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COMP & BEN persönlich: Christian Brück

Herr Brück, Sie leiten seit gut dreieinhalb Jahren den Bereich Compensation & Benefits bei Freudenberg. Ist Ihr Arbeitgeber noch ein Mittelständler oder schon ein Konzern?

Christian Brück: Mit rund 50.000 Mitarbeitern in etwa 60 Ländern ist Freudenberg kein Mittelständler, sondern ein globales Technologieunternehmen, das mit zehn Geschäftsgruppen in 40 unterschiedlichen Marktsegmenten agiert. Als Unternehmen in Familienbesitz mit mittelständischen Wurzeln sind wir dezentral organisiert. Wir von HR und C&B harmonisieren derzeit Kernprozesse im Personalbereich über den Gesamtkonzern hinweg. Damit erhöhen wir die Qualität und Effizienz unserer Personalarbeit. Ich selbst hatte in der Vergangenheit bereits beruflich mit Freudenberg als Kunde zu tun und weiß, wie das Unternehmen tickt, so dass ich sehr gern zu Freudenberg gekommen bin, als der frühere Personalleiter Hartmuth Posner mich 2016 ansprach.

Wie sah Ihr Ausbildungs- und Berufsweg davor aus?

Christian Brück: Ich habe zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert und wollte danach unbedingt studieren. In Mainz habe ich das Studium der Volkswirtschaftslehre aufgenommen und bin nach dem Vordiplom nach Gießen gewechselt. Dort konnte ich über ein Austauschprogamm an der Universität von Wisconsin in Milwaukee, USA, einen Master in Economics machen. Wieder in Deutschland habe ich mein Studium zum Diplomkaufmann abgeschlossen und mich dabei auf Arbeits- und Organisationspsychologie und Personalwirtschaft spezialisiert. Über ein Traineeprogramm bin ich dann beim Vorläufer von Fraport in den Personalbereich eingestiegen. Noch vor der Jahrtausendwende wechselte ich zu einem amerikanischen IT-Berater und betreute von Frankfurt aus Expatriates in Europa. Damals haben mich neben der Weiterentwicklung der Entsendungsrichtlinien vor allem steuerliche Themen und Fragen zu den Gehältern der Expats beschäftigt. Gegen Ende meiner gut dreijährigen Tätigkeit für die IT-Beratung durfte ich mich um die jährliche Gehaltsrunde kümmern. Als nächste Station folgte die bAV-Beratungsgesellschaft Heissmann in Wiesbaden. Die suchte damals einen Vergütungsberater. Damit bin ich endgültig im C&B-Bereich angekommen. Schnell konnte ich die Verantwortung für Vergütungsprojekte im Mittelstand übernehmen und bekam zudem Akquisitionsziele. Schließlich ging Heissmann mit Watson Wyatt zusammen, und nach einer weiteren Fusion entwickelte sich daraus Towers Watson. Für diese Gesellschaft ging ich für zwei Jahre nach Dubai, um Vergütungsprojekte vornehmlich in den arabischen Emiraten und in Saudi-Arabien zu steuern. Bis der Ruf von Freudenberg kam und ich nach Weinheim wechselte.

Auf welchen Baustellen haben Sie dort anfangs gearbeitet?

Christian Brück: Für Freudenberg stellten und stellen sich im C&B-Bereich zum Teil bis heute ähnliche Themen wie überall in global aufgestellten Unternehmen mit mittelständischen Wurzeln. Durch unsere dezentrale Aufstellung und bestehende lokale Freiheiten in individuellen Gehaltsentscheidungen haben wir nicht immer einen vollständigen zentralen Überblick über alle Vergütungsinformationen. Wir konnten für eine Reihe von Kernländern zwischenzeitlich hinreichend breite, geschäftsgruppenübergreifende Gehaltsbandstrukturen entwickeln und einführen, auch um Karrierewege zwischen den Geschäftsgruppen zu unterstützen. Trotzdem heißt es für uns von C&B schon mal, bei Bedarf hemdsärmelig vorzugehen, wenn es darum geht, Mitarbeiter an Bord zu holen und angemessen nach unser gruppenweiten Vergütungsphilosophie zu vergüten. 

Was treibt Sie derzeit besonders um?

Christian Brück: Wir sind gerade dabei, mit Workday ein zentrales, gruppenweites HR-Management-System einzuführen für alle Führungskräfte und Mitarbeiter weltweit. Damit endet das Nebeneinander vieler Softwareprogramme für verschiedene HR-Anwendungen bei Freudenberg weitgehend. Seit über einem halben Jahr bereiten wir die Implementierung des Systems vor, und Mitte des Jahres wollen wir damit live gehen. Das neue Tool, genannt PEOPLE+, wird unsere Arbeit mit Personalstammdaten auf ein höheres Level heben. Dann liegen die Informationen zu Personaldaten unserer Mitarbeiter weltweit sowohl in der Zentrale als auch dezentral in den Ländern vor und ermöglichen es uns, Entscheidungen auf einer besseren Datenbasis zu treffen. Das neue IT-System besteht aus drei Modulen: Stammdaten, Talent- und Performance sowie Compensation. Für die C&B-Funktion werden wir jetzt noch nicht alle Mitarbeiterdaten in das System einspeisen, sondern es geht zunächst um die Gehaltsdaten derjenigen Mitarbeiter, die an der regelmäßigen Gehaltsrunde teilnehmen und deren Gehälter individuell und nicht nach Kollektiv festgelegt werden. Das System ermöglicht es uns, die jährlichen Gehaltsrunden und auch unterjährige Gehaltsanpassungen mit einem globalen Standard zu steuern. Konkret heißt das, dass die Entscheidungen über die Vergütung für Executives und AT-Mitarbeiter weiterhin dezentral in den zehn Geschäftsgruppen getroffen werden und dass diese auch beim Vergütungsmanagement eigenständig bleiben. Mit Workday stellen wir aber sicher, dass die Prozesse dabei standardisiert und harmonisiert ablaufen. Wir schreiben vor, wer welchen Prozess anstößt und – ganz wichtig – welche standardisiert aufbereiteten Informationen die Führungskräfte bekommen, um gute Vergütungsentscheidungen zu treffen. Die Führungskraft wird sehen, wo ein Mitarbeiter im Gehaltsband steht, und soll in einem Review individuelle Merkmale berücksichtigen und dann entscheiden, ob die Einordnung seines Mitarbeiters für ihn passt oder noch anzupassen ist.

Erfolgen die jährlichen Gehaltsrunden bei Freudenberg auf der Basis eines gruppenweit einheitlichen Gradingsystems?

Christian Brück: Wir haben ein einheitliches Gradingsystem und können internationale Profile auf der Ebene der Executives miteinander vergleichen. Bei den AT-Mitarbeitern sind wir noch auf der Reise, alle Funktionen zu bewerten. Neben der wichtigen Validierung der Bewertungen mit den Führungskräften ist das gerade in Deutschland mit einem großen Abstimmungsaufwand verbunden, da wir hier die Arbeitnehmervertretungen mitnehmen. Bereits ganz früh im Workday-Projekt, als es zum Beispiel um die Vereinheitlichung der globalen HR-Prozesse ging, haben wir die Betriebsräte ins Boot geholt. Das zahlt sich jetzt aus. 

Was sind die größten Herausforderungen bei der Implementierung von Workday?

Christian Brück: Wir von HR und C&B müssen verstehen, wie der aktuelle Stand der Vergütung, der Vergütungskomponenten und der Vergütungsdaten in den einzelnen Geschäftsgruppen bis hin zu jeder einzelnen unserer vielen Legal-Einheiten vor Ort in rund 60 Ländern ist. Nur so können wir alle Daten richtig in PEOPLE+ packen. Dafür sind die C&B-Kollegen in den Geschäftsgruppen verantwortlich. Insgesamt müssen wir unsere gut 500 HR-Mitarbeiter bei Freudenberg fit machen, damit sie ihre eigene Rolle im neuen HR-IT-System übernehmen können. In einem zweiten Schritt müssen wir dann die Führungskräfte und schließlich alle Mitarbeiter darauf vorbereiten, PEOPLE+ zu nutzen. Gerade Führungskräfte und auch HR müssen in den Stand gebracht werden, mit dem neuen System zu arbeiten und die Möglichkeiten von Reports zu nutzen, um auf dieser Basis fundierte Entscheidungen für das Business treffen zu können. Das ist eine große Veränderung und dürfte organisatorische Verantwortlichkeiten im HR-Bereich zumindest noch an einigen Stellen verändern, um die Vorteile von Workday auch vollständig ausnutzen zu können.

Ein HRM-System ermöglicht auf allen Ebenen in einem Unternehmen mehr Transparenz. Wie wichtig ist Vergütungstransparenz in Zukunft?

Christian Brück: Schauen wir uns Bewertungsportale wie kununu an, stellen wir fest, dass Mitarbeiter dort ihr Gehalt transparent machen. Das setzt Arbeitgeber unter Handlungsdruck. Sie müssen für sich entscheiden, welchen Grad an Transparenz sie in der eigenen Vergütung zulassen wollen. Hier schlagen die Gesellschaft und die Unternehmenswelt noch unterschiedliche Wege ein. Wir bei Freudenberg finalisieren noch, wer welche Daten und Informationen zur Vergütung in Workday sehen darf. Wir haben uns dazu entschlossen, entlang eines Zeitplans die Einstufungen der Jobs, bei uns Cluster genannt, den Mitarbeitern zu kommunizieren. Denn Transparenz wird von den jüngeren Generationen immer mehr eingefordert. Und wie sagte so schön ein ehemaliger, von mir sehr geschätzter Kollege, der jetzt im wohlverdienten Ruhestand ist: „The train has left the station“. 

Welche weiteren Trends beobachten Sie im C&B-Markt?

Christian Brück: Als weiteren Trend sehe ich, dass Mitarbeiter, zumindest in höheren Levels, ihre Jobs auch mitgestalten. Für eine angemessene Funktionsbewertung solcher Jobs muss man sich daher tief in die Augen schauen. Das gebetsmühlenartig wiederholte Prinzip, dass nur der Job und nicht die Person bewertet wird, kann man so meines Erachtens nicht mehr stehen lassen. Das gilt vor allem für Organisationen, deren Geschäftsmodell für die Ausschreibung und Besetzung von Stellen eine hinreichende Flexibilität erlaubt.