Flexible Benefits ist in vielen globalen Konzernen längst Standard und eine effiziente und effektive Alternative zu Cafeteriamodellen. Im deutschen Mittelstand sieht das noch anders aus. Deshalb lässt das neue Nebenleistungspaket des Energieversorgers Süwag mit der bAV-Säule aufhorchen.
Die Süwag Energie AG ist ein kommunal geprägter Energieversorger mit Standorten in Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Zu den Aktio-nären zählen innogy sowie 16 Städte, Gemeinden und kommunale Verbände an Rhein, Main, Lahn und Neckar. Süwag kooperiert mit 360 kommunalen Partnern bei der Erzeugung und Energieverteilung auf der Basis von Wasser, Wind, Biogas und Solarenergie.
Für die gut 1.700 Mitarbeiter hat der Energieversorger jetzt das interne Vergütungsmodell neu aufgestellt. Alle unbefristeten Beschäftigten sind teilnahmeberechtigt. Anlass für den Relaunch gaben die Veränderungen durch das Projekt „Modernes Arbeiten“. In diesem Projekt wurde in acht Themenfeldern mit rund 130 Beteiligten eine Vielzahl von Mitarbeitervorschlägen bearbeitet, die die Süwag in Bezug auf die Arbeitsbedingungen moderner und zukunftsfähiger machen sollten. Kernpunkte der Mitarbeitervorschläge waren Anreizwirkungen, eine größere zeitliche und räumliche Flexibilität sowie eine stärker dezentrale Organisation im Unternehmen. So hat Süwag ein budgetfinanziertes Nebenleistungspaket mit dem Namen „FlexBen“ entwickelt, zu dem auch die betriebliche Altersversorgung zählt. Ein Kennzeichen von FlexBen ist die hohe Flexibilität in der Risikoabsicherung, der Versorgungshöhe und der Auszahlungsvariante der Leistungen im Rahmen der bAV. Zu den Flexible Benefits zählen noch weitere Nebenleistungen wie Leasingmodelle für Zweiräder und Pkws, Sachleistungen, Versicherungsprodukte und Zeitwertkonten.
Mit der Präferenz für Flexibilität passt das neue Vergütungsmodell gut in die HR-Strategie von Süwag, die aus der Unternehmensstrategie abgeleitet wurde. Unter anderem legten die Verantwortlichen die Kernelemente „die richtigen Mitarbeiter für die Energiewelt von morgen finden und binden“ und „die Attraktivität der Süwag als Arbeitgebermarke stärken“ fest. Gerade am Hauptstandort des Unternehmens in der Rhein-Main-Region besitzen zeitliche Flexibilität und Individualität eine hohe Relevanz. FlexBen zahlt auf diese Elemente der Personalstrategie ein und stellt ein Alleinstellungsmerkmal für Süwag als mittelständischen Energieversorger dar.
Flexibilität statt starrer Zuweisungen
Das Besondere am FlexBen-Modell ist, dass der Arbeitgeber jedem teilnahmeberechtigten Mitarbeiter ein Benefitbudget zur Verfügung stellt, das dieser selbst nach eigenen Präferenzen verteilen darf. Welche Nebenleistungen der Süwag-Belegschaft wichtig sind, hat der Arbeitgeber zunächst über eine Befragung ermittelt. Dabei haben die Beschäftigten rund 200 Vorschläge eingereicht, aus denen das Unternehmen ein Portfolio an Benefits zusammengestellt hat. Neue Elemente wie Zeitwertkonten kamen hinzu, bestehende Elemente wie die bAV wurden modernisiert. Für das erste Jahr stellt der Arbeitgeber den Bestandsmitarbeitern ein individuelles Benefitsbudget von 1.750 Euro pro Vollzeitmitarbeiter zur Verfügung. Dieses Budget können die Arbeitnehmer durch Entgeltumwandlung nach eigener Wahl aufstocken.
Bislang war die betriebliche Altersversorgung von Süwag stets auf das Endgehalt bezogen. In der langfristigen Niedrigzinsphase bergen solche starren Arbeitgeberleistungen aber erhebliche Finanzierungsrisiken. Um diese zu reduzieren, steigt das Unternehmen auf beitragsorientierte Leistungszusagen für neue Beschäftigte um. So bekommen ab 1. Januar 2018 neueingetretene Mitarbeiter zunächst eine obligatorische Basisabsicherung vom Arbeitgeber, das sogenannte Basiskonto. Hier werden 1,5 Prozent der beitragsfähigen Bezüge vom Arbeitgeber eingebracht. Zudem stellt der Arbeitgeber
2 Prozent als Budgetwert bereit, die der Arbeitnehmer im Rahmen von FlexBen verwenden kann. Die Mitarbeiter können dieses Budget aus ihrem eigenen Entgelt aufstocken. Tarifmitarbeiter können maximal 10 Prozent, außertariflich Beschäftigte 15 Prozent ihrer beitragsfähigen Bezüge einbringen. Dieses Budget kann per Entgeltumwandlung beispielsweise für das Aufbaukonto der bAV verwendet werden.
Die Beschäftigten haben neben der bAV weitere Optionen für die Verteilung ihrer Budgetmittel. Viele Beschäftigte haben diese Option bereits genutzt. Wer die Option nicht nutzt, dem werden die Budgetwerte am Jahresende automatisch auf die Altersversorgung angerechnet. Für die Bestandsmitarbeiter bleiben die bislang geltenden Zusagen weiterhin bestehen. Zudem können sie analog zu den Neueintritten ein Aufbaukonto per Entgeltumwandlung bedienen und das gewährte Startbudget dafür nutzen.
Gegen Finanzierungsrisiken rückversichert
Um mögliche Finanzierungsrisiken bei der beitragsorientierten Leistungszusage zu minimieren, hat Süwag eine Rückversicherung abgeschlossen. Den Verantwortlichen ist es wichtig, dass im Unterschied zu den alten Anwartschaften in Zukunft keine Nachfinanzierungspflichten mehr bei Karrieresprüngen entstehen. Ein Versicherungspartner verwaltet die Vorsorgekonten der Mitarbeiter, während die gesamte übrige Administration des FlexBen-Modells intern bleibt. Gerade die Implementierung des FlexBen-Modells und der dazugehörenden IT-Lösung war für HR bei Süwag aufwendig.
Ein erstes Fazit
Bei den Mitarbeitern von Süwag ist das FlexBen-Modell in aller Munde. Allerdings weist es auch durch die hohe Flexibilität und die breite Auswahl an Benefits auf den ersten Blick eine hohe Komplexität auf. Aus diesem Grund wenden sich viele Beschäftigte mit Fragen an HR. Hier unterstützt ein breites Kommunikationskonzept während der Implementierungsphase. Die ersten Ziele hat Süwag bereits jetzt erreicht: Zum einen beschäftigen sich die Mitarbeiter intensiv mit dem Modell, zum anderen trägt der eigentliche Wert der bAV nun ein Preisschild.
Hier bestätigt sich erneut, dass die betriebliche Altersversorgung ein komplexes System ist, das eine individuelle Beratung erfordert. Durch die Flexibilisierung und die Kombination mit weiteren Nebenleistungen im Rahmen eines Flexible-Benefits-Ansatzes wird die Komplexität noch größer. Deshalb empfehlen die Entscheider bei Süwag, Steakholder frühzeitig einzubinden und die Leitplanken für ein solches Modell rechtzeitig zu stecken. Wichtig sind auch eine professionelle Begleitung durch Experten und ein gutes Projektmanagement. Schlüssel zum Erfolg ist die Kommunikation, neue Modelle müssen für die Mitarbeiter greifbar und erlebbar sein.