Die Berichtssaison läuft, und wir erfahren Tag für Tag, wie erfolgreich das vergangene Jahr für die Unternehmen war. Prognosen für die Zeit nach der Coronakrise wagt bislang kaum ein Vorstand abzugeben. Stattdessen melden sich Volkswirte angesichts der Covid-19-Pandemie mit historischen Vergleichen zu Wort. Die Finanzkrise von 2008/2009 scheint als Messlatte schon nicht mehr auszureichen, eher wird der Vergleich zur Weltwirtschaftskrise von 1929 gezogen. Tatsächlich stellt eine Pandemie eine außerordentliche Krise dar. Parallelen zur Spanischen Grippe, die sich von 1918 bis 1920 in drei Wellen am Ende des Ersten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit über die Erde verbreitete, drängen sich auf, sind aber laut Aussage von Virologen nicht angebracht. Um die Dimension anzudeuten: Eine genaue Zahl der Todesopfer der Spanischen Grippe vor 100 Jahren liegt nicht vor, doch Schätzungen zufolge forderte sie zwischen 25 und 50 Millionen Opfer – weitaus mehr als der Erste Weltkrieg mit rund 17 Millionen Toten.
Solche Szenarien liegen derzeit jenseits unserer Vorstellung und bleiben es hoffentlich auch. Inzwischen ist weltweit akzeptiert, alles zu tun, um eine Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen, bis Therapien und Impfstoffe auf dem Markt sind. Das Einfrieren des sozialen Lebens, die Stilllegung von Produktion und Dienstleistung in vielen Branchen und deren Folgen für Unternehmen und Beschäftigte sind der Preis für die Gesundheit und das Überleben vieler Menschen.
Auf HR- und C&B-Verantwortliche kommen herausfordernde Wochen und Monate zu. Betriebliche Pandemiepläne sollten längst aktualisiert und in Kraft gesetzt sein. Überall werden Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Das gilt insbesondere für die Kernteams, die den Betrieb im Notfall weiterführen müssen. Homeoffice erfordert eine adäquate IT- und TK-Ausstattung der Beschäftigten, um auch auf Distanz möglichst gut zusammenzuarbeiten. Wenn man der aktuelle Krise etwas Positives abgewinnen kann, dann wohl zweierlei: die Einsicht, dass sich Homeoffice als Alternative zur Präsenzarbeit in vielen Unternehmen bewährt, und die Notwendigkeit, die digitale Transformation in der eigenen Organisation weiter voranzutreiben, um mobiles Arbeiten in noch besserer Qualität zu ermöglichen.
Für Betriebe in Kurzarbeit ist Kurzarbeitergeld zu beantragen. Zeitwertguthaben und Urlaubstage können helfen, die produktionsfreie Zeit zu überbrücken. Längst beschäftigen sich Arbeitgeber mit der Frage, wie es mit ihren Sparten und ihrer Belegschaft weitergeht, wenn Einnahmen noch eine Zeit lang ausfallen, aber die Kosten weiterlaufen – von Pensionsverpflichtungen ganz zu schweigen. Ich bin mir sicher, dass wir nach der Krise in vielen Betrieben Diskussionen über Gehaltsverzicht im Rahmen des Arbeitsrechts sehen werden, um Arbeitsplätze zu retten. Weitere Fragen warten auf Lösungen von HR: Wie gewährleisten Arbeitgeber auch künftig die Gesundheit und den Schutz ihrer Belegschaft? Und wie lässt sich betriebliche Mobilität trotz Pandemie sicherstellen?