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Bosch: größere Arbeitgeberattraktivität durch Total Rewards

Arbeitgeber stehen in einem weltweiten Wettbewerb um die besten Talente. Um die hellsten Köpfe für sich zu gewinnen, müssen sie heute nicht nur durch eine Vergütung über dem Marktniveau, sondern auch durch attraktive Arbeitsplätze, ein spannendes und intaktes Arbeitsumfeld, Karrieremöglichkeiten und eine ausgewogene Work-Life-Balance überzeugen. Gerade in agilen Einheiten sind für den Total-Rewards-Ansatz individuelle Lösungen gefragt. Robert Bosch hat mit dem Innovationstarifvertrag Individualität bewiesen.

Die Vergütung allein spielt schon lange keine Rolle mehr bei der Frage, wie attraktiv ein Arbeitgeber ist. „Wenn ein Unternehmen wirklich Engagement bei seinen Mitarbeitern erzeugen möchte, braucht es nicht die Vergütung hochzuschrauben oder Benefits einzuführen. Das verpufft innerhalb kürzester Zeit“, sagte Norbert Nester, Leiter Expertservices Compensation & Benefits und Zentralabteilung Compensation & Benefits bei Robert Bosch, auf dem „Praxisforum Total Rewards des F.A.Z.-Fachverlags. Vielmehr müsse das Entgelt als Basis, quasi als fairer Sockel, verstanden werden. Darauf aufsetzend, können Motivation und Engagement erzeugt werden, indem den Mitarbeitern Freiräume gegeben werden.

Philosophie des Unternehmens ist maßgeblich

„Du bist selbst verantwortlich für dein Leben – zu Hause, aber auch im Betrieb“ sei die Botschaft, die bei den Mitarbeitern ankommen müsse. Jeder Arbeitnehmer könne sein Wissen und Können bewusst in seinem Unternehmen einsetzen und dabei vor Augen haben, welchen Beitrag sein Tun für das Ganze habe, betonte Norbert Nester. Diese Philosophie müsse das Unternehmen verkörpern und an seine Mitarbeiter weitergeben.

Wichtig sei, dass jeder Mitarbeiter vom Purpose – dem Zweck und der Sinnhaftigkeit – seiner Arbeit überzeugt ist. Je mehr Purpose ein Mitarbeiter mit seiner Arbeit verbinde, umso einfacher sei es, ihn zu Kreativität und Engagement zu animieren. Aus Erfahrung weiß Norbert Nester, dass dieser Ansatz bei 90 Prozent der Belegschaft funktioniert, um Eigenmotivation zu erzeugen. Lediglich mit einem Zehntel der Belegschaft müsse das Unternehmen anders umgehen.

Elemente, die die Philosophie unterstützen

  • Vergütung: Für alle Mitarbeiter gelten weltweit die gleichen Vergütungssysteme. Bosch entwickelt diese stetig weiter. Früher bemaß Bosch das Gehalt über Bonussysteme, schloss Zielvereinbarungen, anhand derer bezahlt wurde. Vor knapp drei Jahren hat das Unternehmen Gehaltsbänder eingeführt, die sich an der langfristigen Performance orientieren. Zusätzlich kann es einen Erfolgsbonus auf Basis des Unternehmenserfolgs geben.
  • Führung und Zusammenarbeit: Bosch hat Grundsätze – Autonomie, Purpose, Augenhöhe, Offenheit, Vertrauen, Feedback – festgelegt, wie man bei Bosch führt und zusammenarbeitet. Anhand dieser Grundsätze leitet das Unternehmen seine Führungskräfte an. Nur wenn Kollegen und Chef gut zusammenarbeiten, ist die Motivation hoch.
  • Karriereverständnis: Karriere heißt heute, einen Schritt auf der Karriereleiter nach oben zu gehen. Bosch definiert Karriere dagegen über die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Sie liegt in deren Verantwortung. Jeder Mitarbeiter muss entscheiden, in welche Richtung sein Weg gehen soll, das Unternehmen kann ihn dabei unterstützen. „Wenn ich nach 30 Jahren aus der Firma ausscheide und sagen kann: ,Das meiste, was ich gemacht habe, war gut‘, dann war meine Karriere erfolgreich“, erklärte Nester.

Innovationstarifvertrag bietet mehr Flexibilität

Seit Januar 2019 gilt bei Bosch für eine kleine Mobility-Einheit – Software- und IT-Entwickler im Raum Stuttgart und Berlin – ein Innovationstarifvertrag . Dieser lehnt sich an die Flächentarifverträge der IG Metall an, bietet aber mehr Spielraum und Selbstbestimmung bei Arbeitszeiten und Gehalt. Außerdem erhalten die Mitarbeiter spezielle Angebote bei Gesundheitsvorsorge und Weiterbildung. 

Arbeitszeit

Die Mitarbeiter, für die der Innovationstarifvertrag gilt, erhalten, wie auch gemäß den Flächentarifverträgen, 30 Urlaubstage. Von diesen 30 Tagen können Mitarbeiter bis zu zehn in das jeweils nächste Jahr übertragen. Zudem besteht die Möglichkeit, weitere 20 unbezahlte freie Tage zu nehmen. Vormals war die Zahl auf acht Tage beschränkt. Dabei kann der Mitarbeiter frei entscheiden, ob und wann er diese Tage einsetzt. Er muss allein seinen Vorgesetzten darüber informieren und sicherstellen, dass seine längere Abwesenheit die betrieblichen Belange nicht negativ beeinflusst.

Bei der Arbeitszeit sind die Mitarbeiter flexibel und handeln eigenverantwortlich. Sie haben Wahlarbeitszeiten zwischen Montag und Freitag, freiwillig auch samstags. Die Mitarbeiter dokumentieren ihre Arbeitszeiten selbst und geben den Vorgesetzten bei Bedarf Einblick in die Arbeitszeitdokumentation. Die Mitarbeiter haben ein Recht auf mobiles Arbeiten, wobei betriebliche Belange stets Priorität haben. 

Entgeltsystem

Hinter dem Entgelt steckt ein Anforderungsdifferenzierungssystem, das über eine einfache summarische Lösung sechs bis zehn Entgeltgruppen umfasst, über die die Tarifparteien entscheiden. Um das System verständlich zu machen, hat Bosch einen Katalog an tariflichen Orientierungsbeispielen für insgesamt 90 Jobs weltweit gestaltet. Es gibt Entgeltbänder, die die Tarifparteien vor Ort anhand der lokalen Bedarfe festlegen. Nur für den Fall, dass sich die Tarifparteien nicht einigen, greifen sogenannte Musterbänder, die tarifdynamisch angelegt sind und an der normalen Tariferhöhung teilnehmen. Das Gehaltsband deckt die gesamte Vergütung ab, es werden keine Zuschläge für Schicht oder Mehrarbeit gezahlt.

Das individuelle Entgelt jedes Mitarbeiters wird jährlich überprüft, meistens zum Stichtag 1. Januar. Dabei wird geschaut, wie die Performance eines Mitarbeiters ist und wie er verglichen mit Kollegen dasteht. Jeder Mitarbeiter wird zudem aufgefordert, sich selbst einzuschätzen. Es gibt bei gutem Unternehmensergebnis eine erfolgsabhängige Jahreszahlung. 

Benefits

Benefits werden aus einem Portfolio über digitale Medien angeboten. Jeder Mitarbeiter kann sich selbst zusammenstellen, welche Benefits er in einem gewissen Budget haben möchte. Mitarbeiter bekommen ebenfalls ein Budget für berufsnahe Weiterbildung zur freien Verfügung. Dieses können sie zwei Jahre lang summieren. Ältere Mitarbeiter erhalten ein höheres Budget für Weiterqualifizierung und Gesundheitsvorsorge, damit sie auch noch arbeiten können, wenn sie älter als 54 Jahre sind. Zudem dürfen sie an der betrieblichen Altersversorgung teilnehmen.

Da ein Großteil der Beschäftigten im Großraum Stuttgart arbeitet, entwickelt Bosch Mobilitätsangebote, die wirtschaftlich, sozial und ökologisch sinnvoll sind, beispielsweise Geschäftswagen, Fahrrad, Shuttle-Bus, mobiles Arbeiten. 

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das Portal Total Rewards sowie um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.