertinnen und Experten unbesetzt. Im besten Fall müssen Unternehmen lange Vakanzen überbrücken. Um trotzdem noch eine IT-Fachkraft rekrutieren zu können, lohnt sich ein Blick auf die Gehaltsvorstellungen der ITlerinnen und ITler sowie die eigene Karriereseite. Hier geben zwei Studien etwas mehr Transparenz.
Mehr als 10.000 Euro Gehaltsdiskrepanz
Bei einer Befragung von 255 Unternehmensvertreterinnen und -vertretern sowie 2200 Fachkräften aus der IT und dem Ingenieurwesen haben der Verein „Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe“ (DSAG) und das Unternehmen Get in, Betreiber eines Talent Marketplaces im MINT-Sektor, herausgefunden, dass junge IT-Fachkräfte häufig ein deutlich höheres Gehalt erwarten als die Unternehmen ihnen anbieten. Mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmensvertreter wollen den IT-Fachkräften, die frisch aus dem Studium oder der Ausbildung kommen (bis zu drei Jahre nach dem Abschluss), nicht mehr als 50.000 Euro pro Jahr zahlen. Etwa 55 Prozent des IT-Nachwuchses erwarten aber mehr. Ein Viertel der IT-Professionals fordert ein Gehalt von 50.000 bis 59.000 Euro jährlich, rund 30 Prozent der Befragten sogar mehr als 60.000 Euro Jahresgehalt.
Die Diskrepanz zwischen den Gehaltsvorstellungen der Unternehmen auf der einen und den jungen IT-Fachkräften auf der anderen Seite verstärkt sich, je geringer der akademische Grad der Nachwuchstalente ist. So fordern vor allem IT-Fachkräfte, die eine Berufsausbildung haben, deutlich mehr Lohn, als die Unternehmen ihnen anbieten. Informatikabsolventen mit einem Masterabschluss hingegen kommen bei den Gehaltsvorstellungen mit den Unternehmen am häufigsten auf denselben Nenner. Sie tendieren teilweise sogar dazu, die Zahlungsbereitschaft der Unternehmen zu unterschätzen.
Lange Vakanzzeiten und umständliche digitale Bewerbungsprozesse
Um die viel umworbenen IT-Fachkräfte für sich zu gewinnen, kann es auch hilfreich sein, den Bewerbungsprozess auf der eigenen Karrierewebseite so einfach wie möglich zu gestalten. Hier sind viele Unternehmen schon auf einem guten Weg, Verbesserungsspielraum ist aber laut einer Studie der Recruiting-Beratung Wollmilchsau allerdings noch vorhanden. Für die Untersuchung haben sich die Studienverfasser im Januar 2021 die Karrierewebseiten von 122 Unternehmen angeschaut.
Das Ergebnis: Mehr als 60 Prozent der Unternehmenswebseiten haben in der Hauptmenü-Leiste einen Link zur Karriereseite eingebaut. Die Jobbörsen sind zudem bei fast jedem Unternehmen für die Nutzung am Smartphone optimiert, die Bewerbungsformulare allerdings nur noch bei rund 65 Prozent gut mobile nutzbar. Etwa 18 Prozent der Unternehmen lassen die Bewerber zunächst eine aufwendige Account-Registrierung mit Passwort und anschließender Account-Bestätigung durchlaufen. „Die Absprungrate der Bewerbenden erhöht sich hierdurch deutlich“, schreiben die Studienverfasser. Rund 20 Prozent der Unternehmen besitzen keine Bewerbungsplattform und möchten die Bewerbung ausschließlich per E-Mail als PDF erhalten.
Eine Verbesserung der digitalen Bewerbungsmöglichkeiten könne laut den Studienverfassern die Vakanzen der IT-Stellen verringern. Auch diese untersuchte Wollmilchsau. Durchschnittlich betrage die Vakanzzeit von IT-Positionen 183 Tage – das sind etwa sechs Monate. Je nach Jobprofil verändert sich dies leicht. So suchen Unternehmen durchschnittlich 208 Tage nach einer IT-Beraterin oder einem IT-Berater, 196 Tage nach einer Fachkraft für Software-Entwicklung und 168 Tage nach einer Fachinformatikerin oder einem Fachinformatiker. Etwas leichter zu finden sind nach der Vakanzzeit zu urteilen Anwendungsprogrammiererinnen und -programmierer. Die Suche nach ihnen dauert im Schnitt 148 Tage. Die Erwartungshaltung, mit einer Anzeige, die für 30 Tage geschaltet wird, eine Stelle besetzen zu können, sei historisch bedingt „und leider noch immer präsent“, schreiben die Autoren. „Das führt zu immensen Missverständnissen mit Fachbereichen.“
Hier geht es zurück zum Special Recruiting von IT-Fachkräften.
Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.