In der Corona-Krise hat sich die bAV-Administration als robust erwiesen. Dennoch streben viele Unternehmen eine weitere Modernisierung an. Wie bAV-Verantwortliche den Digitalisierungsstatus der betrieblichen Altersvorsorge in ihrem Unternehmen einschätzen, zeigt eine aktuelle Studie.
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden zahlreiche bAV-Administrationstätigkeiten von jetzt auf gleich ins Homeoffice verlegt. In der räumlichen Entfernung von Aktenschränken und Archiven wurde nochmals deutlich, dass sich die Digitalisierung längst von einem „Nice-to-have“ zu einem „Must-have“ entwickelt hat. Viele Verantwortliche sehen die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen als Antriebsfeder für eine schnellere und umfassendere IT-gestützte Automatisierung. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Digitalisierung bAV-Administration“ von Willis Towers Watson. Die Ende 2020 befragten Verantwortlichen stehen für mehr als 750.000 Beschäftigte und Leistungsbezieher.
Heterogenes Bild beim Digitalisierungsindex
Der bAV-Digitalisierungsindex setzt auf dem des Vorjahres auf und schreibt die Durchdringung der digitalen Transformation in der bAV-Administration fort. Auch die aktuelle Untersuchung zeigt, dass der Grad der IT-gestützten Automatisierung in den jeweiligen Kernfunktionen der bAV-Administration – Kommunikation, Simulationen, Reporting und Administration – heterogen ausgeprägt ist. Dabei wird deutlich, dass es enorme Unterschiede zwischen den einzelnen Funktionsbereichen, aber auch zwischen den Unternehmen gibt.
Digitaler Status der Kommunikation
Mit ihren bAV-Anwärtern kommunizieren inzwischen fast 60 Prozent der Unternehmen digital (Vorjahr: 48 Prozent). Leistungsbezieher erhalten hingegen weiterhin meist traditionelle Papierpost. Hier besteht Nachholbedarf, weil auch Rentnerinnen und Rentner zunehmend das Internet nutzen. Viele Unternehmen planen deshalb um: Mehr als 90 Prozent der Befragten erwarten, dass die Kommunikation mit den Anwärtern und Rentnern zukünftig digital stattfindet, auch wenn die Umstellung nur schrittweise erfolgen kann. Bei Leistungsbeziehern, so die Einschätzung der Befragten, werden Online-Medien die traditionellen Kommunikationswege wohl vorerst nicht vollständig ersetzen können.
Simulationen wenig verbreitet
Die Zukunftsplanungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sowohl durch Simulationstools für einzelne Versorgungslösungen als auch durch umfassendere Gesamtfinanzplanungstools sinnvoll unterstützt werden. Allerdings hat sich hier wenig verändert. Zwei Drittel der Unternehmen stellen Simulationstools bereit und decken damit digital circa 38 Prozent der Berechnungen ab. Tools zur Gesamtfinanzplanung bieten nur 18 Prozent der Unternehmen an. Gründe für die relativ geringen Fortschritte liegen sicherlich in der hohen Komplexität und den damit verbundenen Kosten der Umsetzung.
Digitale Analyse- und Prognosemöglichkeiten geplant
Reporting-Lösungen sind sehr vielfältig und reichen von Standardberichten und Ad-hoc-Abfragen über Prognosen bis hin zu Pension Analytics. Weniger als die Hälfte der Auswertungen und Standardreports beziehungsweise der Ad-hoc-Abfragen und Prognosen werden digital erstellt. Dies wird sich nach Einschätzung der Befragten aber wohl in den nächsten Jahren ändern. Viele Arbeitgeber streben vollständig digitale Prozesse, mehr Transparenz und bessere Abfragemöglichkeiten an. Mit neuen Technologien ist auch der Zugang zu neuen Analyse- und Prognosefähigkeiten (zum Beispiel Pension oder Predictive Analytics) verbunden. Die Bedeutung der Digitalisierung von Reporting-Themen wird mit dem Einsatz von neuen Technologien deutlich zunehmen.
Administration mit verbesserten Prozessen und geringerem Aufwand
Basis für eine digitale Administration sind die Automatisierung von Schnittstellen und entsprechende Prozesse in der Datenverarbeitung. Beide Pfeiler sind zu mehr als 40 Prozent digitalisiert, wenn auch je nach Unternehmen sehr unterschiedlich. Neue Technologien wie etwa Cloud-Lösungen oder globale Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP) verändern auch die Rahmenbedingungen für die bAV-Administration. So bewerteten die Befragten die notwendigen Anpassungen unterschiedlich: Rund zwei Drittel erwarten einen Wechsel der Softwarelösungen und 15 Prozent einen Wechsel des Sourcing-Modells (zum Beispiel den Einsatz von externen Dienstleistern) für die bAV-Administration.
An erster Stelle der Erwartungen stehen bei den Befragten jedoch eine Prozessverbesserung und die Aufwandsreduktion. Als fast ebenso wichtig werden Qualitätsverbesserung, Reduktion der Bearbeitungszeit und höhere Transparenz eingeschätzt.
Zudem setzen die Verantwortlichen auf weitere Automatisierungen der gesamten Wertschöpfungskette der Administration aufgrund der rasanten Technologieentwicklung.
Pandemie verstärkt bestehende Digitalisierungsbestrebungen
Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen keine wesentliche Beeinträchtigung der Grundfunktionen der bAV-Services während der Pandemie angibt, sehen 60 Prozent diese als Antriebsfeder für die weitere Digitalisierung der bAV-Administration. Auch die Kommunikation mit Anwärtern und Rentnern soll erheblich ausgebaut werden.
Gleichzeitig versprechen sich die Befragten mehr Prozesseffizienz und -transparenz mit der zunehmenden Digitalisierung. Als Hindernisse identifizieren sie vor allem Datenschutzaspekte und Budgetthemen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die ökonomischen und regulatorischen Rahmenbedingungen entwickeln und inwieweit diese die weitere Digitalisierung unterstützen.
Besonders das Thema User Experience sollten bAV-Verantwortliche im Blick behalten. Nutzerfreundliche Prozesse in bAV-Portalen begeistern Mitarbeitende – und vereinfachen den Administrationsaufwand für HR. Ermutigende Beispiele in der Praxis gibt es bereits. Dennoch lässt der Digitalisierungsindex vermuten, dass hier in etlichen Unternehmen noch viel Luft nach oben besteht.
Dr. Michael Paulweber
Leiter Technology and Administration Solutions
Willis Towers Watson, Reutlingen
michael.paulweber(*)willistowerswatson(.)com
www.willistowerswatson.com
Dr. Claudio Thum
Senior Director Technology & Administration Solutions
Head of Implementation, Clients & Markets
Willis Towers Watson, Reutlingen
claudio.thum(*)willistowerswatson(.)com
www.willistowerswatson.com