Es gibt sie, die Rückkehrer in die betriebliche Altersversorgung. Wie die RAFI GmbH & Co. KG aus Oberschwaben, die ein vielschichtiges Dreisäulenmodell entwickelt hat.
Der Hersteller elektromechanischer und elektronischer Bauelemente und Systeme zur Mensch-Maschine-Kommunikation hat seine frühere Betriebsrente 2001 aus Risikogründen geschlossen. Doch seit einigen Jahren machen sich die Verantwortlichen im Unternehmen Gedanken darüber, was sie gegen die drohende Altersarmut tun können und wie sich die Rentenlücke der Mitarbeiter schließen lässt. Das Ergebnis der jahrelangen Diskussion, an der auch die IG Metall beteiligt war, ist das Dreisäulenmodell der betrieblichen Altersvorsorge bei RAFI. Es ist über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden.
Dreisäulenmodell im Einzelnen
Mit den Bausteinen der ersten Säule verfolgt RAFI das Ziel, die staatliche Rente zu ergänzen. Dazu zählen die MetallRente und Altersvorsorgewirksame Leistungen für tariflich Beschäftigte sowie eine Unterstützungs- und Pensionskasse für außertariflich Beschäftigte. Bei der MetallRente erfolgt die Besparung durch Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung. Diese ist durch einen Ergänzungstarif vereinbart worden und für alle tariflich Beschäftigten verpflichtend. Entsprechend nehmen nahezu 100 Prozent der Mitarbeiter daran teil. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen einer höheren Arbeitszeit über die Umwandlung von 1,25 Arbeitsstunden pro Woche entsprechend dem individuellen Stundensatz.
Bei der zweiten Säule der RAFI-bAV steht das Ziel im Mittelpunkt, ein früheres Ausscheiden aus dem Erwerbsleben oder ein Sabbatical zu ermöglichen. Für diesen Zweck können die Tarifmitarbeiter ein Langzeitkonto und ein Zeitwertkonto besparen. Die Besparung des Zeitwertkontos erfolgt durch Entgeltumwandlung, die Besparung des Langzeitkontos durch die Umwandlung von Mehrarbeit. Bislang setzen nur wenige Mitarbeiter auf das Langzeitkonto, während immerhin 5 Prozent der Mitarbeiter das Zeitwertkonto nutzen. Es wird über eine Verzinsung und über Zuschüsse von Arbeitgeberseite begünstigt. Zugleich sind Zeitwertkonten steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich komplexe Instrumente. Das Zeitwertkonto ist damit auch eine Möglichkeit für die Beschäftigten, ihren Renteneintritt unternehmensunabhängig zu gestalten.
Darüber hinaus haben die Beschäftigten die Möglichkeit, in Altersteilzeit zu gehen. Der Staat fördert diese Option seit mehreren Jahren nicht mehr finanziell, so dass RAFI bei der Auswahl der teilnahmeberechtigten Mitarbeiter aus Kostengründen restriktiv vorgehen muss. Derzeit sind bei RAFI rund 1.000 Mitarbeiter teilnahmeberechtigt. Der Arbeitgeber kommuniziert diese Option auf Mitarbeiterversammlungen und in Mitarbeiterzeitungen. Markus Folz, Bereichsleiter Personal bei RAFI, sieht insgesamt eine steigende Nachfrage nach den Instrumenten der zweiten Säule: „Praktisch alle Kollegen ab dem 50. Lebensjahr kommen irgendwann in die Personalabteilung und erkundigen sich nach Möglichkeiten, ihren Ausstieg aus dem Erwerbsleben zu planen.“
Über die dritte Säule können die RAFI-Beschäftigten temporäre und dauerhafte Berufsunfähigkeit durch den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung finanziell absichern. Dafür bekommen sie Sonderkonditionen und vereinfachten Zugang durch Verzicht auf Gesundheitsfragen. Auch werden die Beiträge der betrieblichen Altersvorsorge im Leistungsfall weiterbezahlt. Erkrankt ein Mitarbeiter länger, so werden hierdurch Handlungsoptionen im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) geschaffen. Ein betroffener Beschäftigter ist im BEM-Verfahren geringerem finanziellem Druck ausgesetzt und muss nicht um jeden Preis wieder arbeiten, auch wenn dies dem Heilungsprozess abträglich ist.
Soziale Verantwortung als Motiv
Den Verantwortlichen bei RAFI war es wichtig, dass das Unternehmen seiner sozialen Verantwortung gerecht wird. Vor allem im Niedriglohnbereich sollte sich die Quote derer erhöhen, die Altersvorsorge betreiben. Früher lag die Teilnahmequote in der bAV bei rund 25 Prozent. Sie wurde bislang überwiegend von Mitarbeitern mit höheren Einkommen genutzt, die bereits privat vorsorgten. RAFI wollte zudem ein Modell aufbauen, das Antworten auf die demographisch bedingte Zunahme an Langzeitkranken und leistungsgewandelten Mitarbeitern sowie an vermehrt auftretenden psychisch bedingten Langzeiterkrankungen, einer tendenziell länger werdenden Lebensarbeitszeit und der Verschiebung des Regelrentenalters gibt. Dies ist gelungen.
Das Unternehmen entwickelt und produziert komplexe Lösungen im Bereich Mensch-Maschine-Kommunikation und bewegt sich in einem immer stärker internationalen Markt. Zudem steigt die Geschwindigkeit des technologischen Wandels. Gepaart mit dem Megatrend der demographischen Entwicklung, steht das Personalmanagement von RAFI daher vor der Herausforderung, kontinuierlich die erforderlichen Kompetenzen aufzubauen und die Verfügbarkeit der Ressourcen sicherzustellen. RAFI verzahnt daher die Bereiche Aus- und Weiterbildung, flexibles Arbeiten, betriebliches Gesundheitsmanagement und betriebliche Altersversorgung miteinander. Ein solch durchgängiges Konzept schafft zahlreiche Möglichkeiten, den Herausforderungen des Personalmanagements Rechnung zu tragen und erhöht dabei auch die Arbeitgeberattraktivität. Dies wiederum fördert die Mitarbeiterbindung wie auch die Mitarbeitergewinnung, denn es kann meistens auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Mitarbeiters in seiner jeweiligen Lebenssituation eingegangen werden.