Für Arbeitgeber wird es künftig problematisch, den Mitarbeiter nicht rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass Urlaubsansprüche am Ende jedes Kalenderejahres verfallen. Diesbezüglich hat ein Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft in München geklagt. Als er nach zwölf Jahren seinen Arbeitsplatz verlassen hat, wollte er aus den Jahren 2012 und 2013 ganze 51 Urlaubstage geltend machen. Dies entsprach einer Summe von knapp 12.000 Euro. Einen Antrag auf Urlaub hatte er zuvor aber nicht gestellt. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfällt Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird. Darauf habe ihn sein Arbeitgeber aber nicht hingewiesen, so der klagende Mitarbeiter.
In den Vorinstanzen hatte der Wissenschaftler Erfolg. Das Landesarbeitsgericht nahm jedoch an, dass der Urlaubsanspruch verfallen sei, der Kläger aber einen Schadensersatzanspruch in derselben Höhe wegen fehlender Aufklärung hätte. Das entsprach auch der bisherigen Rechtsprechung. Das BAG hat diese Frage dem EuGH vorgelegt. Die Luxemburger Richter entschieden, dass der Arbeitgeber aktiv über Urlaubsansprüche aufklären müsse (AZ C-684/16). Er habe nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG die Initiative zu ergreifen.
Förmliche Aufforderung im Zweifel notwendig
Der Arbeitgeber habe, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.
Dieser Ansicht ist das BAG in seinem Urteil vom 19. Februar 2019 (9 AZR 541/15) gefolgt. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG könne der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Was das für die Praxis genau bedeutet, kann aufgrund mangelnder Urteile noch nicht festgemacht werden. Grundsätzlich sollten Arbeitgeber aber so früh und deutlich wie möglich auf den Urlaub hinweisen.
Der konkrete Fall wurde an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es müsse zunächst klären, ob das Max-Planck-Gesellschaft seinen Aufklärungspflichten wirklich nicht nachgekommen sei.