Väterzeit, so zeigen es die Zahlen auf der gegenüberliegenden Seite, ist ein Mittelschichtsphänomen. Das hat vor allem finanzielle Gründe. Wer mehr verdient, bekommt auch mehr – Elterngeld nämlich, die 2007 eingeführte monetäre Unterstützung für frischgebackene Mütter und Väter. Je höher das Nettoeinkommen, desto höher die staatlichen Bezüge, maximal gedeckelt bei 1800 Euro. Das Minimum liegt bei 300 Euro.
Seit Einführung des Elterngeldes hat sich insbesondere die Inanspruchnahme von Elternzeit durch Väter mit hohen Bildungsabschlüssen erhöht. In den unteren und mittleren Gehaltsgruppen stagniert sie. Außerdem ist auch die Art des Arbeitsplatzes der Väter von Bedeutung: Die Wahrscheinlichkeit, in Elternzeit zu gehen, ist für Väter höher, die in großen Unternehmen arbeiten und einen unbefristeten Arbeitsplatz haben. Die Vorgängerleistung, das Erziehungsgeld, gab es zusätzlich zu anderen Sozialleistungen. Das Elterngeld dagegen wird seit 2011 mit Hartz-IV-Bezügen verrechnet. Das hat zu einer deutlichen Verschlechterung für die unteren Einkommensgruppen, vor allem Arbeitslose und Alleinerziehende, geführt.
Für Väter aus mittleren bis hohen Einkommensklassen gehört es beinahe zum guten Ton, in Elternzeit zu gehen, und seien es nur zwei Monate: Die „klassische“ Formel des Elterngeld-Bezugs ist nach wie vor „12 + 2“ – Mütter beziehen zwölf Monate die staatlichen Leistungen, Väter zwei.
Nun mag es politisch gewollt sein, dass in der Mehrheit besser verdienende Akademiker Elterngeld in Anspruch nehmen. Gerecht ist es allerdings nicht: Es kann nicht sein, dass der gut bezahlte Akademiker sich die Elternzeit eher leisten kann als der Handwerker mit geringerem Verdienst. Das Versprechen, Familien sollte es möglich sein, „ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden und sich vorrangig der Betreuung ihrer Kinder widmen zu können“, wie es im Gesetzentwurf heißt, erfüllt das Elterngeld so nicht.
Immerhin: Es kann eine Veränderung der Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung bewirken und Müttern eine schnellere Rückkehr in den Beruf ermöglichen, urteilt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer aktuellen Studie. Es bewegt sich also was. Zwar nicht schnell genug, aber in die richtige Richtung. Nun gilt es, die entstandene Gerechtigkeitslücke, wenn schon nicht zu schließen, dann doch zumindest zu mindern. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Denkbar wäre etwa eine Erhöhung des Elterngeldes oder eine geänderte Anrechnung von anderen staatlichen Bezügen.
Meint man es hierzulande mit der Unterstützung von Eltern ernst, muss man allerdings noch an deutlich mehr Stellschrauben drehen als nur an der monetären: Bessere – und vor allem zeitlich umfangreichere und damit eine dem Berufsleben angepasste – Kinderbetreuung ist nur eine davon. Wichtig ist auch eine höhere Akzeptanz innerhalb der Unternehmen gegenüber Vätern, die sich für eine berufliche Auszeit entscheiden, um sich ihrem Nachwuchs zu widmen. Eine Aufgabe, der sich auch Personaler stellen müssen, indem sie sich für Väter stark machen.