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Für Personalverantwortliche haben Absageschreiben häufig Serienbriefcharakter, sie seien ein „formaler Brief“ oder vergleichbar mit einem „Antwortschreiben nach einer Reklamation, der nicht stattgegeben wird“, schreibt ein Personaler. Dabei übersehen sie, dass Absageschreiben bei Bewerbern starke Emotionen auslösen können.
Absagen treffen
Sehr viele Kandidaten ziehen den Vergleich zu negativen Lebensereignissen. Sie empfinden die Schreiben als „Beileidsbekundung“ oder wie den „blauen Brief“ aus der Schulzeit. Etliche gescheiterte Bewerber vergleichen eine Absage mit der Nachricht über das Ende einer Beziehung à la „Schlussmachen per SMS“. Humorig wirkt da noch der Vergleich eines Bewerbers mit „Germany‘s Next Topmodel“: „Ich habe heute leider kein Foto für dich.“ Das zeigt eine Online-Umfrage, die die Recruitingplattform Softgarden und das Personalmagazin unter 1.130 Bewerbern und 123 Personalverantwortlichen durchgeführt haben.
Die Untersuchung hat den Blick der Kandidaten auf Absagen mit der Perspektive der Recruiter verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass Bewerber und Personaler zum Teil unterschiedliche Prioritäten haben. Worauf Bewerber bei Absagen Wert legen, entspricht nicht immer der Praxis der Recruitingverantwortlichen.
Kandidaten wollen vor allem wissen, warum
Für abgelehnte Bewerber ist das wichtigste Kriterium bei einem Absageschreiben, dass das Unternehmen nachvollziehbare Gründe nennt. Fast drei Viertel (73 Prozent) der Kandidaten wünschen sich das. An zweiter Stelle mit 62 Prozent folgt ein freundlicher Tonfall und 61 Prozent erwarten eine zeitnahe Antwort auf die Bewerbung. Doch diese Wünsche wurden beim letzten Absageschreiben, das die befragten Bewerber erhalten haben, eher nicht erfüllt: Angaben zu nachvollziehbaren Gründen konnten nur 22 Prozent entdecken. Nicht einmal jeder Zweite (46 Prozent) erhielt eine zeitnahe Absage. Einen freundlichen Tonfall dagegen wiesen fast alle Schreiben (92 Prozent) auf.
Höchste Priorität bei Personalern: der freundliche Tonfall
Die Antworten der Personalverantwortlichen bestätigen, dass sie bei Absageschreiben andere Prioritäten setzen. Für die meisten (68 Prozent) steht der freundliche Tonfall an erster Stelle. Auf dem zweiten Platz folgt mit 63 Prozent die zeitnahe Antwort, die jedoch mit den Erfahrungen der abgelehnten Bewerber nicht ganz übereinstimmt. An dritter Stelle für die HR-Experten steht der Ausdruck von Wertschätzung (60 Prozent). Die von den Kandidaten am höchsten priorisierte Angabe von nachvollziehbaren Gründen nennen gerade einmal 16 Prozent als sehr wichtig an. Hintergrund ist meist das AGG: „Gründe für die Absage zu schreiben ist zwar schön für den Bewerber, aber sehr riskant für das Unternehmen (AGG-Klagen)“, schreibt ein Teilnehmer.
Bewerber wünschen sich Personalisierung und Wertschätzung
Die Befragungsergebnisse zeigen außerdem, dass 41 Prozent der Bewerber besonders großen Wert auf eine Personalisierung des Absageschreibens legen, etwa indem auf konkrete Aspekte aus ihrem Lebenslauf Bezug genommen wird. Umgekehrt sehen 55 Prozent der HR-Verantwortlichen diese Personalisierung unwichtig oder eher unwichtig an. Außerdem halten es 41 Prozent der abgelehnten Kandidaten für sehr wichtig, ein Angebot zu bekommen, weiter in Kontakt zum Unternehmen zu bleiben. 34 Prozent wünschen sich als Ausdruck von Wertschätzung Dank für die Bewerbung.
Candidate Experience wird vernachlässigt
Der freundliche Tonfall reiche nicht mehr, sagt Dominik Faber, Gründer und Geschäftsführer von Softgarden. Auch mit mehr „Tschakka“ in den Absageschreiben sei das Problem der Erlebnisinkongruenz zwischen Bewerbern und Recruitern nicht zu lösen:
Wertschätzung muss sich nicht nur in den Worten, sondern auch im Prozess widerspiegeln, Arbeitgeber müssen stärker zu Dienstleistern an ihren Kandidatenkunden werden,
so Faber. Dazu brächten sie zuallererst einen regelmäßigen Einblick, wie ihre Prozesse bei den Kandidaten aufschlagen. Die Verbesserung der Candidate Experience beim Thema Absage beginne mit der Einsicht der Recruiter, dass das, was auf Unternehmensseite ein „Verwaltungsvorgang“ ist, auf Kandidatenseite die ganze emotionale Wucht eines negativen „Erlebnisses“ entfalten kann.
Nicht das letzte Wort
Zudem, so Dominik Faber, müsse eine Absage nicht immer das letzte Wort sein. Hier gebe es vielfältige Möglichkeiten für Unternehmen: vom Hinweis auf weitere Stellen, die besser passen könnten, über die Aufnahme in einen Talentpool bis zum Vorschlag, die Bewerbung an ein anderes Unternehmen weiterzuleiten, das Interesse am Profil des Kandidaten haben könnte.
Eine ausführliche Präsentation der Umfrageergebnisse kann > hier zum Download angefordert werden.