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Vorstellungsgespräche bei offener Tür

Türschild mit Aufschrift
Normalerweise sind bei Bewerbungsgesprächen keine Zuschauer erwünscht, doch eine TV-Doku gewährt jetzt etwas Einblick.
Foto: © Brian Jackson/Fotolia.de

Welche Gedanken machen sich Personalchefs und Vorgesetzte über Bewerber, wie gehen sie vor, was interessiert sie, welche Fragen stellen sie, wie fühlen sie Kandidaten auf den Zahn, wie beurteilen sie sie und wen stellen sie letztlich ein? Darüber können sich die Zuschauer in der TV-Serie, die unter der Kategorie Doku- & Reality-Soaps läuft, an einigen Beispielen ein Bild machen. Und sie können den Bewerbern dabei zuschauen, wie engagiert und vorbereitet sie ins Vorstellungsgespräch gehen, wie sie sich präsentieren, wie qualifiziert sie wirken, welchen Eindruck sie hinterlassen und womit sie die Interviewpartner überzeugen. Die Bewerber werden außerdem direkt vor und nach den Interviews gefilmt. Damit soll offenbar ein wenig Spannung oder Mitfiebern mit den oft aufgeregten Kandidaten erzeugt werden. Bei dem Format einer Reality-Soap ist jedoch grundsätzlich zu bedenken, dass die Sendungen gescriptet sind, also häufig wenig oder sogar nichts dem Zufall überlassen wird und die Kandidaten anhand ihres Unterhaltungswertes ausgewählt werden.

Personaler integrieren häufig Eignungstests ins Bewerbungsgespräch

Jede Folge zeigt zwei Unternehmen bei ihren Vorstellungsgesprächen mit jeweils drei Bewerbern. Unter anderem gesucht wurden bisher ein Fahrer und Paketbote für eine Logistikfirma, eine Social-Media-Assistenz für ein Modeunternehmen und ein Management Trainee für eine Hotelkette. Die Personaler und potenziellen künftigen Chefs stellen nicht nur fachliche Fragen, sondern führen bisweilen auch kleine Eignungstests durch. So mussten die Bewerber für die Logistikfirma zum Beispiel anhand einer Skizze entscheiden, welchen Weg zum Kunden sie fahren würden: über eine Straße, an der sich eine Grundschule befindet, eine Tagesbaustelle mit Ampel oder die Straße, auf der die Müllabfuhr fährt. Hier kam es der Personalchefin vor allem darauf an, dass die Kandidaten nicht die Straße mit der Schule wählten, um niemanden zu gefährden und nicht darauf, ob das Paket termingerecht zum Kunden kam. Darauf kam nicht jeder der Kandidaten.

Serie eher Anschauungsunterricht für Bewerber

Wie die gesamten Interviews ablaufen, wird nicht dargestellt, stattdessen werden mit zahlreichen Schnitten verschiedene Details aus den Gesprächen präsentiert und auch ausschnittweise Notizen gezeigt, die sich die Recruiter zu den Kandidaten machen wie „sehr sympathisch“ oder „taut auf“. Daher ist es nicht möglich, Stärken und Schwächen der Gesprächsführung und das Vorgehen der Personaler insgesamt zu analysieren und zu beurteilen, was aber wohl auch nicht der Anspruch der Sendung ist. Die Intention der Reihe ist es, den Zuschauer zu unterhalten. Vielleicht können angehende Bewerber noch am meisten vom Mitverfolgen der Vorstellungsgespräche profitieren, denn sie bekommen demonstriert, dass sie sich gut auf Interviews vorbereiten müssen, sich vorab über das Unternehmen informieren und sich auch Gedanken über die konkrete Tätigkeit machen sollten.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.