Der britische Telekommunikationskonzern Vodafone beschäftigt in Deutschland rund 16 000 Mitarbeitende. Diese kommen schon seit Jahrzehnten in den Genuss einer betrieblichen Altersversorgung.
Die Verbindlichkeiten des Telekommunikationsanbieters aus Pensionszusagen in Deutschland belaufen sich aktuell auf rund 1 Milliarde Euro. Dem stehen Assets im Wert von rund 900 Millionen Euro gegenüber. Dabei zeigen sich im Funding Unterschiede zwischen den alten, längst geschlossenen Pensionsplänen des im Jahr 2000 übernommenen Mannesmann-Konzerns und dem heute geltenden Plan. „Im neuen Pensionsplan rechnen wir so, dass die Verpflichtungen immer den Assets entsprechen. Dagegen sind die alten Pensionslasten zu rund 80 Prozent ausfinanziert“, erklärt Stefan Prey, Head of Pension & Asset Management bei der Vodafone GmbH. Seit dem Jahr 2003 verantwortet er die bAV in Deutschland.
Neue Plangestaltung ab 2005
Die Systemumstellung in der bAV fand in den Jahren 2005 bis 2007 statt. Es galt, eine Vielzahl klassischer Leistungspläne aus der Mannesmann-Zeit für Mitarbeiter und Führungskräfte zu konsolidieren. Leitende Kräfte erhielten damals noch bis zu 35 Prozent des letzten Bruttofestgehalts als Final-Pay-Zusage, während für die Mitarbeiter ein Unterstützungskassenplan galt. Die Kapitalleistungen daraus entsprachen einer lebenslangen Betriebsrente in Höhe von rund zwei Prozent, bezogen auf das letzte Bruttofestgehalt. Hinzu kamen weitere Pensionspläne durch die Übernahme von Kabel Deutschland und Unitymedia.
Im Jahr 2006 nahm Vodafone einen Cut vor, indem das Unternehmen die alten Pläne für Beschäftigte schloss und die vorhandenen Ansprüche als Besitzstand in den gleichzeitig neu entwickelten Pensionsplan überführte. In diesen beitragsorientierten Leistungsplan zahlt der Arbeitgeber seitdem monatlich in einem Matching-Modell eigene Beiträge und Beiträge der Arbeitnehmer im Verhältnis 2:1 ein. Das Vermögen legt Vodafone in Wertpapiere an – vor allem in Aktien und festverzinsliche Papiere.
Im folgenden Jahr 2007 stellte Vodafone auch den Pensionsplan für die Führungskräfte inklusive Geschäftsführung auf das neue Modell um. Der Treiber des Umbaus war erneut die englische Muttergesellschaft und entsprechend wurde der Pensionsplan 2006 auf beitragsorientierte Leistungszusagen mit einer nullprozentigen Zinsgarantie umgestellt. Die Überleitung für die Mitarbeiter erfolgte im Rahmen einer Kollektivregelung; Leitende und Organe wurden einzelvertraglich umgestellt. Aktuell steht die Integration von Unitymedia in den Vodafone Pensionsplan noch auf der Agenda.
Das Vodafone Matching-Modell
Das Matching-Modell des Pensionsplans von 2006 basiert strukturell, aber nicht der Höhe nach auf dem System, das Vodafone in England betreibt. Konkret beläuft sich der Arbeitgeberbeitrag auf 1 Prozent, der Arbeitnehmerbeitrag auf 0,5 Prozent des Bruttofestgehalts. Zudem können Beschäftigte Beiträge bis zu 80 Prozent ihres Bruttogehalts sowie Beiträge aus Einmalzahlungen zusätzlich in den Pensionsplan einbringen. „Wir haben Kollegen, die je nach Familien- und Vermögenssituation ihr gesamtes Bruttoentgelt über die Direktzusage in die Altersvorsorge einzahlen“, betont Stefan Prey. „Zusätzliche Entgeltumwandlung lohnt sich, denn allein die gematchten Beiträge reichen für eine auskömmliche Altersvorsorge noch nicht aus.“
Für Mitarbeiter ist der Matching-Beitrag obligatorisch, für leitende Angestellte und Geschäftsführer nicht. Mit dem neuen Plan gab Vodafone bei der Einführung 2006 allen Beschäftigten die verpflichtende Entgeltumwandlung beim Matching vor. Lediglich 300 Beschäftigte widersprachen damals schriftlich. Heute sehen neue Arbeitsverträge für Mitarbeiter standardmäßig ein Opting-out vor.
Für AT-Mitarbeiter gibt es noch weitere Matching-Beiträge, sofern ihr Festgehalt über der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der Rentenversicherung liegt. Vodafone leistet dann auf den übersteigenden Teil bis zu neun Prozent, wenn der Mitarbeiter ebenfalls weitere Beiträge in Höhe der Hälfte hiervon einzahlt. Zudem existiert noch ein Modell für Leitende und Geschäftsführer mit einem Arbeitgeberbeitrag in Höhe von drei Prozent bis zur BBG und 16 Prozent oberhalb davon.
Online-Portal für lebenslangen Zugriff
Mit der Einführung des neuen Pensionsplans im Jahr 2006 steht den Vodafone-Mitarbeitern ein Online-Portal mit persönlichem bAV-Konto zur Verfügung. Darüber können sie selbst entscheiden, wie viel sie über den Matching-Betrag hinaus monatlich umwandeln wollen. Einen lebenslangen Zugriff auf das persönliche Online-Konto behalten auch diejenigen, die vor dem Renteneintritt Vodafone verlassen und zu einem anderen Arbeitgeber wechseln.
Im neuen Pensionsplan bietet Vodafone drei Leistungsoptionen an: eine Kapitalzahlung, zehn Jahresraten und lebenslange Renten, die über eine Versicherung rückgedeckt sind. „Damit wälzen wir das Langlebigkeitsrisiko auf die Versicherung ab und haben es nicht mehr in unserer Bilanz“, erklärt Stefan Prey. Die meisten angehenden Betriebsrentner von Vodafone wählen die Kapitalzahlung. Für sie steht in der Regel ein Pensionsvermögen von rund 40 000 bis 100 000 Euro bereit. Dafür bietet sich die Fünftelregelung bei der steuerlichen Behandlung an. Deutlich weniger Beschäftigte entscheiden sich für Ratenzahlungen oder Rentenzahlungen.
Skepsis der Mitbestimmung überwunden
Die höheren Leistungen des neuen Pensionsplans überzeugen inzwischen auch die Mitbestimmungsorgane bei Vodafone. „Wir haben uns das Vertrauen der Belegschaft und des Betriebsrats über Jahre erarbeitet, indem wir den Plan immer wieder verbessert und darüber kommuniziert haben“, so Stefan Prey. Während sich in der alten Unterstützungskasse lediglich Kapitalauszahlungen zwischen 15 000 und 35 000 Euro nach 45 Berufsjahren ergaben, erreicht der neue Plan allein über den Arbeitgeberbeitrag das Zwei- bis Dreifache dieser Beträge.
Viele Beschäftigte, die vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden wollen, nehmen das Angebot des Arbeitgebers an und überbrücken mit dem ausgezahlten Kapital die Zeit bis zum Renteneintritt. Zugleich will Vodafone mit dem Angebot eines frühen Eintritts in die Leistungsphase die Mitarbeiter „nicht nötigen“, bis zum 67. Lebensjahr arbeiten zu müssen, um in den Genuss der Betriebsrente zu kommen. Vielmehr soll jeder Einzelne seinen Renteneintritt selbst wählen können.
Neben der Betriebsrente gewährt Vodafone auch eine Berufsunfähigkeits- und eine Todesfallabsicherung an. Für diese Leistungskomponenten sah der Pensionsplan von 2006 lange Jahre Einmalzahlungen vor. Die Invalidenabsicherung leistet ein Jahresgehalt, wenn ein Beschäftigter invalide im Sinne der Erwerbsminderung der gesetzlichen Rentenversicherung wird und seinen Arbeitsvertrag bei Vodafone kündigt. Alternativ erhalten die Hinterbliebenen bislang im Todesfall des Beschäftigten eine Hinterbliebenenrente.
Einführung einer technisch einjährigen BU-Versicherung
Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen die beiden Leistungsbausteine noch einmal angefasst. „Wir haben festgestellt, dass die Leistungen in ihrer bisherigen Form nicht mehr in die heutige Welt passen“, erläutert Stefan Prey. „Unsere Beschäftigten wünschen sich gerade für den Fall der Berufsunfähigkeit Leistungen und keine Einmalzahlungen.“ Deshalb hat der Konzern im vergangenen Jahr eine technisch einjährige BU-Versicherung eingeführt. Solche Versicherungstarife basieren auf einer jährlich neuen Beitragsberechnung in Abhängigkeit vom altersabhängigen Risiko des Versichertenkollektivs.
Nunmehr erhalten alle Mitarbeiter, die zum Stichtag 1. April 2021 einen Anstellungsvertrag hatten und danach berufsunfähig werden, bis zu ihrem 67. Lebensjahr 25 Prozent ihres letzten Gehalts als BU-Rente.
Vodafone Pension Trust als juristisches Vehikel
Der Pensionsplan stützt sich in der Kapitalanlage auf den Vodafone Pension Trust e.V. als juristisches Vehikel sowie auf drei Spezialfonds. „Den CTA haben wir 2003 in Deutschland anlässlich der damals aufkommenden IFRS-Regulatorik eingeführt“, sagt Stefan Prey. „Dabei ging es um das Kreieren von Pension Assets zur Saldierung von Verpflichtungen.“ Der erste der drei Spezialfonds ist nach Kapitel III angelegt und wird genutzt, um sämtliche Besitzstände inklusive der Altlasten und der Pensionen der übernommenen Mitarbeiter auszufinanzieren. Bei den beiden anderen Spezialfonds handelt es sich um einen Aktienfonds und einen Rentenfonds nach Kapitel II. Sie fungieren als Dachfonds, in welche Publikumsfonds nahezu aller Anlageklassen gekauft werden – mit dem Ziel, die monatlichen Beiträge zu finanzieren.
Sämtliche Prozesse rund um das CTA und die drei Spezialfonds sind komplett digitalisiert. Wenn ein Mitarbeiter über das Online-Portal des Dienstleisters WTW eingibt, wie viel Entgelt er umwandeln möchte, geht diese Order elektronisch an das Payroll-System und wird dort geprüft, verarbeitet und der bestätigte Eurobetrag wird an WTW zurückgemeldet. Danach erfolgt die monatliche Order an die Kapitalverwaltungsgesellschaft und die Verwahrstelle, um Wertpapiere über den Renten- und Aktienfonds zu kaufen. Darüber liegt ein Life-Cycle-Modell, um die individuellen Vermögen entsprechend dem Alter der einzelnen Beschäftigten auszutarieren. Durch dieses haben die einzelnen Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Risikobereitschaft in der Kapitalanlage anzugeben, also ob sie eher in Aktien oder eher in Renten anlegen lassen wollen. Tatsächlich sprechen sich nur 20 Prozent der Mitarbeiter für eine Anlagestrategie aus, die vorrangig auf Aktien setzt.
Kapitalanlage an WTW outgesourct
Vodafone Deutschland hat die Kapitalanlage jahrelang größtenteils inhouse gestemmt und nahm im Jahr 2018 mit WTW erstmals einen Investment Consultant unter Vertrag. Die englische Muttergesellschaft kooperierte damals schon deutlich länger mit Beratern. Jetzt führt Stefan Prey mit seinem kleinen Team die strategische Planung, die Beratung und Information der Beschäftigten sowie alle Tätigkeiten rund um M&A durch. WTW hat die Aufgabenfelder Administration, Payroll, Aktuariat und Investment Consulting übernommen.
Vodafone entscheidet zwar final über seine strategischen Ziele im Asset Management, lässt sich aber bei deren Umsetzung von WTW intensiv beraten. So auch bei der jüngsten Umsetzung der ESG-Kriterien und des Carbon Journey Plans in allen drei Spezialfonds. „Hier fahren wir einen aggressiven Kurs und setzen uns Ziele, die das Pariser Klimaabkommen deutlich unterbieten“, sagt Prey. Sukzessive soll der Investitionsschwerpunkt bei den investierten Publikumsfonds auf Artikel-8- und Artikel-9-Fonds gemäß der EU-Taxonomie umgestellt werden.
Sowohl das Risikomanagement für die Kapitalanlage wie auch die Anlage selbst lässt Vodafone von WTW durchführen. Doch Stefan Prey ist mit Blick auf Risiken gelassen: „Wir haben schon im Jahr 2003 angefangen, unsere Verpflichtungen komplett auszufinanzieren.“ In zehn Jahren soll der erste der drei Spezialfonds bei gleichzeitiger Erstattung der laufenden Rentenzahlungen vollständig gefundet sein, derzeit steht er bei rund 80 Prozent. Risiken ergeben sich für Vodafone also nicht aus dem neuen Pensionsplan, sondern aus den Pensionsverpflichtungen der alten Pläne mit ihren hohen Garantieverzinsungen. „Unser Worst-Case-Szenario ist allein die Garantie der eingezahlten Beiträge“, sagt Stefan Prey.
Bilanzierung als Herausforderung
Herausfordernd ist für Vodafone bei der bAV vor allem die Bilanzierung. So trafen manche Krisen wie die erste Corona-Welle das Unternehmen am Bilanzstichtag Ende März 2020. Auch die ungeklärte Frage von Paragraph 6a EStG in der Steuerbilanz belastet das Unternehmen. „Alle Änderungen der Bilanzierungsvorschriften nach IFRS betreffen uns“, sagt Stefan Prey. Ein anderes Ärgernis sind die Anforderungen von Finanzbehörden und Gerichten an die Schriftform, Textform und Versorgungsausgleiche. „Wir sind seit 17 Jahren digital unterwegs und haben, so gut es geht, Papier ersetzt, aber wir müssen im Verkehr mit Behörden oft wieder zu Papierform und analoger Kommunikation zurückkehren.“ Doch Stefan Prey bleibt zuversichtlich, dass sein Unternehmen auch dafür Lösungen findet.
Dr. Guido Birkner,
Leitender Redakteur betriebliche Altersversorgung/
Pensions-Management, dpn – Deutsche Pensions & Investmentnachrichten
guido.birkner(*)faz-bm(.)de
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