Viele Beschäftigte wünschen sich, weniger zu arbeiten. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Blue- und Grey-Collar-Report. Für den Report hat das Marktforschungsunternehmen Respondi im Auftrag der Jobplattform Joblift mehr als 1.500 Beschäftigte in Deutschland befragt. Drei Viertel von ihnen stammt aus dem Blue-Collar-Umfeld. Etwa vier Fünftel von ihnen arbeiteten zum Befragungszeitpunkt in Vollzeit, ein Fünftel in Teilzeit.
Fast ein Drittel von ihnen (72 Prozent) gibt an, nur zwischen 32 und 36 Stunden arbeiten zu wollen. Umgesetzt hat das jedoch nur ein kleiner Teil, nicht einmal ein Drittel (32 Prozent) derer, die diesen Wunsch äußerten.
Am größten ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei jungen Talenten im Alter von 18 bis 29 Jahren. Von ihnen würden 77 Prozent gern ihre Wochenstundenzahl reduzieren und maximal 32 bis 36 Stunden arbeiten. In dieser Altersgruppe haben das aber gerade einmal 27 Prozent realisiert.
Unflexible Arbeitszeiten als Kündigungsgrund
Insgesamt ist die Ausgestaltung der Arbeitszeit für alle Talente – unabhängig davon, ob sie im Berufsleben stehen oder sich bewerben – ein wichtiges Thema, wenn sie die Attraktivität einer Stelle bewerten sollen. Für zwei Drittel der Talente (62 Prozent) ist das Thema sehr wichtig, für fast alle Befragten (95 Prozent) mindestens wichtig.
Schlechte Arbeitszeiten nennen viele Arbeitnehmer als möglichen Kündigungsgrund. Insgesamt können sich derzeit mehr als ein Drittel (3 Prozent) der Befragten generell einen Jobwechsel vorstellen. Von ihnen gibt rund ein Viertel an, aufgrund ungünstiger Arbeitszeiten einen Wechsel in Betracht zu ziehen.
Junge Talente haben Wünsche, machen aber auch Zugeständnisse
Doch die aktuelle Arbeitsmarktgeneration stellt nicht nur Forderungen an ihre Arbeitgeber, sie ist auch zu Zugeständnissen bereit. So können sich knapp drei Fünftel (59 Prozent) der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer vorstellen, am Wochenende zu arbeiten. Zu Schichtarbeit wären sogar fast drei Viertel (73 Prozent) bereit, zu Nachtarbeit mit 79 Prozent noch mehr – allerdings unter der Voraussetzung, dass die Arbeitgeber das durch entsprechende Zuschläge honorieren.
Unternehmen sollten über neue Arbeitszeitmodelle nachdenken
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des derzeitigen Arbeitnehmermarktes sollten Unternehmen die Wünsche von Talenten kennen und Flexibilisierungsmöglichkeiten bei Arbeitszeiten in Betracht ziehen. So können sie Talenten attraktive Angebote machen.
Bei der Arbeitszeitgestaltung können auch neue Modelle wie eine Vier-Tage-Woche oder Fünf-Stunden-Tage in Frage kommen, wie es manche Unternehmen schon umsetzen. Nur wer die richtigen Angebote macht, bleibt als Arbeitgeber attraktiv und kann neues Personal anziehen und bestehendes halten.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.