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Freude an der Aufgabe treibt Karriere

Bild von Achim Hensen
Organisationsentwickler Achim Hensen; Foto: Traum-Ferienwohnungen

Das Management und HR entscheiden, wer neu an Bord kommt, wer welchen Karriereschritt macht und welches Gehalt bekommt? Das war gestern. Heute treffen die Mitarbeiter bei der Traum-Ferienwohnungen GmbH Entscheidungen möglichst dezentral und in den Teams.

In kurzer Zeit auf 140 Mitarbeiter gewachsen, gab es bei Traum-Ferienwohnungen bis vor wenigen Jahren noch Abteilungen mit Führungskräften und eher starren Hierarchien. Dann verordnete sich die Bremer New Work Company, die Urlaubsdomizile in über 70 Ländern weltweit vermarktet, einen Transformationsprozess. „Wollen wir langfristig erfolgreich sein, brauchen wir selbstverantwortliche Teams mit Mitarbeitern unterschiedlicher Fachbereiche, die jeweils ganzheitlich eine Kundengruppe, zum Beispiel gewerbliche Anbieter oder private Vermieter, aus einer Hand betreuen“, sagt Organisationsentwickler Achim Hensen. Individuellen Stärken und Themen entsprechend gehen unter- schiedliche Mitarbeiter in den Lead. Formale Führungskräfte braucht es in einer solchen Organisationsstruktur nicht mehr.

Probetage geben Aufschluss

Auch wer eingestellt wird, wer welche Rolle im Team übernehmen oder wer das Team verlassen muss, wird von den Teams selbst entschieden. Unterstützt werden sie bei komplexeren Aufgaben auf eigenen Wunsch hin von internen Dienstleisterfunktionen – beispielsweise gibt es solche für HR, IT oder Controlling. Ein Beispiel: Ein HR-Dienstleister moderiert ein Bewerbungsgespräch, das gemeinsam mit dem Bewerber und einem Mitarbeiter aus dem Fachbereich stattfindet. Was willst Du bei uns bewegen, kannst Du Dir vorstellen, welche Herausforderungen die Selbstorganisation mit sich bringen? „Für uns ist nicht entscheidend, was jemand gemacht hat, sondern was ihn antreibt und welche Kompetenzen er hat“, sagt Anna Deluweit, die als HR-Prozessbegleiterin ihre Kollegen unterstützt. Auch halbtägige Probetage, die quasi als letzte Entscheidungsrunde zur Einstellung eines Kandidaten dienen, begleitet die studierte Psychologin. Der Kandidat erhält kleine Probeaufgaben mit anschließenden Feedback- runden. Diese Probetage ermöglichen dem Kandidaten einen fachlichen Einblick und dem Unternehmen einen Eindruck, ob jemand in die Organisation passt.

Es gibt weder einen vorgezeichneten Karriereweg noch eine standardmäßige Entwicklung aus der Gießkanne. Vielmehr kann sich jeder Mitarbeiter mit seinen Peers beraten, welchen Entwicklungsbedarf er hat beziehungsweise welche neuen Kompetenzen ein Rollenwechsel erfordern würde. Hensen: „Es ist ehrlicher und wertschätzender, wenn das Feedback von den Kollegen kommt, die nah am Mitarbeiter und dem Geschäft dran sind.“ Dann wird individuell geschaut, ob Wissen on the job weiter- gegeben werden kann oder ob der Mitarbeiter an einer externen Weiterbildung teilnehmen soll. Jedes Team hat ein Budget für Fortbildungen. Zusätzlich gibt es für alle neuen Mitarbeiter Grundlagenschulungen, unter anderem in Kommunikation und Konfliktlösungskompetenz, sowie einen „Buddy“ für die sechsmonatige Probezeit, der als erste Ansprechperson bei allen Fragen unterstützt.

Gehalt orientiert sich am individuellen Wertbeitrag

Wenn ein Team neue Rollen besetzen will oder temporär in einem bestimmten Projekt Unterstützung braucht, können sich auch interne Mitarbeiter, die Interesse an der neuen Aufgabe haben, quer bewerben. Auch die Gehaltsprozesse werden Schritt für Schritt von den Teams gestaltet und übernommen. Deluweit beschreibt die drei möglichen Wege: „Entweder entscheidet das Team, einzelne ausgewählte Teammitglieder oder HR in enger Abstimmung mit dem Team über das jeweilige Gehalt.“ Dann wird in die Waagschale geworfen: Welche Leistung beziehungs- weise welchen Mehrwert für den Kunden hat derjenige bisher erbracht, und welche Verantwortung übernimmt er in der neuen Rolle? Für Hensen ist dieses gegenwärtige Vergütungsmodell nicht in Stein gemeißelt: „Genauso wie sich der Einzelne kontinuierlich in einem inneren, persönlichen Wachstumsprozess befindet und seine Karriere immer wieder in neue Richtungen lenken kann, sind wir als Organisation permanent auf der Suche nach Verbesserung unserer Systeme.“