Eine Betriebsrente ist ein sinnvolles Vorsorgeinstrument, wenn die Verantwortlichen im Unternehmen sie so ausgestalten, wie es der Name verspricht – als ergänzende Altersversorgung, die der Arbeitgeber seinen Beschäftigten zukommen lässt. In Deutschland kommt die betriebliche Altersversorgung leider nur langsam voran. Viele Mitarbeiter sehen die bAV noch nicht als Qualitätskriterium für einen Arbeitgeber an. Zudem flicken Gesetzgeber, Behörden und Finanzdienstleister immer wieder am Rahmen und an den Produkten herum. Da bleibt nur der klare Blick auf den Kern der Betriebsrente übrig, ohne sich von Nebelkerzen blenden zu lassen.
Der Gesetzgeber hat jeden Arbeitgeber zu Beginn des neuen Jahrtausends dazu verpflichtet, seinen Mitarbeitern mindestens einen Durchführungsweg der bAV für die Entgeltumwandlung anzubieten. Das war gutgemeint, aber letztlich nur eine Vertriebsunterstützung für Versicherungen. Ihrer gesetzlichen Pflicht kommen gerade mittelständische Betriebe dadurch nach, dass sie Direktversicherungen durchreichen. Viele Arbeitgeber bevorzugen solche Versicherungsprodukte mit geringem Verwaltungsaufwand. Die Effizienz spielt für die Arbeitgeber hingegen keine Rolle.
Doch die bAV auf Versicherungen zu reduzieren wird ihrer Bedeutung nicht gerecht. Die Versorgungsleistungen, die sich über Betriebsrenten generieren lassen, sind aus heutiger Sicht äußerst mager. Dazu tragen der hohe Anteil der Vertriebs- sowie der Verwaltungskosten in den Prämien der Versicherungen und sinkende Garantiezinsen bei. In der Konsequenz stoßen die vom Arbeitgeber angebotenen, wenig attraktiven Angebote auf eine schwache Nachfrage der Arbeitnehmer. Damit ist niemandem geholfen.
Je mehr sich der Arbeitgeber bei der bAV engagiert, desto höher die Rendite für die Mitarbeiter
Die Arbeitgeber sollten sich nicht von komplexen Durchführungswegen und der vieldiskutierten Niedrigzinsphase sowie von steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Details irritieren lassen. Vielmehr gilt es, die Frage zu stellen, ob sich eine Betriebsrente für sie eignet, um die eigenen Ziele zu realisieren. Gerade Familienunternehmen sehen sich in der sozialen Verantwortung, die Mitarbeiter beim Aufbau einer Altersvorsorge zu unterstützen. Im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte können sie sich durch eine attraktive bAV von der Konkurrenz abheben und bei entsprechender Kommunikation auch bei ihren Kunden punkten.
Wenn sich ein Unternehmen zu einer ganz oder anteilig arbeitgeberfinanzierten Betriebsrente entschließt, sollten die Verantwortlichen ein Modell wählen, das effizient und effektiv ist und das zum Unternehmen passt. Charakteristisch für eine echte Betriebsrente ist, dass der Arbeitgeber bestimmte Verwaltungskosten und kalkulierbare Risiken übernimmt, die der einzelne Mitarbeiter nicht tragen könnte. Je mehr sich der Arbeitgeber im Rahmen der bAV engagiert, desto attraktiver und vielfältiger wird das Vorsorgeangebot für die Mitarbeiter.
Der Arbeitgeber, der bAV als Personalbindungs- und Imagebildungsinstrument gegenüber seinen Kunden versteht, kann und wird nicht erwarten, dass ein dementsprechendes Betriebsrentenmodell zum Nulltarif zu haben ist. Wenn der Arbeitgeber nicht bereit ist, in zumutbarem Maße Zins- oder Finanzierungsrisiken zu tragen, braucht er über eine Betriebsrente gar nicht nachzudenken. Es wäre ein Trugschluss anzunehmen, dass der Kapitalmarkt die Risiken trägt, ohne sich das bezahlen zu lassen.
Betriebliche Altersvorsorge – make or buy?
Bevor der Arbeitgeber diese Entscheidung treffen kann, muss er sich darüber klar werden, was er eigentlich genau machen oder kaufen will. Große Arbeitgeber können den Entscheidungsprozess und die spätere Abwicklung der bAV-Zusagen mit Bordmitteln durchführen. Aber der Mittelstand und erst recht kleinere Betriebe werden sich hier schwertun.
Unternehmen erhalten von Produktanbietern keine unabhängige Beratung. Ein Versicherer verkauft seine Versicherung, eine Bank vertreibt ihre Fonds, verkleidet als bAV-Produkte. Es empfiehlt sich deshalb, Finanzierung und Abwicklung bei der Auswahl des bAV-Modells zu trennen. Der Produktgeber muss nicht auch der Produktabwickler sein. Vielmehr sollten die Unternehmen selbständig über die Finanzierung ihres bAV-Modells entscheiden. Nur so kann beispielsweise auch über eine Innenfinanzierung nachgedacht werden.
Unabhängige Berater stellen Arbeitgebern verschiedene Betriebsrentenmodelle vor – Modelle, die sich bereits in der Praxis bewährt haben, auch Kombinationsmodelle mehrerer Durchführungswege und Finanzierungsformen. Bei der Entscheidung für ein bAV-Modell ist die spätere Abwicklung der Zusagen zu berücksichtigen. Gerade Kombinationsmodelle setzen voraus, dass die bAV-Verwaltung nicht an einen bestimmten Produktanbieter oder Durchführungsweg gebunden ist. So lassen sich Zusagen einfacher verwalten, die neue Mitarbeiter aus früheren Arbeitsverhältnissen mitbringen. Auch wird sichergestellt, dass die bAV-Regelungen Fusionen und Übernahmen nicht komplizierter machen, denn hier werden verschiedene Versorgungsregelungen zusammengeführt.
Unabhängig von der Wahl der Durchführungswege und des Adminstrationstools stellt sich die Frage nach der Finanzierung. Diese ist so zu gestalten, dass das Unternehmen sich durch das bAV-Angebot nicht übernimmt oder keine unkalkulierbaren Risiken eingeht. Die bAV-Verpflichtungen eines Betriebs in Form von Leistungs- oder Beitragszusagen müssen auf die geschäftlichen und finanziellen Ergebnisse abgestimmt sein, die er erzielt. Ein solide wirtschaftendes Unternehmen kann nur so viel reinvestieren, wie es verdient.
Auch unter dem Aspekt der Innenfinanzierung ist die bAV für Unternehmen interessant. Das Kapital der bAV bleibt dabei im Unternehmen und steht für die Kapitalbeschaffung anstehender Investitionen im Rahmen der Selbstfinanzierung durch Vermögensumschichtungen zur Verfügung. Das gilt natürlich immer unter der Voraussetzung eines verantwortungsvollen Ausgleichs. Wenn die Rentenzahlungen zu leisten sind, muss die hierfür erforderliche Liquidität zur Verfügung stehen.
Versorgungswerke für den Mittelstand
Aufgrund der Komplexität bestehender Versorgungsregeln und hinzugekommener abweichender Regelungen ist die Verwaltung der bAV für Unternehmen mit einem wachsenden Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Deshalb fassen viele Unternehmer das Outsourcing an spezialisierte Dienstleister ins Auge. Oft entscheiden sie sich dafür, das Betriebsrentenmodell auszulagern. So setzen Konzerne heute verstärkt auf Treuhandlösungen, sogenannte Contractual Trust Agreements (CTAs).
Kleine und mittlere Unternehmen schließen sich häufig mit Gleichgesinnten in Versorgungswerken zusammen. Die Organisatoren solcher Zweckgemeinschaften erbringen für die teilnehmenden Unternehmen Dienstleistungen, die diese nicht selbst durchführen. Versorgungswerke übernehmen zumeist die gesamte Abwicklung der Betriebsrente von der Beratung über den Vertragsabschluss bis zur Risikosteuerung und Administration des angelegten Kapitals. Oft fungieren Versorgungswerke als Mantelorganisation für die Unternehmen einer Branche oder einer Region und werden in der Regel in Zusammenarbeit mit Produktanbietern abgewickelt.
Im Zeitalter der Digitalisierung von Prozessen ist es aus meiner Sicht anachronistisch, wenn in Form der derzeit diskutierten Branchenlösungen mit großem Overhead für jede Branche oder Region eigene Versorgungswerke aufgesetzt werden. So wie heute nicht mehr jedes Unternehmen eigene Rechner betreibt, sondern sich virtuelle Maschinen in einem Rechenzentrum einrichten lässt, so kann sich heute ein Unternehmer ein eigenes virtuelles Versorgungswerk einrichten lassen.
Eine entsprechende Lösung bietet zum Beispiel der VdW Versorgungsverband seinen Mitgliedern, den Industrie- und Handelskammern sowie Verbänden, an. Die unterschiedlichen Versorgungsregelungen, Finanzierungsformen und Durchführungswege der Mitglieder lassen sich über unsere IT-Lösung „Rentenmanager“ verwalten. Dabei hat die ausgelagerte Verwaltung alle Vorzüge einer Inhouselösung. Mitarbeiter der VdW-Mitglieder können über einen Rentenrechner ihre Ansprüche kalkulieren. Bei solchen online betriebenen Versorgungswerken müssen sich Unternehmen nicht für einen vorgegebenen Leistungsplan entscheiden, sondern können eigene bestehende Modelle einbringen. Auch sind im Rahmen virtueller Versorgungswerke unterschiedliche Finanzierungsvarianten wie Deckungspläne, Innenfinanzierung oder Außenfinanzierung möglich und abbildbar.
Gisbert Schadek
Rechtsanwalt und Vorstand
Entgelt und Rente AG (E & R)